Leute die Zuschauermenge, doch konnte die Sache mit uns
leicht ein tragisches Ende nehmen. Ein höherer Beamte wurde
herbeigerufen oder durch den lauten Lärm vielleicht auf uns
aufmerksam gemacht, überschaute unsere hülflose Lage und
liefs die Kette mit dem Befehl für die Führer unseres alten
Holzkastens an dem äufseren Ufer anzulegen, fortnehmen.
Das Fahrzeug schmiegte sich bald an den Steindamm an. In
allerlei Betrachtungen versunken, schaute ich auf meine Umgebung
hin, und dankte der Vorsehung, dafs ich nun auch den
Gefahren einer Seereise entronnen und der heimathlichen
Erde nun so viel näher war.
An ein freies, umherschweifendes, unstätes Leben gewöhnt,
mufste ich die Fesseln, durch die uns die Quarantäne
von der Geseüschaft ausschlofs, um so schmerzlicher empfinden,
volle sieben Tage sollte ich in dieser Abgeschiedenheit
zubringen. Wie mein Fufs den festen Boden berührte, zog
ein stilles Dankgebet durch mein Herz, dann suchte ich, mich
in die Verhältnisse fügend, mein Gepäck zusammen, um mich
in Gefangenschaft zu begeben.
Von einem der Inspektoren wurde ich gefragt,, ob ich ein
eigenes Zimmer und zugleich einen Wächter während meines
Quarantäne-Aufenthaltes haben wollte, ich lehnte jedoch das
theure Anerbieten ab, da ich ohne Bequemlichkeiten leben
konnte und hier nicht unnöthig mein Geld fortwerfen wollte.
Mit, mehreren unserer Schiffspassagiere zog ich nach Magazin
No. 5, das an dem Ende eines grofsen, von anderen Gebäuden
umschlossenen Hofes lag. Hier waren zufällig wenig andere
menschliche Bewohner in der Nachbarschaft, und aufser dem
Himmel, dem Viadukt, der Eisenbahn und einzelnen höhergelegenen
Häusern der Stadt, wrar hier nichts zu sehen, nur der
über uns vorüberrasselnde Eisenbahnzug unterbrach dann und
wann die Stille unserer Einsamkeit.
Durch einen Quarantäne Wächter liefs ich in das früher
von m ir bewohnte Gasthaus melden, dafs ich wieder angekommen
sei und bestellte für heute und die nächste Zeit mein
Essen.
Den geehrten Leser will ich nun nicht mit Aufzählung
der einzelnen Erlebnisse während der sieben Tage meiner Gefangenschaft
ermüden, sondern werde mich hier nur im Ganzen
darüber aussprechen. Vielleicht hat sich bei mir damals
in Folge meiner Übeln Läge eine allzu bittere Stimmung eingeschlichen,
und man wird in meiner Schilderung die Farben
wohl für- etwas zu stark aufgetragen halten, doch denke
ich die Dinge damals, soweit es ein Quarantäne-Gefangener
kann, möglichst vorurtheilslos angesehen zu haben. Durch
mancherlei schriftliche. Arbeiten, durch Beobachtung meiner
Umgebung und durch Spaziergänge an dem inneren, kleinen
Hafen verging mir die Zeit ziemlich schnell, indessen zählte
ich die letzten Stunden ängstlich, nach deren Verlauf ich wieder
in Freiheit gesetzt werden würde. Meine Nachbarn und
Leidensgefährten, zu denen auch mein Reisebegleiter gehörte,
suchten .durch Kartenspiel, Spapiergänge, Schlafen und Konversation
die Zeit hinzubringen, bis die Stunde schlug, wo
wir, von neuen Ankömmlingen, denen ein gleiches Loos blühte,
beneidet,, durch das geöffnete Thor gesund und frei in die
Stadt gehen konnten.
Sieben Tage in der Quarantäne zu Triest, von dem
2. August, zwei Uhr Mittags, bis zu derselben Stunde des
9. August 1865. Wie schon bemerkt, war ich mit noch acht
anderen Leuten in das, Magazin No. 5 einlogirt und hatte dort
die erste Etage, dafs heifst, den roh gedielten, halb dunkeln
Bodenraum bezogen. Ein unzählbares Chor dreister Ratten,
Mäuse und Eidechsen waren die eigentlichen Bewohner meines
Logis und der umliegenden Gebäude, die in allen Stücken
sich ähnlich waren, wie ein Ei dem ändern. Der Raum unseres
Magazins hatte eine Länge von dreifsig und eine Breite von
zwanzig Schritten, eine grofse, plumpe Doppelthür verschlofs
denselben, und eine breite, hölzerne Treppe führte in mein,
beiläufig unmöblirtes, Wohn- und Schlafzimmer hinauf.
Der Zugwind, der frei durch Thüren, zerbrochene Fenster,
Löcher und breite Dachluken hindurch zog, sorgte hinlänglich
für die Vertreibung der gefürchteten Cholera, auch
bot sich hierbei in den kalten Nächten die beste Gelegenheit,
sich Rheumatismus, Gicht und Erkältung zuzuziehen. Auf