
 
		im  W eg e ,  die  Kniegelenksverbindung  im  Sinne  -der  C ulmannsehen  Theorie  bei  der  
 Funktion  als  fest  zu  erklären.  Nur  unter  dieser  Bedingung  würde  man  ja  überhaupt  
 das  Femur  mit  einem  eingemauerten  Kran  vergleichen  können.  Die  Feststellung  
 des  Kniegelenks  beim  Stehen  und  Gehen  erscheint  durch  die  zahlreichen  
 Muskeln  und  Bänder  dafür  genügend,  zumal  die  anatomische  Form  des  oberen  
 Endes  der  vertikalen  Tibia  eine  horizontale  Fläche  aufweist,  und  dadurch  eine  
 sehr  gleichmäßige  statische  Belastung  für  den  Aufbau  des  Oberschenkels  garantiert  
 wird.  So  günstig  mithin  die  Vorbedingungen  auch  für  das  gesamte  Femur  als  „eingemauerten  
 Kran"  sind,  um  so  wunderbarer  muß  es  erscheinen,  wenn  das  tibiale Ende  
 des  menschlichen Femur  k eine  g le ic hm ä ß ig e   statische Belastung  an, seinen Kondylen  
 aufweist.  Der  Größenunterschied  zwischen  den  beiden  Kondylen  des  menschlichen  
 Femur  gestaltet  sich  in  den  weitaus  meisten  Fällen  derart,  daß  der  innere  kräftiger  
 entwickelt  ist.  Man  könnte  also  geneigt  sein  aus  der  äußeren  Form  zu  schließen,  daß  
 der  innere  auch mindestens  so  stark  oder  gar  noch  mehr  wie der äußere belastet würde.  
 Das  ist  nun  tatsächlich  n i c h t   der  Fall.  Betrachten  wir  zunächst  das  tibiale  Femurende  
 auf  Frontalschnitten.  Die  Trajektorien  der  T r o c h a n t e r s e i t e   sind  am  Kniegelenk  
 die  dichteren  und  hier  keine  Zugbälkchen,  wie  es  nach  der  Krantheorie  für  
 den  gesamten  Oberschenkel  —  entsprechend  dem  auf  Seite  2  zitierten  Ausspruche  
 W ölffs  —  sein  müßte,  sondern  ganz  unzweifelhaft  Druckba lk en,  welche  gradlinig  
 und  parallel  der  Femurachse  sich  in  die  Corticalis  der  funktionell  in  schräger  Stellung  
 |  beanspruchten  Diaphyse  fortsetzen.  Der  äußere  Kondylus  trägt  sogar  offenbar  m eh r   
 |  statischen  Druck  als  der  innere.  Denn  die  Trajektorien  des  ersteren  ziehen  bei  kräftig  
 ausgebildeten Oberschenkelknochen  noch  weit  in  die Diaphyse (Fig.  1 u. 2).  Nimmt  man  
 nun  die Krantheorie nur für den Schaft und den  oberen T eil des Femur an,  so ist in diesem  
 außen  Zug,  im  tibialen Ende  der Gegendruck  vorhanden.  Eine  derartige  rein  statische^  
 Beanspruchung,  welche  in  einem  einzigen  Konstruktionsteile  auf  derselben  Seite  Zug  
 und  gleichzeitig  Druck  aufweist,  müßten  jedoch,  abgesehen  von  der  geringen  Wahrscheinlichkeit  
 einer  solchen  Konstruktion,  ihren  Ausdruck  in  der  Struktur  oder  wenigstens  
 in  der  äußeren  Form  finden,  zum  mindesten  aber  die  Stärke  der Diaphysenwand  
 an  der  äußeren  Seite  beeinflussen.  Die  schwächere  Ausbildung  des  vertikalen  Trajek-  
 toriums  im  inneren  tibialen  Kondylus  zeigt  ferner,  daß  hier  der  statische  Druck  weit  
 geringer  gewesen  sein  muß,  als  auf  der  Adduktorenseite  im  oberen  Femurende,  trotzdem  
 das  Eigengewicht  des  Oberschenkels  noch  hinzugekommen  ist.  W ir   sind  deshalb  
 geradezu  gezwungen,  eine  stärkere  Druckbelastung  dem  ä u ß e r e n   Kondylus  zuzumessen, 
   welche  sichtbar  in  der  Anlage  eines  stärkeren  Trajektoriums  zum  Ausdruck  
 kommt.  Dabei  ist  die  Entstehung  der  Kondylen-Differenz  an  Grösse  in  hohem 
