Bord hatten, aufziehen, da wir aus Alexandria kamen, unser
Schiff ward dadurch von jedem Besuche abgesperrt. Der Kapitän
fuhr mit dem Postfelleisen, mit Briefen und Gepäckstücken,
die auf die italienische Post aufgegeben werden sollten,
an das Land. Durch ein Glas beobachtete ich, wie er
aufserhalb eines Hauses stehen blieb und mit einigen Perso-
nen durch ein vergittertes Fenster sprach, die Briefe und Postsachen
wurden in einen dichten Rauch gehüllt, und dann in
das Gebäude getragen. Soviel ich am Bord des Dampfers von
der Stadt Brindisi Sehen konnte, so schien dieselbe nur von
geringer Ausdehnung zu sein, die Ufer an dem Hafen waren
von Häusern, einigen Kirchen und anderen gröfseren Gebäuden
bedeckt, auch einige unbedeutende Festungswerke mit
schweren Geschützen besetzt, zur Vertheidigung des für kleinere
Schiffe geeigneten und vorzüglich von Küstenfahrern
benutzten Hafens angelegt, traten an das Meer heran. Die
Kaserne zur Aufnahme einiger hundert Soldaten berechnet,
und ein Theil der Stadt, von Mauern umschlossen, sollte mehr
landeinwärts liegen , aufserdem stand dieser Ort durch' eine
Eisenbahn seit einiger Zeit mit den gröfseren italienischen
Städten in näherer Verbindung. Unter strengen Formalitäten
wurde es dem Schiffslieferanten und Koch unseres Dampfschiffes
gestattet etwas Fleisch, desgleichen Früchte und Gemüse
von herb ei gekommenen Verkäufern anzunehmen, die
Sachen wurden aus den kleinen Fahrzeugen durch Stricke an
Bord unseres Schiffes hinaufgezogen. Als der nächste Eisenbahnzug
angekommen war, fuhr der erste Kapitän nochmals
ans Land, um das Postfelleisen zurückzuholen, dann wurden
die Anker gelichtet. Die Maschine begann zu arbeiten, und
Nachmittags fuhr der Dampfer zu dem nördlich gelegenen Hafeneingange
in das adriatische Meer in NNO.-Richtung hinaus.
Eine längere Zeit blieb die Küste in Sicht, die kahlen Ausläufer
der Apenninen begrenzten den Horizont und mehrere
Städte, Dörfer und grofse Klöster, Weinberge, Aecker oder
dunkele Pinien-Wälder stiegen von den Höhen bis an die felsigen
oder sandigen Meeresufer herab. Mehrere Fischerboote,
meist mit zwei oder drei Leuten bemannt, fuhren an uns vorüber,
erst um fünf oder sechs Uhr, als die Tischglocke uns
in den Speisesaal hinabrief, trat das Land so zurück, dafs nur
noch wenige dunkele Umrisse von demselben zu erkennen
waren, Der gröfste Theil der Gesellschaft, von der Seekrankheit
verlassen, hatte-sich zahlreich zu Tische eingefunden, und
allgemeine Freude belebte die noch kürzlich bleichen Gesichter.
In die frohen Hoffnungen mischten sich bei uns nur
die unangenehmen Aussichten auf eine längere Quarantäne
an dem Ziel unserer Reise, der wir nicht entgehen konnten, da
wir aus einem Lande und einer Hafenstadt kamen, wo die Cholera
in letzter Zeit so' arg gewüthet hatte,. Mit meiner Gesundheitging
es immer besser, und da ich von meinen Reisen
an ein Nachtlager unter freiem Himmel gewöhnt war, so blieb
ich auch jetzt stets bis nach Mitternacht auf Deck, dann erst
zog ich mich auf mein enges Lager in die Kajüte’ zurück.
Dienstag, den 1. August 1865. Wie ich um Sonnenaufgang
auf das obere Deck trat, schwebte unser Dampfer zwischen
Himmel und Wasser auf dem mattgrünen Meeresspiegel
nach Norden zu. Die Morgenpromenade wurde mir durch
das Wäschen des Schiffsbodens von Seiten der dienstthuenden
Seeleute sehr erschwert; aber um so angenehmer war alsdann
der Gang auf dem nassen Boden und der in der zunehmenden
Wärme nach und nach verdampfenden Feuchtigkeit. Die verschiedenen
Bewohner des Schiffes fanden sich gleichfalls oben
ein, wieder deutete ein'dunkeler Streifen in westlicher Richtung
die Nähe des Festlandes an, dorthin waren alle Fernröhre
gerichtet, bis auch das unbewaffnete Auge schon Umrisse von
Gebirgen, Ortschaften und Wäldern unterscheiden konnte.
Die vorspringende Landspitze, an deren nördlichem Abhange
die Stadt Ankona mit stark befestigtem Hafen und Forts auf
der Landseite, gelegen, trat immer deutlicher hervor, und
eine grofse Anzahl von Seeschiffen und viele Fischerboote
belebten die salzige Fluth, die Nähe einer bedeutenden Seestadt
verrathend. Es wurden mir ein berühmter Wallfahrts--
ort, dann grofse, weifse Marmorbrüche in den Gebirgen gezeigt
und die Namen einiger Städte genannt, die ich aber nicht
niedergeschrieben habe und deshalb hier nicht nennen kann.
* Grf. K r o c k o w , Reisen u. Jag d en . I I . 16