II.
Die Überreste des Mensehen.
Krapina ist bisher die einzige Lokalität auf Erden, an welcher menschliche Reste
in großer Anzahl gefunden wurden. Am wichtigsten ist aber dabei der Umstand, daß
sowohl Reste jugendlicher i 1^—2 Jahre alter als auch Reste vollkommen ausgewachsener
Individuen, die gewiß über 40 Jahre alt waren, gefunden wurden. Die
Anzahl der Individuen, die uns vorliegt, kann nicht genau angegeben werden; doch
ersieht man schon aus der Anzahl der Unterkiefer (9), den Schläfenbeinen usw., daß
da über 10 Individuen ihre Skelettteile hinterlassen haben.
Die Variabilität der einzelnen Skeletteile erwies sich als eine ziemlich große,
so daß man anfangs, als davon nur wenige Stücke vorhanden waren, über die bedeutenden
osteologischen Differenzen gewisser gleichartiger Skelettteile geradezu staunen
mußte. Doch erwiesen sich viele derartige Abweichungen teils als durch Altersunterschiede
bedingt, teils wiederum als allmähliche Übergänge, so daß sich im ganzen doch
bloß eine Art ergab, von der ich indessen vorläufig eine Varietät oder Rasse abgesondert
habe. Die Begründung dieses Vorgehens werde ich später auseinandersetzen.
Zur Beschreibung der menschlichen Reste übergehend, bemerke ich, daß mir
im ganzen über 500 Skelettteile aus sämtlichen Körperabschnitten Vorlagen.
Der Sehädel.
In Krapina wurde eine größere Anzahl Schädelscherben gefunden, aber leider
zumeist solche Bruchstücke, die bloß in den seltensten Fällen zu größeren Partien vereinigt
werden konnten. Aber auch in diesem Falle wurden nur einzelne Seitenwand-
beine, Stirnfragmente, Stücke des Hinterhauptes u. dgl. erzielt. — Ganze Schädel
wurden niemals gefunden; die gesammelten Schädelfragmente aber sind primär zerbrochen
und oft angebrannt vorgefunden. Auch; ist: die Anzahl der Fragmente, welche
von jugendlichen Individuen ^ ; Kindern||| herrühren, verhältnismäßig groß. Es wäre
noch zu bemerken, daß die Schädelfragmente niemals im Zusammenhänge mit den
übrigen Skelettteilen etwa eines oder desselben Individuums gefunden wurden, sondern
sie lagen immer in größter Unordnung und oft mit tierischen Knochen vermengt.
Von größeren Schädelpartien waren zwei Kalotten von Kindern, ein linkes
Gehirnschädelstück mit dem Gesicht und den beiden Orbitalöffnungen (jedoch ohne
Oberkiefer und der oberen Stirnpartie), ein rechtes Parietale mit einem Teile des Stirnbeines,
ein rechtes und zwei linke Parietalstücke, zwei Scheitelstücke, ein größeres
Stirnbein mit dem rechten Überaugenwulst, zwei basale Stirnbeine mit den Überaugenwülsten,
ferner mehrere Okzipitalstücke, Temporale usw. vorhanden.
1. Das Schädeldach — A — eines Kindes.
Taf. III; Fig. 1, ia .
Dies ist das wertvollste Schädeldachstück aus Krapina. Es umfaßt den größeren
Teil des Stirnbeines und einen Teil der beiden Parietalknochen. Die größte Länge
des Fragmentes von der Glabella zum hinteren Ende an der Sagittalnaht beträgt an
142 mm und die größte Breite 140,4 mm. Die Dicke des Stirnbeines an der Sutura
frontalis beträgt 4,2 mm und die Dicke des hinteren Parietalrandes 4,6 mm. Bemerkenswert
ist an dieser Kalotte die noch nicht verwachsene Sutura. fron ta lis, ferner die
leichte, breite Schädeldepression gleich hinter dem Bregma, welche sich quer, also in
der Richtung der Sutura coronalis, befindet. Auch alle übrigen Suturen sind offen.
Die Tori'supraorbitales bilden zwar zusammenhängende, doch nur wenig vorragende
Wülste, die sich, weil keine Trennung eines besonderen Arcus superciliaris vom Margo
supraorbitalis stattfindet, als echte Tori im Sinne S chwalbes erkennen lassen, die für
den Homo primigenius bezeichnend sind. An den Toris sieht man mehr zur Sutura
frontalis gehend, zwei bis drei größere Poren. An der Stirne bemerkt man ein ieichtes
Tuber parietale. Die Sagittal- und Coronal-Sutur schneiden sich nicht in einem Punkte,
weil die linke Hälfte der Koronal-Sutur um 3 Vs mm weiter rückwärts an die Sagittalnaht
gerückt ist.
Da die wichtigsten Orientierungspunkte an vorliegender Kalotte fehlen (Lamda,
Glabella), kann leider kein genauer Vergleich mit den übrigen bekannten Kalotten
durchgeführt werden. Aber die Verbindung des mutmaßlichen Glabellarpunktes mit