werde hier bloß einige recht bezeichnende Artefakta bildlich vorführen, die jedermann
als Vertreter des Moustérien erkennen wird, dann wiederum solche, die man bezüglich
ihrer groben Retouche ins „Mesvinien“ einzureihen hätte, und welche auffallend solchen
aus „Spiennes“ gleichen, die mir Herr Rutot freundlichst gespendet hat, und von
welch letzteren zwei auch jene charakteristischen „Bulbe de percussion" zeigen (sowohl
Krapina als Spiennes-Stücke).
Die zahlreichen Artefakta vom Typus des Montaiglien d. h. des unteren Ebur-
néen, führe ich nicht vor, da sie sich vollkommen mit den entsprechenden Artefakta
der „Caverne d’Hastieres“ decken, die mir Herr Rutot ebenfalls zum Vergleiche sandte.
Wie gesagt, kommt in Krapina eine Vermengung dreier ungleichartiger Industrie-
Typen vor, welche man nach Rutot wegen des Vorherrschen des Typus von Montaiglien
ins untere Eburnéen zu versetzen hat.
Nun steht aber diese Auffassung der Krapina-Industrie im chronologischen Sinne
mit den paläontologischen Befunden nicht im Einklang, da ja das Rhinoc. Mercki eben
nach Rutot’s Meinung eine eolithische Industrie erwarten ließe! Die Fauna von Krapina
aber entspricht jener von Taubach. In Taubach kommt ebenfalls eine eigene Industrie
vor, bestehend aus kleinen, zumeist unretouchierten Geräten, die ich wiederum mit jener
des Eburnéen vergleichen möchte. Daß dieselben nicht retouchiert, sondern bloß durch
den Gebrauch geschartet sind, hat eben in der Kleinheit der fraglichen Gesteinsabspreng-
linge seinen Grund. Denn die größeren in Taubach gefundenen Geräte stellen, wie
ich dies nach einem sehr schönen, von Dr. V erworn in Göttingen mir zur Ansicht gesendeten
Exemplare ersehe, gut retouchierte Moustérien-Schaber dar. In Taubach
wurde aber auch ^ laut Angabe des Herrn Dr. Klaatsch — ein io cm großes „Mesvinien"
Artefakt gefunden. Auf Grund desselben hat man auch das Alter der Taubacher
Industrie als „Mesvinien“ oder „Reutelo-Mesvinien“ bestimmt. Doch mache ich
nochmals gerade auf die zahlreichen kleinen unbearbeiteten Silex aus Taubach aufmerksam,
die ich — wie gesagt — für zu klein halte, als daß sie retouchiert werden
konnten; sie wurden, weil scharf, sogleich als Schaber, Bohrer u. dgl. benutzt, wodurch
sie eben häufig geschartet wurden. Die Schartung der Taubacher Silex halte ich also
für eine sekundäre, durch den Gebrauch entstandene Beschädigung des zu scharfen
Gesteinabsprenglings. Diese letzteren aber erachte ich — wie gesagt — für ganz denjenigen
Geräten entsprechend, die Rutot dem Eburnéen zuteilt. Ist dem so, dann besteht
zwischen Krapina und Taubach, neben einem paläontologischen auch noch eine
industrielle Übereinstimmung.
Nur die ungenügende Anzahl typischer Artefakta ist es, derzufolge Taubach
eine unklare Stellung in der Reihe der alten Industrien einnimmt. Gerade umgekehrt
geschah es mit der Krapina-Industrie. Herr Rutot, dieser ausgezeichnete Kenner der
Silex-Industrie, hatte seine Ansicht über die Krapina-Industrie in mehreren Schriften
ausgesprochen, doch immer derselben ein relativ geringes Alter zugesprochen (-Montaiglien
des Eburnéen). Das gleichzeitige Auftreten der in Rede stehenden Industrie
mit Rhin. Mercki stellte nämlich Rutot anfangs in Frage, weil das Vorkommen dieser
Tierart mit der eolithischen Industrie kontemporär sein sollte, daher eine eburnéensche
Industrie das Vorkommen jener Rhinozeros-Art eo ipso ausschließt! Noch meinte Rutot,
daß das Zusammenfallen der Chelleenschen Industrie mit dem Auftreten des Rhin. Mercki
Fig. 52. — Steingeräte aus Taubach.
I. = Schaber aus der Kollektion des Herrn Dr. Vervorn in Göttingen ’); 2, 3 = durch Gebrauch geschartete Ge-
steinsabsprenglinge, aus der geolog. Sammlung der Universität Berlin.
eine überlebte Idee wäre! Als es sich aber durch die sich mehrenden Funde (sogar ein
ganzer Schädel eines erwachsenen Individuums) dennoch herausstellte, daß in Krapina
bloß eine Rhinozeros-Art und zwar das Rh. Mercki lebte, welches mit jenem aus Daxlande
stammenden übereinstimmt, welches H. S chröder als Rh. Mercki var. brachice-
phala bezeichnete, mußte auch Rutot seine diesbezüglichen Ansichten modifizieren.
Letzteres tat er auch aber in einer nicht glücklichen Form, indem er die deutlichen
genetischen Verhältnisse der Lagerstätte von Krapina unklar zu machen suchte.
Jedem vorurteilsfreien Beobachter sind und waren die Verhältnisse von Krapina
klar und ich habe dieselben genügsam ausführlich im ersten und vierten Teile meiner
Untersuchungen (Der paläolithische Mensch . . .) dargelegt. Wenngleich auch Rutot
die Lagerstätte von Krapina — bis auf das diskordante Vorkommen des Rhin. Mercki —
für ein „homogenes Ganze“ betrachtet, so beginnt gleichzeitig dieses klare Bild und
>) Länge 62 mm, Breite 30,6, Dicke 6,5 mm.