Als endlich die kühlere Nachtluft sich fühlbar machte und uns
an die mit ihr kommenden gefährlichen Miasmen erinnerte,
trennten wir uns.
Freitag den 31. März 1865. Vor Sonnenaufgang hatte
ich mich von meinem Lager erhoben, und trat vor die Hütte,
um dort meine Thermometer und Wind und Wetter zu beobachten.
Der blaue Himmel war nur im Süden leicht mit einigen
Wiridwolken beflort, ein leiser Südwest wehte über die
Landschaft. Gegen 10 Uhr aber sprang er, nach WSW. um
und steigerte sich zu ziemlicher Heftigkeit, nach und nach
lagerte sich eine dunstige Atmosphäre über die tiefer liegende:
Gegend. Mittlerweile wurde mir eine durch mich für meinen
Reisebegleiter gekaufte, sehr zahme, etwa sieben Fufs hohe
Giraffe durch die Diener gebracht, alsdann gaben mir mam
cherlei Vorkehrungen für meine baldige Abreise viel zu thun.
Während ich mit dem Verschliefsen, Ordnen und Zusammenbinden
meines Reisegepäckes beschäftigt war, drang ein wür
ster Lärm, aus dem besonders das schrille-Gellen von Weiberstimmen
hervorklang, von dem Dorfe zu mir herauf. Vor
die Hütte getreten, sah ich an den Zeltreihen des Shuma eine
Masse von Weibern, einige Tamtam-Schläger, Männer^ Stöcke
oder Lanzen schwingend, dazu einzelne Kameele und beladene
Esel sich wild durcheinander in die offene Pforte drängen,
welche m den öden, vor der Wohnung des Regenten gelegenen
Hofraum führte. Da ich das Geheul der arabischen
Frauen schon bei einer ändern Gelegenheit kennen gelernt
hatte, so drängte sich mir die Vermuthung auf, dafs ein Todesfall
m der Behausung des Shuma eingetreten sei. Als ich
meinen Wirth hierüber fragte, sagte mir derselbe, der Shuma,
welcher gestern den französischen Konsulats-Sekretair bis
an die Landesgrenze begleitet habe-, sei soeben zurückgekehrt
und die Sitte erfordere, ihn bei seiner Rückkehr stets in
der betreffenden Weise vor dem Dorfe zu empfangen und bis
an seine Wohnung zu begleiten.
Zum Zeichen der Erkenntlichkeit für die so laut bezeugte
Treue und Ergebenheit seiner Unterthanen liefs der Shuma
Merissa unter diese vertheilen, damit sie ihre durch die grellen
Dissonanzen trocken und heiser geschrienen Kehlen befeuchten
und wieder in den normalen Zustand setzten, kurz
der Vormittag endete mit einem allgemeinen Gelage^ lange
hörte ich einzelne Jubelschreie oder monotone Gesänge der
lustigen Zecher zu meiner Hütte herauftönen. Während hier
reges Leben herrschte, lagen der Marktplatz und die Dorf-
strafsen ganz öde da und kaum bemerkte man einen Menschen
oder ein Thier im Schatten der niedrigen Zäune über
die staubige Fläche sich bewegen. Das Dorf, an den beiden
Markttagen so sehr belebt, schien heutei während'der Mittags-
zeit.wie ausgestorben.
Nachdem das Mittagessen eingenommen und Siesta gehalten
war, rüstete ich mich zu einem, früher mit meinem
W-irthe verabredeten Besuche bei dem Shuma. Wir verliefsen
die Missionsstation und gelangten, nachdem wir den steinigen
Hügel herabgestiegen, durch die Thalsenkung schreitend, an
die langen Palmenmatten wände, die den Hofraum der Residenz.
schlossen. Zuerst traten wir durch eine Art Thür, die
bei Tage offen, bei Nacht durch Vorgesetzte Matten und Stangen
verschlossen wird, in einen unregelmäfsigen, öden Raum.
Hier lagen eine Anzahl Strohtuckel zerstreut bei einander,
theils Wohnungen für die Diener und Sklaven, theils Ställe
für die Thiere oder Magazine. Ein an einer Stange aufgestecktes
Straufsenei, das sich auf einer der Hütten erhob , liefs uns
aus diesem Gewirre das eigentliche Palais des Regenten finden,
und in der Nähe desselben die Wohnungen seiner Familie.
Bald gewahrten wir auch eine Menge junger Leute, unter
dem Dach einer halb offenen Hütte sitzend, theils phantastisch,
zum Theil wiederum kaum mit einem kurzen Hemde bekleidet,
einige wenige mit langen Steinschiofspistolen, die meisten
mit Lanzen, Stöcken undMessern bewaffnet, die trinkend, spielend
und faulenzend ihren Wachtdienst verbrachten. Einige
jener gröfstentheils jugendlichen Burschen fragten in mir unverständlichen
Worten meinen Begleiter nach unserem Begehren,
dann zeigte uns Einer den Weg zum Fürsten, den wir,
wie er sagte, in der Mitte einer grofsen Umgebung, im Gebete
begriffen, treffen würden. Nachdem wir. einige, ganz enge