starker, grubiger Einschnitt für den Muse. geniohyoideus. Endlich an der Kieferbasis
bemerkt man eine unter dem P beginnende Leiste, die gegen die Symphyse hin
bogenförmig und einwärts biegend eine ab- und einwärts gerichtete Spitze bildet. Innerhalb
dieses Bogens ist eine längsgefurchte Vertiefung für den Muse, digastricus vorhanden.
Die Kieferbasis ist nicht mehr eben, wie dies gewöhnlich an den Unterkiefern
des Homo primigenius der Fall ist, sondern sie ist hier abgerundet. — Die
Fovea submaxilldris -ist recht gut ausgeprägt.
Höchst bemerkenswert ist an diesem Kiefer die- Anordnung der Zähne. Wie
gesagt, ist bloß der P2 vorhanden, von den übrigen Zähnen nur mehr die Alveolen
und zwar die der vier I, des linken C, des P, und Mt. Die Alveolen der I und des C
bilden eine gerade Linie. Der P, steht etwas wenig seitlich und hinter dem C, und so ist
denn auch die vordere- gerade Zahnreihe beim C plötzlich um 114,5° abgebogen. Der
Zahnbogen wird dadurch eckig, was dem Kiefer ein ganz besonderes tierisches Aussehen
verleiht. Diese Abnormität mag möglicherweise eine zufällige, durch die absonderliche
Lage des P! bedingte sein; immerhin bleibt aber die lineare Anordnung der I bemerkenswert,
weil sie offenbar an primäre Verhältnisse erinnert.
•Die Textabbildung (Fig. 26) stellt uns den etwas vervollständigten Zahnbogen
des in Rede stehenden Kiefers dar. Es wurde nämlich auf die rechte Seite noch der
C bis zum M, hinzukopiert. Dieser Zahnbogen nun läßt sich mit keinem der bekannten
fossilen Kiefer vergleichen. Die Breite des Bogens (bis' zum M,) käme wohl jenem des
Spy I ganz gleich, doch bestehen zwischen beiden Kiefern keine diesbezüglichen Analogien.
Unser Krapina-Kiefer-F ist eben durch die merkwürdige Einengung des Zahn-
bogens in der Zone des Px ganz besonders ausgezeichnet. Unter den rezenten Kiefern
gibt es wohl Ähnlichkeiten und ich möchte diesbezüglich den 'Unterkiefer eines Cechen
aus Kradowetz (32 Jahre alt cf), den ich in der anthropologischen Abteilung der k. k.
Hofsammlung in Wien sah, und den mir Herr Kustos S zombathy freundlichst zum Vergleiche
zusendete, heranziehen. Ich habe früher unseren Krapina-Unterkiefer mit dem. etwas
ähnlichen eines Nago-Negers verglichen, doch ist die Ähnlicheit des Zahnbogens unseres
Kiefers mit dem des erwähnten Cechen eine ganz frappante. .Denn bei diesem Kiefer
bilden die vorderen Zähne einschließlich die C, ebenfalls eine fast Gerade (die aber hier
wegen Raummangel eine Zick-Zack-Stellung der I zur Folge hatte). Der Px ist etwas
einwärts getreten, während schon der P2 und Mt ausbiegen, der M2 und M3 wiederum
parallel oder ganz leicht zur Kieferachse neigen und so dem Zahnbogen eine nach vorn
verschmälerte Schnauzen gestalt verleihen. Diese Einengung der Zahnlinie wurde einerseits
durch die Vorrückung der beiden C in die Linie der I und durch die Lage der
Pt hervorgerufen. Es scheint demnach, daß die besprochene Einengung des Zahnbogens
am Krapina-Kiefer-F eine Abnormität darstellt, während die gerade. Anordnung
der I mit dem hinzugekommenen C, welche Anordnung offenbar der Gestaltung der
vorderen Außenwand des Kiefers angepaßt ist, als ein erworbener, hier atavistisch aufgetretener
Charakter zu betrachten ist. Daß dem so ist, beweist uns auch der Unterkiefer
eines jungen, oberdiluvialen Menschen aus P r e d m o s t , den Dr. M. K riz in
seinem Buche „Beiträge zur Kenntnis der Quartärzeit in Mähren" (Steinitz 1903) auf
Seite 486 abbildet (Text auf Seite 255-263) und welcher sich ebenfalls durch eine winklige
Biegung in der Gegend der C (Seite 259) auszeichnet:.
Der Winkel, den die vordere Außenwand mit der Kieferbasis einschließt, beträgt
an 102°.
7. Der Unterkiefer H|G.
Taf. VII, Fig. 1.
Vergleiche: „Der paläolithische Mensch und seine Zeitgenossen . . . (Mitteilungen der anthrop.
Gesellschaft Wien. 1905. pg. 207. Taf. II. Fig. 1, ia , b.) •
Es ist dies eines der besser erhaltenen und größeren Unterkieferstücke aus
Krapina. Es befinden sich -daran zwar nur die drei rechten Molaren, doch schließt sich
an diese die ganze vorangehende Alveolarreihe, bis zum Mj der rechten Kieferseite,
wo leider der Kiefer abgebrochen ist. Auch fehlt an der rechten Kieferseite der aufsteigende
Ast. , Der Kiefer gehörte indessen einem ausgewachsenen Individuum in dem
besten Alter an, denn er besitzt, wie erwähnt, bereits alle drei Mahlzähne, wovon die
beiden ersten etwas abgenützt sind. Der Kiefer selbst ist. sehr kräftig und dabei stark
prognath. Falls wir uns die noch abgeschliffenen vorgebpgen gewesenen Alveolen der
vorderen sieben Zähne ergänzt denken, würde ein mit einer starken Zahnprognathie
versehener Kiefer resultieren (wie La Naulette). Dieser Krapina-Kiefer zeigt also eine
echte Kiefer- und Zahnprognathie.