unten zü drücken. Der M. piriformis und die Obturatoren ziehen mehr in horizontaler
Richtung. Der aufsteigende Ast des bogenförmigen Trajektoriums, welcher durch diese
Kombinations Wirkung der gesamten Trochanterenmuskeln schon gekrümmt verläuft, wird
an der Fossa trochanterica durch den M. obturator externus und internus und den Bandapparat
verändert. Die Richtung des Druckes geht in eine absteigende Bogenlinie über,
welche die Gelenkfläche erreicht, und bei ihrer Stärke selbst noch in der Struktur des
menschlichen Beckens zum Ausdruck kommt.
In Rücksicht auf die vorstehenden Ausführungen ist es meines Erachtens nicht
möglich, den menschlichen Oberschenkelknochen allein als K r a n im Sinne der graphischen
Statik und in seinem strukturellen Aufbau’ als durch die s t a t i s c h e Beiästung
hervorgerufen anzuerkennen. Eine hervorragende Bestätigung dieser Anschauung fand
ich selbst in dem von mir auf ihre funktionelle Struktur untersuchten ältesten menschlichen
Oberschenkelknochen, welche uns bisher zu Gebote stehen, nämlich in denjenigen
des Neandertal- und Spy-Menschen, zu deren Betrachtung ich jetzt übergehe.
VI, Die funktionelle Gestalt des diluvialen menschliehen Femurs.
Neben den Schädelknochen, welche als Überreste des diluvialen Menschen aui
unsere Zeit überkommen sind, waren es hauptsächlich die Femora des Neandertal- und
Spy-Menschen, welche nach ihrer Auffindung das größte Interesse der Anthropologen
naturgemäß erregen mußten. Die eigenartige, vom heutigen Typus sehr abweichende
Gestalt der Neandertal-Knochen ließ alle nur erdenklichen Meinungen über die Entstehung
und Herkunft derselben auftauchen. Hat man doch die morphologische Anschauung
über den Neandertalfund vom Bärenknochen bis zum Kosackenfemur der Neuzeit
ausgedehnt. Diese Extreme zeigten sich aber ebenso hinfällig wie eine Sentenz, welche
von Über-Darwinianern aufgestellt wurde. Nach dieser hätte der Neandertaler ein
Baumleben geführt und wär auch in dieser Richtung ein Zwischenglied des heutigen
Menschen und der heutigen menschenähnlichen Affen gewesen. Die nüchterne Betrachtung
der äußeren Formen des Neandertalers und der Spy-Menschen (Vergl. Fig. 27—32)
hat später das Gegenteil von jenem scheinbar vernichtenden Urteil, aber auch von dem
begeisterten Taumel ergeben, welcher einige Forscher erfaßt hatte.
Es sind zuletzt nur zwei begründete Hypothesen der Entwickelung der Formen
übrig geblieben, welche auf Grund der genaueren Untersuchungen nicht ohne weiteres
ad acta gelegt werden konnten und auf welche ich hier kurz in Rücksicht auf meine
eigenen Ergebnisse eingehen muß.
V irchow (Zeitschrift für Ethnologie 1872), dessen Autorität auf anthropologischem
Gebiete auch für den Neandertalfund maßgebend war, hielt sowohl das Schädeldach
wie auch die übrigen Knochen für p a th o lo g is c h . Eine Arthritis chronica
deformans (Gicht der Alten) sollte hauptsächlich die Form Veränderungen veranlaßt
haben. Das konstitutionelle Leiden dieses Menschen ist nach V irchow „erst im höheren
Alter aufgetreten; sonst wäre die von allen Beobachtern anerkannte Stärke und Kräftig