Vierzehnter Abschnitt.
Reise von Kassala durch die Orte Dabab, Filik über
verschiedene Chors und durch mehrere Gebirge
nach Sauakin.
An den letzten Gärten aufserhalb Kassala, die den viel
betretenen Weg nach Dabab berührten, bestieg ich ein Ka-
meel und betrachtete die im Osten liegenden, in den letzten
Sonnenstrahlen prächtig erglänzenden Gebirge. Dann hüllte
sich die Ebene in tiefes Dunkel, aber die letzten Lichtstrahlen
weilten noch auf den höchsten Kuppeln des Djebel Kassala
und rissen sich endlich, als könnten sie sich gar nicht von der
luftigen Warte trennen, nur zögernd von ihnen los. Ein leichter
NW.-Wind begann nun ungehemmt seine Schwingen zu
entfalten, und aus der immer mehr zunehmenden Finsternifs
blitzten bisweilen nur verstohlen,matter Sternschimmer hervor,
wie das Streiflicht aus einer Blendlaterne.
Vorwärts, in die Nacht hinein, zog unsere Karavane.
Voran gingen die Kameeltreiber und Besitzer der fünf Ka-
meele, Hadendoa-Araber, die den Weg kannten und hinter
dem Dorfe Dabab ihre Heimath hatten. Aus ihnen hatte
ich einen, Namens Alamin, zum Führer und verantwortlichen
Leiter meiner Karavane erwählt, wie dies eben bei
allen Reisen im Sudan gebräuchlich ist. Zwei der Kameele
waren mit Kisten voll Perlhühner und anderer Thiere beladen
, die anderen Lastthiere trugen mein Gepäck und die gefüllten
Wasserschläuche, auf einem Reitkameele safs ich selbst.
Lange noch verfolgten wir NNW.-Richtung, indem wir auf
der rechten Seite des Chor el Gash blieben, dann durchschritten
wir sein Bett und zogen meist in den Gebüschen jenseits
desselben weiter. Hier begegnete uns eine Menge Eingeborene
mit Kameelen oder Eseln, aber bald umgab uns wieder
Einsamkeit. Nach einem schnellen Marsche von etwa vier
Stunden liefs ich halten und lagerte neben dem Wege.
Einige Hyänen liefsen sich hören, doch kümmerte, es
mich wenig, ich schlief, nachdem ich etwas Wasser genossen,
auf meinem harten Lager, von der ungewohnten Anstrengung
ermattet, sehr bald fest ein. Vor Müdigkeit hatte ich sogar
unterlassen, ein Feuer anzuzünden, doch sah ich, als ich sehr
zeitig erwachte, dafs meine Araber selbst dies gestern gethan
hatten.
Sonnabend, den 6. Mai 1865. Vor Sonnenaufgang beschäftigten
sich meine Leute wieder mit den Vorbereitungen
zum Aufbruch, während ich mir mein Frühstück besorgte.
Als die ersten Sonnenstrahlen über die.Ebene zitterten, ging
es in NW.-Richtung von dannen.
Eine Stunde später gelangten wir an einen grofsen Platz
in einem seichten Chor; dieser Ort mit seinen vielen Brunnen
schien von den benachbarten Eingeborenen mit ihren Vieh-
heerden stark besucht zu werden. Hier liefs ich meine Lederschläuche
füllen un4 zog, von den Blicken der gaffenden
Menge begleitet, endlich weiter. In NW. - Richtung stiefs ich
nach kurzer Zeit auf abgeerntete Durrafelder, die hohen grünen
Stengel standen noch und waren durch Dornenäste vor
dem Einbrüche von Vieh und wilden Thieren gesichert worden.
In dieser Gegend bemerkte ich viele und sehr grofse
Rindviehheerden, auch weiter ab von den Brunnen sah ich
eine beträchtliche Anzahl, bemüht, sich ihr dürres Futter zusammen
zu suchen. Noch etwa eine Viertelstunde von dem
Dorfe Dabab, dem Hauptorte der Halenga-Araber entfernt,
bemerkte ich eine Masse Leute zu Kameel, zu Esel und zu
Fufs um einen weiten, öden Platz versammelt. Man sagte
mir, es sei dort eine Begräbnifsstätte und, alten Gebräuchen
nach, besuchten die Bewohner an dem Bairamfeste ihre Verstorbenen.
Der Weg führte dicht an der Todtenstätte. vorüber,
und meine Lage unter den fanatischen, neugierig sich