lieh mit Vieh beladen, aber man nahm auf die Thiere wenig
Rücksicht, heute schon wurden mehrere krepirte Stücke über
Bord geworfen. Trotz allen diesen Verlusten bleibt .indefs
dem spekulativen Regenten und seinen Beamten noch ein so
grofser Gewinn, wie ihn nächstdein nur der Sklavenhandel
giebt. Die grofse Schwäche der aus Futtermangel entkräfteten
Thiere, die ungewohnte Seeluft und die Fahrlässigkeit der
Aufseher richten jedoch manchmal argen Schaden an.
Sonntag, den 16. Juli 1865. Hatten sich schon in den
letzten Tagen vor der Abreise in meinem körperlichen Befinden
einige böse Vorboten eingestellt, so brach heute das
Uebel zum zweiten Male bei mir aus und diesem Zustande
gesellten sich wieder allgemeine Gliederschwäche, Krampf
im Unterleibe und grofse geistige, Apathie. Einige Mittel,
die man mir vorschlug, halfen nichts, ich beschränkte mich
auf die Diät und überliefs die weitere Heilung meinem
guten Magen und meiner sonst gesunden Natur, da wirksame
ärztliche Hülfe auf dem Schiffe ganz fehlte. Nachdem
der Dampfer nur mit geringer Geschwindigkeit weitere zwei
Tage das leicht, bewegte Meer durchschnitten hatte, wobei er
an Fracht immer leichter geworden war, kamen wir in den
engeren Meeresarm, dessen Küsten fast stets von beiden Seiten
zu sehen waren. Die jetzt mehr blau, nicht grün schimmernde
Wasserfläche war so eben wie ein Spiegel,'nur an der
zackigen Küste, der wir dann und wann näher kamen, brachen
sich die leichten Wellen und spritzten als weifte Schaumkämme
hoch in die Höhe. Schon waren wir an der historischen
Stelle Vorüber, wo die Juden einst vor dem Pharaonen-
Herrscher, ihrem Unterjocher, geflohen waren.
merkte ich, nicht weit von dem Schiffe, mehrere grofse Fische,
die ihre breiten Rücken in der Sonne wärmten, bisweilen ihre
grofsen Köpfe und breiten Mäuler ohne Scheu aus dem salzigen
Elemente erhebend, um nach Luft zu schnappen. ar-
auf blieb die Maschine einige Zeit stehen, sie setzte sic je oc
wieder in Bewegung, um, schon im Angesichte der Schiffe
auf der Rhede von Suez* plötzlich nochmals stehen zu bleiben,
dann näherte sie sich in sehr langsamer Gangart dem
Ziele immer mehr. In den Vormittagstunden des 19. Juli kamen
wir endlich auf dem Ankerplätze an, wo wir, an engh-
schen und französischen Dampfschiffen vor üb er steuernd, nie
allzufern von dem im Bau begriffenen, die Anfänge zu einem
Schiffsdock bildenden Damm, die Anker m die Tiefe rollen
liefsen. . . , - , •
Die Ausschiffung- erfolgte, und ich kam mit dem zweiten
Transporte in einem offenen Boote an dem kleinen a-
fendamme unterhalb des Eisenbahnhofes an. Es wardreiUhr
Mittags als ich in dem Victoria-Hôtel meinen Kmsege&hrten
fand und hier auch zunächst meine Wohnung aufschlug. Bald
darauf durch die Hausglocke zur table d’hôte gerufen, begab
ich mich an den mit verschiedenen Speisen gut besetzten Tisch.
Die Gesellschaft bestand aus sechszehn bis zwanzig Personen,
mehrere derselben waren der Cholera wegen von Kairo hier-
her geflohen,, wo die gefürchtete Krankheit während der
ganzen Zeit kaum nennenswerthe Erfolge gehabt hatte. Die
Stammgäste waren einige Franzosen, Italiener und Eng ander
an dem Kanalbau, an der Eisenbahn oder dem Telegraphen
angestellt, sie hatten sich gröfserer Aufmerksamkeit
der Bedienung zu erfreuen. Für Wohnung nebst Beköstigung
zahlte ich täglich zwölf Franken, und ich war mit der Aufnahme
recht zufrieden. Mir war Ruhe vor allen Dingen noth