benutzt. Von Gebirgen -zeigen sich im Osten nur die zackigen,
kahlen Felsspitzen des mächtigen Däbalonga, welche die buschige
Fläche beherrschen.O Von gOröfseren Gewächsen, sind
Mimosen, Heglik, Naback und vereinzelt Akazien vorhanden,
allerlei Wild tummelt sich in diesem Dickicht umher, auch
von zahmem Vieh sah ich grofse Heerden in der Nähe unseres
Lagers. So reich jedoch und fruchtbar, wie weiter südlich
am Flusse Atbara und in der Dabaina schien mir die Erde hier
nicht zu sein, indefs immer gut genug zum Anbau hiesiger
Getreidearten. Mit meinem Reisegefährten besuchte ich die
Militärstation bei dem Dorfe Agahl, deren Name, wie ich hörte,
Maman lautete. An Stelle des in Kassala gefangenen Grofs-
schechs Musa, der in Filik seine Wohnung hatte, regierte zeitweilig
sein Vertreter, Schech Mahomed oder Machmud, der
übrigens kein besonderes Licht von politischer Klugheit sein
sollte. Die Gefangennahme des Grofsschechs Musa durch die
Willkühr der türkischen Beamten hat den unterworfenen,
halbwilden Hadendoa einen unbegrenzten Hafs gegen ihre
Unterdrücker eingeflöfst. In dem von Maman begrenzten
Dorfe Agahl findet täglich ein unbedeutender Markt statt, auf
dem Fleisch, Gewürze, Salz, Tabak und Zeuge umgesetzt werden.
Als wir in unser Lager zurückkehrten, war dasselbe von
vielen neugierigen Besuchern umlagert, und trotz der Sonnenhitze
und unserer Drohungen liefsen sich die Leute, unter
denen alle Altersklassen vertreten waren, nur mit grofser
Mühe zur Heimkehr bewegen. Um zwölf Uhr Mittags erhob
sich ein kühlender WSW.-Wind, und in den späteren Stunden
hatten wir einige Ruhe vor den zudringlichen Besuchern. Sobald
es kühler wurde, fanden sie sich wieder ein, und erst gegen
Abend verliefsen uns die dunkelfarbigen Gestalten. Der
Vollmond schaute aus dem blauen Himmel nieder in meine
Augen bis auf den Grund meiner Seele, und lockte aus ihm D •
feenhafte Bilder hervor, die mich neckisch ümgaukelten. Als
meine Leute schon lange in tiefem Schläfe lagen, blickte ich
noch immer träumend in die stille mild erleuchtete Wildnifs
hinaus, von der sich meine Augen, wie von einem Zauber gebannt,
nicht zu trennen vermochten. — Nachdem ich indefs
mehrmals mein Lagerfeuer durch aufgelegte, dürre Aeste wieder
angezündet hatte, begab ich mich gegen Mitternacht auf
mein Lager und verfiel, wegen der empfindlichen Nachtkühle
mich in meine Decken einhüllend, in festen Schlaf.
Dienstag, den 9. Mai 1865. Mit röthlichem Scheine stieg
die Sonne hinter Nebelballen herauf und vor ihr her zog ein
leiser ONO.-Wind, der die Ankunft der Herrscherin des Tages
überall anmeldete. Mein Reisegefährte kam zu mir und theilte
mir mit, dafs ihm in der letzten Nacht zwei Kameeltreiber mit
ihren Thieren entlaufen seien und er im Diwan zu Maman um
Ersatz dafür anhalten müsse. Wir beschlossen deshalb, auch
heute noch unthätig liegen zu bleiben und begaben uns gemeinsam
nach der nahen, wohl eingezäunten Militärstation.
Hier Wurden auch meinem Gefährten wegen der Kameele
sichere Versprechungen gegeben, ich selbst kaufte inzwischen
in dem Dorfe einige Datteln und liefs durch unsere Araber
etwas Fleisch und Durra in das Lager schäften. Die Zelte,
aus denen das Dorf bestand, liefsen darauf schliefsen, däfs der
Ort Agahl ein Wanderdorf sei, meine Leute nannten es übrigens
auch Aehdell. In dem befestigten Lager von Maman solltet!
angeblich dreizehnhundert Mann Infanterie stehen, nach
den Festlichkeiten des Bairam erwartete man hier auch den
Gouverneur von Kassala. Dem kommandirenden Offizier statteten
wir unseren Besuch ab, wurden von ihm freundlich aufgenommen
und führten mit ihm. eine längere Unterredung.
Bei dieser Gelegenheit gewahrte ich unter einigen der langen
Zelte oder festen Strohhütten verschiedene Gefangene,
nach Landesbrauch gefesselt. Einige von ihnen hatten kurze
eiserne Ketten um die Fufsgelenke geschlungen, andere trugen
den Kopf in grofse Holzgabeln gespannt, und das schwere
Holz auf den Schultern und die Stricke an den Händen erschwerten
auch ihnen jeden Fluchtversuch. Durch Steuerverweigerung
oder Widersetzlichkeit gegen Militär und Beamte’
hatten die Unglücklichen sich in diese Lage gebracht.
Die persönliche Freiheit sollten sie nicht eher erhalten, als
bis die Dorfschaften, in welchen die Gefangenen zu Hause
waren, die Rückstände der Steuern vollständig bezahlt haben
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