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geln, einzeln aus ödem Boden aufragerid, oder Massen von
Euphorbien, sowie die dicht belaubten oder auch ganz blätterlosen
Mimosengebüsche, dies wunderliche Gemisch der Vegetation
verlieh der Gegend einen eigentümlichen Reiz. Gegen
zehn Uhr Vormittags traf ich in dem Dorfe Gingahn ein, wo
ich etwa acht Tage früher, kurz vor meiner- Ankunft in Ma-
tama, Nachtlager gehalten hatte. Der grofsen Sonnenhitze
wegen wurden die Thierkäfige und die Giraffe in eine leere
Strohhütte gebracht, ich erhielt ebenda von den gastlichen
Dorfbewohnern einen Angereb als Lagerstelle. Für einige
Piaster kaufte mein Diener ein Paar Hühner zu meinem Mittagessen,
während die änderen Leute meine kleine Menagerie
fütterten und tränkten. Nach den heifsesten Stunden wurde
wieder aufgepackt, und in bester Freundschaft schieden wir
gegen vier Uhr von den uns das Geleit gebenden Dorf bewoh-
nern, unsere Reise nach NW. förtsetzend. Von einigen Hügelrücken
hatte ich nach OSO. die schönste Aussicht über die
Ebene, in welcher Dorf Gingahn lag, in der Ferne nur boten
die hohen, wild romantischen Gebirge des Landes Gadabi dem
spähenden Blicke eine Schranke. Das Terrain unserer nächsten
Umgebung war mit Gebüschen bewachsen, an manchen
Stellen zeigten sich auch einzelne dicke Bäume, unter denen
der breite, betretene Weg über den wellenförmigen Boden sich
hinzog. Eine Stunde etwa mochten wir so in NNW.-Richtung
zurückgelegt haben, als schwere, schwarze Wolkenmassen
hinter den Gebirgen von Gadabi aufstiegen. Zwischen Furcht
und Hoffnung schwebend, trieb ich, als ich den Donner lange
aus der Ferne rollen hörte, meine Thiere und Leute zur Eile
an, um wo möglich noch ein schützendes Obdach zu erreichen.
An dem Wege lag indefs in einem felsigen Chorbette
ein Brunnen, wo' wir uns aufhalten mufsten, um Wasser zu
nehmen. Die Gewitterwolken hinter uns wurden immer
dunkler, die Sonne umschleierte sich, ich stieg deshalb- von
meinem Kameel, um meinen Leuten behülflich zu sein. Da
fielen einige schwere Regentropfen, und kaum hatte ich Zeit
gehabt, eine Decke meines Gepäckes hervorzuholen, so begann
es erschrecklich zu donnern und zu blitzen, dabei fiel
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ein scharfer Hagel und. eine unglaubliche Wassermasse, die
sich am Boden bald zu einem Strome vereinigte. Sechs bis
acht Gewitterschläge, unter denen der Erdboden erdröhnte,
folgten sich mit fliegender E ile.E s war ein fürchterliches
Wetter, ich stand wie unter einem Giefsbache und war nach
wenigen Augenblicken bis auf die Haut durchnäfst. Das Unwetter
liefs endlich jedoch ein wenig nach, die Lederschläuche
wurden nun noch mit Wasser aus dem Brunnen gefüllt, dann
bogen wir von dem Karavanensteige ab, um ein unseren Arabern
bekanntes Takrirdorf aufzusuchen. Der Weg dorthin
auf dem kleberigen, schlüpferigen Boden war. sehr anstrengend,
ich blieb darum, da ich alle Augenblicke mit meinen
türkischen Schuhen in dem fetten-Boden stecken blieb oder
dicke Erdbällen an den Sohlen aufraffte, weit hinter meiner
Karavane zurück und stiefs erst, nach einer halben Stunde
in der Nähe einiger Strohhütten wieder zu meinen Leuten.
Das Dorf, aus einigen Duzend Tuckel bestehend, lag auf einer
leichten Bodenerhebung, seine sehr ungastlichen Bewohner
wollten uns nicht aufnehmen. -
Unsere Lage war eine mifsliche. Auf einer kleinen Erhöhung
hielten meine Kameele und die Diener. Als ich herbei
kam, teilten mir die Letzteren mit, dafs wir hier kein
schützendes Obdach haben könnten. Unter den versammelten
Dorfbewohnern führte ein, gleich seinen ihn umstehenden
Nachbarn, mit Tanzen bewaffneter, über sechs Fufs langer
Neger das Wort, und meine eingeschüchterten Leute wollten
schon die ganzen Gepäckstücke auf den nassen Boden legen,
als ich, mit meiner Doppelbüchse in der Hand, in die Verhandlung
mit jenem Neger emgriff. „Gebt mir eine Hütte für
die kommende Nacht!“ rief ich barsch. Darauf antwortete
der schwarze Sprecher: „„Wir haben, keine!““ „Wo ist euer
Schech oder Erbab?“ „„Er ist in Matama.““ „Gut,“ antwortete
ich, „euren Shuma in Matäma kenne ich, ich bin- nicht
gewöhnt, auf dem Boden zu schlafen, D 1 wenn Hütten so nahe liegen und werde, mir eine Hütte nehmen.“ In demselben
AugO enblicke befahl ich meinem Diener Hassan, mir mein zwei- . tes Gewehr zu geben. Danach sagte ich zu dem langen Ne