 Grade  abhängig  von  der  Entwickelung  und  damit  wieder  von  der  funktionellen  Gestaltung  
 der  dem  Femur  anliegenden  Knochen,  vor  allen  Dingen  vom  Becken.  Man  
 kann  für  das  tibiale  Ende  des  Femur,  dessen  Schaft  meistens  einen  ziemlich  geraden  
 Verlauf  hat,  folgenden  Satz  aufstellen,  wenn  man  die  sehr  geringfügigen  Variationen  
 in  der  Stellung  eines  normalen  Kniegelenks  vernachlässigt:  Die  Vergrößerung  des  
 inneren  Kondylus  gegenüber  dem  äußeren  ist  hauptsächlich  abhängig  von  der  Breite  
 des  Beckens  und  der  Längenentwickelung  des  Kollums,  also  von  dem  Abstande  der  
 anatomischen  A c h s e n   beider  Femora  an  ihrem  oberen  Ende.  Dabei  ist  vorausgesetzt, 
  daß die einzelnen Konstruktionsteile gleiche Dimensionen  haben.  Beim Menschen  
 muß  deshalb  mit  zunehmenden Abstande der Femoraachsen der  innere Kondylus  größer  
 werden,  um  das  n o tw en d ig e   Scharniergelenk   des Kniees  herstellen  zu können.  Der  
 äußere  Kondylus  wird  aber  dadurch  immer  noch  mehr  belastet  werden.  Der  statische  
 M a x im a l druck,  welcher  als  Trajektorium  der  aufrechten  Haltung  vom  inneren  Halsschaftwinkel  
 des  koxalen  Femurendes  kommt,  pflanzt  sich  auf  n ä c h s t em   Wege  in  
 der  Vertikale  zur  Gelenkoberfläche  der  horizontalen  Tibiafläche  fort  und  trifft  deshalb  
 mit  zunehmendem  Abstande  der  Achsen  beider  Femora  an  ihrem  oberen  Ende  am  
 meisten  den  ä u ß e r en   Kondylus. 
 Wenn  die  Kondylen  nun  an  Größe  sehr  stark  differieren,  so  sind  die  vom  
 inneren  Kondylus aufsteigenden trajektoriellen Knochenbälkchen  qualitativ und quantitativ  
 bed eu ten d  geringwertiger  als  beim  äußeren  (Fig. 4).  Aber  auch  die  übrige Spongiosa;  
 des  inneren  Kondylus  erscheint  dann  lockerer  und  unregelmäßiger.  (Einseitigere,  also  
 teilweise  funktionell  stärkere Belastung  der  einen Hälfte  eines Scharniergelenkes  kommt  
 übrigens  mehrfach  vor.  Eine  sehr  schöne,  daraus  resultierende funtionelle Struktur  der  
 Gelenkenden  fand  ich  z.  B.  in  den  Kiefergelenken  von  Huftieren).  Neben  der  entstehenden  
 Differenz  in der Größe beider Kondylen  und der Struktur werden  im  menschlichen  
 Femur  aber  noch  andere  funktionelle Strukturen  durch den Verlauf des  statischen  
 Maximaldruckes  ausgebildet.  Von  der  Fössa  poplitea,  welche  auf jedem  Frontalschnitt  
 sich  als  ein  sehr  stark  beanspruchter Punkt der Gelenkfläche  erweist,  ziehen  nach jedem  
 Kondylus  fächerartig  angeordnete Knochenbälkchen in einer der Gelenkfläche annähernd  
 parallelen  Richtung.  Bei  genauerem  Zusehen  paßt  das  jedoch  nur  für  die  äußersten  
 Bälkchen,  die  tiefer  nach  der  Diaphyse  zu  liegenden  schneiden  die  gradlinig  aufsteigenden  
 Haupttrajektorien durchaus  nicht mehr  rechtwinkelig,  sondern schräg.  Endlich  
 haben  jene  Bälkchen  nicht  selten  eine  bogenförmige  Krümmung,  welche  aber  nicht  
 etwa,  wie  zu  erwarten  wäre,  parallel  der  Gelenkfläche,  sondern  nach  der  Diaphyse  zu  
 konvex  erscheint.  Diese  Zu gfa sern  entstehen  durch  die  eigentümliche  Beanspruchung  
 des  tibialen  Femurendes  auf  den  statischen  Druck.  Derselbe  liegt  trotz  der  halbmond