Die angezündeten Stràfsenlaternen leuchteten von dem
Hafen und von einzelnen Strafsen.der Stadt zu uns herüber,
ein nicht übler Anblick, wie die einzelnen Flammen in langen,
geraden Reihen aus der zunehmenden Dunkelheit hervortraten.
Die Abendglocken waren verhallt, und der hochstehende
Leuchtthurm spendete schon lange sein glänzendes Licht, als
unsere Schiffsmannschaft unter üblichem Gesänge den Anker
aus der Meerestiefe aufwand. Die Maschine begann zu arbeiten,
die Schiflfslaterne ward aufgezogen, das Steuer nach NNO.
bei N., gewendet, dann setzte sich der Dampfer allmälig in
Bewegung. Wir waren von ziemlich gutem Wetter begünstigt
und hatten nicht allzustarken Gegenwind. Rasch eiltén
wir vorwärts, immer kleiner wurden hinter uns die Gegenstände,
bis die Laternen am Lande nur wie eine einzige, fein
leuchtende Linie erschienen, und, immer undeutlicher werdend,
endlich aus dem Gesichtskreise schwanden. Nur der
Leuchtthurm darüber sandte uns noch eine Zeit lang seine
Strahlen nach. Eine Weile hielt sich unser Dampfschiff in der
Nähe der Küste, noch als ich vor Mitternacht nach dem Lande
ausspähete, waren an einigen, wenigen Stellen matte Lichter
und die undeutlichen Umrisse der italienischen Küste zu
sehen.
Mittwoch, den 2. August 1865. ' Nach Sonnenaufgang ver-
liefs ich mein Lager in dem engen Raume, das ich heut zum
letzten Male eingenommen hatte, und stieg an das obere Deck,
um dort zu sehen, wie weit wir noch von unserem Ziele entfernt
seien. Ein dichter Dunstschleier lagerte über dem Meere
und verhüllte die östliche Küste. Mit dem Höhersteigen der
Sonne wurden die Nebel nach und nach vertrieben, und man
sah deutlich einige Landspitzen, rastlos eilte der Dampfer
nach Norden, endlich wurden bebaute Höhen und Festungswerke
sichtbar, wir fuhren an mehreren Schiffen vorüber und
näherten une dem Hafen von Triest.
Die Rhede war von vielen gröfseren und kleineren Dampf-
und Segelschiffen bedeckt, die zum Theil der Quarantäne wegen
auf dem Meere blieben und dort ihre Ladungen einnah-
men, zahlreiche kleine Fahrzeuge vermittelten den Verkehr
mit dem Lande. Die ehrwürdige See- und Hafenstadt Triest
trat immer deutlicher aus dem Morgennebel hervor und pa-
radirte nait ihren auf den Höhen in Reih und Glied stehenden
Gebäuden. Als nun der lange Eisenbahndamm und
weiterhin das Schlofs Miramare zu sehen waren, als unser
Dampfer an die Spitze des Hafendammes kam, zog er saluti-
rend die Flagge auf, und unser Schiffsböller meldete unsere
glückliche Ankunft. Gleichzeitig wurde die gelbe Quarantäneflagge
am Maste aufgehifst , dann näherten wir uns langsam
dem Quarantänehafen,, um dort in Gefangenschaft die etwa
mitgebrachte, verpestete Luft auszudunsten.- Der gröfsere
Quarantänehafen war dicht von Dampfern, von griechischen,
albanesischen und anderen Küstenfahrern besetzt, so dafs der
unsrige an dem Eingänge ankern mufste, wo ej* von einigen
wichtig thuenden Wächtern beaufsichtigt wurde. Das Meer
war unruhig und wurde vom Winde stark hin ünd herge-
peitscht, um die Mittagstunde endlich kam ein altes, schwerfälliges
Lichterfahrzeug, auf dem wir an Land gesetzt werden
sollten. Nachdem die Kisten, Gepäckstücke und Thiere
meines Reisegefährten auf den schwankenden Bretterkasten
gebracht waren, bestiegen noch' sechszehn Passagiere das
plumpe Fahrzeug. Da nur drei Leute dasselbe dirigirten, diese
aber die Wucht der aufgeregten Meereswellen nicht zu besiegen
vermochten, trieben wir in dasselbe hinaus, erst ein
Boot des Dampfers mit sechs' Rudern, das uns in Schlepptau
nahm, brachte uns bis an den Eingang wieder zurück. Dort
fafsten die schäumenden Wellen das steuerlose, unbeholfene
Fahrzeug, und kaum entgingen wir, trotz aller Hülfe von Seiten
der Passagiere einem heftigen Anprall an. die scharfen
Steine zwischen den Eingängen des grofsen und kleinen Quarantänehafens.
Die Bemannung bemühte sich mit Anstrengung
aller Kräfte vergeblich den Eingang des gröfseren Qua-
rantänehafens zu erreichen, schliefslich, von den Wellen auf
und niedergeworfen, lagen wir vor dem kleinen Quarantänehafen.
Eine starke Kette verwehrte uns dort den Eingang,
und auch die Aufseher wollten uns nicht hineinlassen, bei
dieser Scene bildeten die österreichische Wache und andere