wir zur Weiterreise bereit, die Thiere wurden beladen und
nach NNW. ging es in die nackte Wüste hinein. So wenig der
Weg und die nächsten Umgebungen für mich anziehend waren,
kosteten meine Augen doch einen wahren Hoehgenufs
in der Ferne.
In S. und 0. warfen sich die wilden, zackigeij, in einander
verschlungenen Gebirge mit ihren kahlen und öden Wänden
und überhängenden Spitzen und Zacken der Wüste oder,
besser gesagt, der buschigen Wildnifs entgegen, ihrem''Stieben
ins Unbegrenzte, eine mächtige Schranke entgegen setzend,
aber frei, jeder Grenze spottend, wölbte sich der blaue
Himmel über die Gegend und der Blick verlor sich gern in
seinen unendlichen Räumen, bis ihn die glühende'Sonne rücksichtslos
von dort vertrieb.
Gegen zehn Uhr Vormittags rastete ich auf einer erhöhten
Stelle, einer Art Insel in einem kleinen, trockenen Chor,
von den tief herab hängenden Zweigen eines Heglikbaumes
beschattet. Der ganze Fleck mit seiner, von niedrigen Gebüschen
bedeckten Umgebung glich einer Oase, und hier sah
ich nach beinah zwei Tagen zum ersten Mal wieder einige
Antilopen und Gazellen, welche die im Uebrigen sehr öde
Gegend ein wenig belebten und auch auf die Nähe anderer
lebender Wesen schliefsen liefsen.: Mein schattiger Ruheplatz
hatte zugleich das Angenehme, dafs ich von ihm aus die
schönste Aussicht auf die wilden, mehrere Stunden entfernten
Gebirge hatte. Die Sonne‘neigte sich stark an dem westlichen
Himmel dem Horizonte zu, als die Reise in NNW.-
Riehtung wieder aufgenommen wurde.
Nach einem kurzen Marsche über steinigen, unebenen
Boden kamen wir an einen sechszig bis achtzig Schritte breiten
Ohor mit drei bis vier Fufs hohen sandigen, steilen Ufern,
den meine Araber Maman nannten. Jenseits desselben hielten
wir die bisherige Richtung inne. Von meinem Kameele
getragen, bekümmerte ich mich nunmehr wenig um die öde
Umgegend und machte gegen zehn Uhr Abends, nahe einigen
Felsen, auf einer weiten Sandebene Halt. Die Kameele
waren kaum abgeladen, als schon zwei Lagerfeuer lustig
empor prasselten, unmittelbar darauf wurde das Gepäck als
Wall um das Lager aufgethürmt. Wie so oft schon, beobachtete
ich unter freiem Himmel, auf meinen Decken in den weichen
Sand gebettet, mein weites, gestirntes Zelt, in welchem
der Mond, der sich oft hinter einigen Wolken versteckte, wie
eine trübe Nachtlampe in der Hütte eines Kranken brannte.
Und ich war ja auch ein Kranker, denn mein Herz glühte vor
Sehnsucht, die theure Heimath wieder zu sehen. Endlich trat
auch zu mir, zuletzt unter Allen, der Schlaf, der wohlthätige
Arzt und besänftigte das- Klopfen des aufgeregten Herzens.
Sonnabend, den 18. Mai 1865. Mit Sonnenaufgang war
ich mit der Vorbedingung zum heutigen Marsche, meinem
Frühstücke, fertig, trieb die langsamen Leute zum Beladen
ihrer Thiere an und überwachte den Aufbruch. Steiniger
Grund lag vor uns,: wirres Gerölle bedeckte den Boden, unzweifelhaft
Reste, eines zertrümmerten Gebirges. Grofse
Steinbrocken, theils aus dem Boden empor ragend, theils in
langen Schichten die Oberfläche einnehmend, waren von dem
Wetter in kleinere Theile gespalten und zeigten im Kleinen
noch den fortschreitenden Auflösungsprozefs, den die Natur
im Grolsen schon lange vollzogen hatte.
Unter den Bäumen nahm die Schirmakazie die erste
Stelle ein, theilweise fand ich Bäume, gleichzeitig Blüthen
und Früchte tragend: Die ersteren sind von runder Form
und leicht violetter Färbung, ihr Duft unbedeutend, die
Frucht eine schmale, viel geringelte, etwa eine und eine halbe
bis zwei und eine halbe Zoll lange Schoote. Gegen zehn Uhr
Vormittags kühlte ein leiser NW.-Wind die Luft,, aber er vermochte
wenig gegen die drückende Hitze, mit Freuden be-
erüfste ich daher vor mir mehrere O hohe Bäume, die zur Rast
einluden.
In der Nähe wand sich auch das weite Bett des Chors
Gad-am-chair dahin, und eine Menge, nicht allzu tiefer (zwanzig
bis vierundzwanzig Fufs) Brunnen, gewährte uns daselbst
ein weiches, wohlschmeckendes Wasser. Mehrere starke Tamarisken,
Heglik und Fächerdornen (Akazien), wuchsen ziemlich
hoch und dicht an den Uferrändern des Ohor, während