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Jäger, bewaffnet mit den einfachsten, bloß aus Stein, Knochen oder Holz gefertigten
Waffen, hatte der Mensch auch keine schwereren Arbeiten als die Herstellung seiner
Waffen und das Erlegen des Wildes zu besorgen. Der Krapiner kehrte, oft in die
dortige Höhle ein und es geschah dies schon dann, als der Bach neben dem Höhlenboden
vorbeifloß und dieselbe des öfteren inundierte. Ich fand nämlich schon aus jener
Zeit stammende Feuerlagerstätten und darin Reste zerschlagener Knochen von Bos als
auch Gesteinsabfälle und einzelne Artefakta. Es ist sehr bemerkenswert, daß in dem
ganzen Sandkomplex, welcher die Höhle ausfüllte, immer dieselben Tiere und dieselben
Geräte gefunden wurden, woraus der untrügliche Schluß gezogen werden darf, daß die
damalige Existenz des Menschen bloß auf eine einzige Abteilung des Diluviums beschränkt
war, eine Abteilung, die freilich lange währte, um alle die in der Höhle aufgespeichert
gewesenen Reste durch das allmähliche Abwittern des Höhlengewölbes mit
den Verwitterungsprodukten derselben — dem Sande — über 8 Meter hoch zu bedecken.
Während dieser ganzen Zeit kehrte der Mensch — wie gesagt — in die Höhle ein,
fachte da sein Feuer an, an dem er sich entweder wärmte, sein einfaches Mahl bereitete
oder neben welchem er auch seine primitiven Geräte aus Steingeröllen anfertigte. Außer
der Jagd, der Hauptbeschäftigung des Menschen, konzentrierte sich sein ganzes übriges
Tun und Wirken um die Feuerlager. Da fanden sich angebrannte Knochen von
Rhinoceros Mercki, Bos primigenius, aber auch Knochen ganz jugendlicher Individuen
sowohl von Rhinoceros und Bären wurden angetroffen. Es scheint also, daß der
damalige Mensch recht gut das Fleisch jugendlicher Tiere zu ^würdigen wußte. Aber
nicht nur des Fleisches, sondern auch des Markes der Röhrenknochen wußte er sich
durch das Zerschlagen der betreffenden Knochen zu bemächtigen. Dies belehrten mich
die stets zerbrochen Vorgefundenen Knochen des Bos und des Rhinoceros. Selbst
menschliche Schädelknochen wurden immer nur zerbrochen und oft auch angebrannt
beobachtet. Besonders auffallend war mir der Umstand, daß fast sämtliche aufgesammelte
menschliche Röhrenknochen der Länge nach aufgeschlagen angetroffen wurden.
Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß der Mensch von Krapina gelegentlich auch
Kannibale war. Aber nicht nur Knochen erwachsener Menschen, sondern auch solche
von Kindern habe ich angebrannt und zerschlagen gefunden. Es kann als ziemlich
sicher angenommen werden, daß die Ansiedelung um Krapina oft mit den nachbarlichen
Stämmen in Berührung kam resp. von diesen überfallen wurde, bei welcher Gelegenheit
es zu Gewalttätigkeiten und Todschlag kam, wobei selbst Kinder nicht geschont
wurden. Das Fleisch der Erschlagenen wurde dann verzehrt und die Knochen des
Markes wegen aufgeschlagen.
Der jeweilig in die Höhle einkehrende Mensch fand oft neben dem Feuerlager
eine größere oder geringere Knochenanhäufung vor, die er dann, um sich Platz zu
machen, gegen die Höhlenränder warf. Es läßt sich dies sehr gut aus dem Umstande
schließen, daß die meisten und größten Knochen stets am Höhlenrande angetroffen
wurden. Dabei machte der damalige Mensch keinen Unterschied zwischen Mensch und
Tier, sondern er warf beiderlei Knochen zur Seite, weshalb sich oft menschliche Reste
mit solchen von Tieren übereinanderliegend fanden.
Sehr bemerkenswert ist noch die Tatsache, daß nie in der Höhle ein ganzes
Skelett, sei es von Menschen oder Tier, gefunden wurde. Immer waren es nur einzelne
Körperteile (so ein Halswirbelabschnitt mit 7 Gliedern und ein Schädel vom Rhinoceros,
Schädel, Hüfte, Schulterblätter und einzelne Gliedmaßenknochen von Ursus) die da
angetrofien wurden. Vom Höhlenbären wurden überhaupt die meisten ganzen Knochen
gesammelt, da sich ja der Mensch, wie es ja auch begreiflich ist, mit den erwachsenen
Bären kaum in einen Kampf einließ. Diese letzteren gingen wohl zumeist an der
Höhlengicht zugrunde, wie uns dies die öfters Vorgefundenen und mit Arthritis defor-
mans behafteten Knochen des Höhlenbären belehrt haben. (Vergleiche: „Der paläo^
lithisehe Mensch“, 1902, pag. 215, Taf. IV, Fig. 1—6).
3. Die Industrie des Mensehen von Krapina.
Vergleiche: „Der paläolithische Mensch“. — 1901, pg. 194, Taf. IV, Fig. 1—10. O b e r m a ie r : „La
Station paléolithique de Krapina“. — L’Anthropologie, T. XVI, 1905, pg. 13—27.
Überreste der menschlichen Tätigkeit finden wir in dem ganzen diluvialen Sand-
komplex, welcher die einstige Höhle ausfüllte. Nicht nur um die Feuerlager herum,
sondern auch dazwischen fanden sich entweder bearbeitete Gesteine (diese in minderer
Anzahl), als auch (und diese zumeist) — Gesteinsabfälle.
Außer Gesteinsartefakten fanden sich auch Geräte aus Knochen und (?) Holz, von
ersteren z. B. eine Axt vor. (Siehe: Der paläolithische Mensch 1901, Taf. IV, Fig. 1),
welche von einem größeren Tibiastück — wie es scheint — abgeschlagen wurde. Dasselbe
ist 117,2 mm lang, an der Schneide 17,2 mm breit und am oberen, abgebrochenen
Ende 61 mm breit und 25,5 mm dick. Daß diese Axt gebraucht wurde, beweisen ihre
geglätteten Bruchränder. — Außer dieser Axt liegt noch ein spitzes Knochen Werkzeug
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