und durch diesen dem Nil zu und nicht durch den Chor el
Langheb in das rothe Meer.
Herr Dr. Schweinfurth, dessen Scharfsinn ich sehr hoch
schätze und der gleichzeitig mit mir auch im Sudan war,
behauptet zwar, der Gash gehe in den Langheb, doch dieser
Meinung mufs ich hier entgegen treten. Später, wenn
ich auf den Chor el Langheb zu sprechen komme, werde ich
mich weiter über diesen Punkt auslassen. Meiner Ansicht
nach fliefsen die Chors Gad-am-chair, Fagedel, Ehrassa und
Achmet, wenn auch nicht in den Gash, doch um der von 0.
nach W. sich abdachenden Bergzüge willen, gewifs nicht nach
NO. und 0., sie mögen sich dann allerdings vielleicht in der
nubischen Wüste, besonders nach Beendigung der Regenzeit
verflachen und in den Boden versenken.
Wie ich schon an anderen Orten bemerkt hatte, so
lagen auch hier einzelne Stämme über den Oefinungen der
einige zwanzig Fufs tiefen Brunnen und auf diesem unsicheren
Boden standen die das Wasser heraufziehenden Hirten.
Waren mehrere derselben mit dieser Arbeit beschäftigt, so
liefsen sie, nach Art unserer Matrosen, kurze taktmäfsige Ausrufe
hören, und die an einem Seil von Oshar-Bast befestigten
Häute gingen recht flink auf und ab.
Nahe den Brunnen waren aus nasser und von der Sonne
schnell getrockneter Erde kreisrunde Becken, die gröfsten
einen und einen halben bis zwei Fufs hoch und acht bis zehn
Fufs im Durchmesser haltend, als Viehtränken hergerichtet.
In der Regenzeit wird das Alles fortgespühlt, aber nach ihrem
Ablauf gräbt man die Brunnen in wenigen Tagen wieder und
errichtet die Viehtränken aufs neue.
Unter den herbeigekommenen Besuchern waren die Kinder
aufserordentlich zudringlich, sie verliefsen uns, trotzdem
die Diener sie oft zurücktrieben, erst mit dem Untergang der
Sonne. Seit sechs Tagen hatte ich heute wieder zum ersten
Mal etwas gekochtes, leider zähes Ziegenfleisch, aber ein solches
Mahl schien mir damals in Anbetracht’des Ortes, an dem
ich mich befand, immer noch splendid.
Die Hitze war auch heute sehr lästig und zum Ueberflusse
wehte ein starker, heifser Wind, der viel Sand vor sich
hertrieb. Da das Wasser so nahe und reichlich vorhanden
war, wusch ich mich oft, aber auch dies Mittel half nichts,
Staub und Sand flogen überall hin, und während ich das zähe
Ziegenfleisch kauete, zerknirschte ich nebenbei manches Sandkörnchen
zwischen meinen Zähnen. Mit Sonnenuntergang
legte sich der Wind, und die kühle Nachtluft D . erfrischte mich . nach der überstandenen Hitze. Ich wäre mit meinen Leuten
gern weiter gereist, doch da mein Reisegefährte, wiewohl er
sich etwas besser fühlte, noch nicht stark genug dazu war, so
wollten wir die nächste Nacht noch abwarten und, wenn möglich,
am nächsten Morgen recht zeitig die Reise fortsetzen.
Dienstag, den 16. Mai 1865. Auf meinem Läget'er wachte
ich um halb zwei Uhr Morgens, fragte meinen Reisegenossen,
ob er weiter reisen könne und rüttelte, als er sich bereit erklärte,
sogleich die schlafenden Diener, Kameeltreiber und
den Führer aus dem Schlafe. Letzterer aber und noch ein
fauler Bursche fielen wieder in ihre Lethargie zurück, so dafs
ich mit einigen Extra-Rippenstöfsen, die ich dem langen Führer
besonders freigebig zukommen liefs, nachhelfen mufste.
Gegen vier Uhr Morgens bei Mondschein setzte sich die o ö
Käravane in Bewegung und zog in NNW.-Richtung über die
sandigOe oder nackte Steinwüste zwei und eine halbe Stunde
lang bei heiterem, ruhigen Wetter weiter. An jene Niederung
schlofs sich dann abermals ödea, zerstörtes Gebirge an, aus
dessen verwittertem Gesteingerölle nur noch einzelne Felsen
unversehrt hervorstarrten. Die Steinmasse schien aus grobkörnigem
Granit, Spath und Schiefer zu bestehen, das ganze
Trümmerfeld dehnte sich nach 0. und OSO. bis an die drei
bis fünf Stunden entfernten Gebirge aus.
Der trostlose, niederschlägende Eindruck, den der Anblick
jener Gegend hervorruft, ist kaum zu beschreiben. Die.
heftigen,- stets wechselnden und in ihretn Wechsel sich zum
gemeinschaftlichen Zerstörungswerke unterstützenden Ein- ö o
Wirkungen von Sonne, Sturm und Regen hatten augenscheinlich
diese einst stattlichen Felsengebirge im Laufe der Zeit
zerspalten und zerstört, ja noch mehr, sie hatten sie in Gerölle
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