V o rw o r t
Die großen Fortschritte der Anthropologie in neuerer Zeit kamen im wesentlichen
durch die Benutzung anderer Spezialwissenschaften und durch die Verwendung
neuer Untersuchungsmethoden zu stände. Neben der ursprünglichen hauptsächlich auf
der Meßmethode beruhenden Naturgeschichte des Menschen entwickelte sich allmählich
eine physische Anthropologie. Diese arbeitet nicht .allein von morphologischen Gesichtspunkten,
sondern es werden auch besonders phylogenetische Fragen berücksichtigt,
welche zur Klärung des Problems, wie die speziellen Formen des menschlichen Organismus
entstanden, von größter Bedeutung sind. Das Gebiet der physischen Anthropologie
wird voraussichtlich immer mehr eine v e r g l e i c h e n d e Entwickelungs- und
Stammesgeschichte werden und zwar nicht allein des Menschen als solchen, sondern
auch seiner einzelnen Organe, von welchen die a 11 g e m.e i.n e morphologische F orna
des Menschen abhängig ist. Um aber die Formen der einzelnen Organe, ihre Variationen
und ihre auf p h y lo g e n e t i s c h e r Basis fußenden, bleibenden Umänderungen
richtig beurteilen zu können, sind wir gezwungen, auf den wichtigsten Einfluß speziell
einzugehen, nämlich auf die F u n k t io n der Organe selbst, welche der wesentlichste
Faktor für ihre normale Gestalt und bei einer eventuellen Abänderung der Funktion
auch für ihre Umgestaltung ist.
Das Prinzip der fu n k t io n e l l e n S e l b s t g e s t a l t u n g der Organe für die
Anthropologie heranzuziehen und auszunutzen, soll der Zweck mehrerer Abhandlungen
sein, welche sich auf das S k e l e t t dej- P r im a te n beschränken sollen. Die erste
dieser Monographieen liegt hier vor. Für das Knochengerüst kommen bekanntlich die
Lehren der Entwickelungsmechanik besonders in Betracht, weil ein Knochen als passives
Stützorgan ganz hervorragend unter dem Einfluß der funktionellen Beanspruchung