gebracht hatte, dachte er darauf, einen Prozefs mit dem Gouvernement
zu beginnen, und eine hohe Entschädigungssumme
zu verlangen, ein Gedanke, der in seinem Kopfe aufgetaucht
öder auf den Rath der Madame la Comtesse gekommen war.
Zu dem Ende reiste er am 5. Juli mit seiner Frau über Saua-
kin und Suez nach Kairo und hielt etwa zwei Monate später
wieder seinen Einzug in Kassala, der, wie ich aus mehreren
übereinstimmenden Erzählungen erfuhr, äufserst komisch gewesen
sein mufs.
Die ganze Gesellschaft safs zu Kameel, an der Spitze ritt
Herr von Wlassich, Mitglied und Ingenieur-Offizier der sauberen
Ackerbau-Kompagnie und blies von seinem erhabenen
Sitze aus auf einer Trompete, ähnlich wie in Europa die
Kunstreiter und Strafsen-Komödianten zu thun pflegen, wenn
sie ihre Bären oder Alfen sich vor der Menge produciren lassen
wollen.
Hier ward dieser Nachtrab von dem Grafen, seiner Gattin,
zwei Dienern und zwei Soldaten gebildet. Davon waren
die beiden Letzteren durch den Gouverneur von Sauakin dem
Grafen, nur auf sein Versprechen hin, für die Rückkehr jener
Leute zu sorgen, als Bedeckung mitgegeben worden, der edle
Herr hielt es aber für besser, ihnen zwei Maria-Th eresien-
Thaler Trinkgeld zu geben und es ihnen selbst zu überlassen,
wie sie diese Strecke von zwölf bis sechszehn Tagen zurücklegen
wollten. Auch die Kameeltreiber hatten damals-viele
Mühe, ihren Lohn zu erhalten, und mufsten sich nach längerem
Warten noch einen Abzug an der vorher bestimmten
Summe gefallen lassen.
Der Rest der Gesellschaft lag während jener ganzen Zeit
meist faulenzend in dem einen oder anderen Kaffeehause.
Um Fleisch für ihren Unterhalt zu gewinnen, gingen die beiden
sogenannten Offiziere der Kompagnie, Maurice und
Christin, oft auf Jagd in die nahe Wildnifs. Herr Maurice,
der in Algier lange Zeit in der französischen Armee gedient
hatte, war besonders ein ausgezeichneter Pistolenschütze.
Bald darauf reiste Graf du Bisson wieder nach Unteregypten
und kehrte erst am 5. Januar 1865 nach Kassala zurück.
In jene Zeit fiel mein erster Aufenthalt in dieser Stadt
und ich hatte damals schon Gelegenheit, das Leben und Treiben
jener zusammengelaufenen, verkommenen, elend aussehenden
Menschen mit eigenen Augen zu betrachten. Unter diesen
war nur ein deutscher Flüchtling aus der Festung Rastatt,
ein fleifsiger Tischler, der täglich arbeitete und sich selten an
den Faulenzereien seiner Kameraden betheiligte. Der Kuriosität
wegen möchte ich hier noch bemerken, dafs jener Tischler
der einzige übrig gebliebene gemeine Soldat war, während
die anderen dreizehn oder vierzehn Mann die Titel Kommandant,
Kapitän, Lieutenant, Unteroffizier; Korporal oder Gefreiter
führten.
Als ich im Januar 1865 zum zweiten Male die, Reise
durch die meist unbewohnte, dürre Steppe zwischen dem Chor
el Gash und dem Flusse Setit zurückgelegt hatte, schickte
auch Graf du Bisson einen Theil seiner Leute in diese Gegend,
vielleicht um seinem Unternehmen auch ein wissenschaftliches
Air zu geben, vielleicht auch, um seine Leute theilweise los
zu werden. Die.Unbesonnenheit, abenteuerliche Vermessenheit,
womit dieser Streifzug unternommen wurde,.wirft auch
ein grelles Licht auf die grofse Unkenntnifs und Unfähigkeit
ihres Chefs, jenes ehemaligen neapolitanischen Hof beamten.
In den ersten Tagen des Monats März 1865 erhielten
zwölf Mann der Ackerbau-Kompagnie von dem Grafen Befehl,
nach der Gegend südlich von Kassala, in der Richtung nach
dem Setit, aufzubrechen. Von der unrichtigen Karte, die Wlassich
bei dieser Gelegenheit von jenen Gegenden entwarf, habe
ich schon früher gesprochen. Die Mannschaft hatte nur ein
Kameel, ein Pferd, etwas Munition, aber sehr wenig Mund-
vorrath und nur zwei Wasserschläuche bei sich. Um das
Maafs der Verlegenheit und des Unglücks dieser Menschen
voll zu machen, war ihr Führer, den sie sich gewählt, ein
dummer, unerfahrener Mensch und des Weges unkundig.
Ueber zwei und einen halben Tag irrten sie in der weiten
Wüstensteppe umher und kamen in westlicher Richtung an