auf einen solchen Fall näher eingehen.' Alles Angeführtê ist aber meines Erachtens
ein Beweis, daß dièse Balkenkonstruktion am inneren Halsschaftwinkel mitsamt der
verstärkten Compacta die d i r e k t e Folge einer stattgehabten Belastung des Femur ist,
und einer Biegungsbeänspruchung vielleicht mehr mit Erfolg entgegen wirkt, als das
„Zugtrajektorium" der Krantheorie, welches bei Überbelastung einen Bruch an der
konkaven Seite des Femur niemals energisch hindern kann. Schon die Tatsache daß
der gebogene homogène Balken bei Überbelastung in der Kontinuität zunächst an der
konvexen Seite deformiert wird, während das bei einer Röhre umgekehrt statt hat,
mahnt zur Vorsicht beim Vergleiche der Culmann sehen Zeichnung eines homogenen
Krans mit dem Femur. Die Art und Zahl der Oberschenkelbrüche ist aber ganz
analog dem Bruche einer Röhre bei Überbelastung. Wir wollen aber jetzt zunächst
untersuchen, ob die übrigen Spongiosastrukturen mit der Krantheorie übereinstimmen.
Ich war überrascht, noch eine große Anzahl anderer Abweichungen in der
Spongiosastruktur aufzufinden, welche infolge der Annahme der Krankonstruktion
besonders aber wohl durch die bisherigen Aufnahmen in auffallendem Lichte in den
WoLFFSchen Abbildungen (siehe Fig. 6 und 7 seines Werkes) bildlich nicht so zur
Geltung kommen. Das betrifft besonders die kleineren Trajektorien der Trochanterseite.
Teilweise ist sogar die Struktur ganz verloren gegangen. Man findet den Trochanter
majör nahezu immer von einem fächerförmigen Trajektorium mit g r a d e n Knochen-
bälkchen (Fig. 13 rt) ausgefüllt, dessen Mittelpunkt in der Nähe dès tiefsten Punktes
der Fossa trochanterica liegt. Dasselbe erinnert sehr an die zuerst von Gebhardt
für den Trochanter des Ochsen festgestellte „Radkonstruktion": Dieses System ist
häufig durch eine Leiste, bestehend aus kompakter" Substanz, mit dem obërén geradlinigen
Trajektorium verbunden, welches ich im Femurköpfe als von der Fossa trochanterica
ausgehend beschrieb. Die Compacta ist hier kräftig ausgebildet und an ihrer tiefsten
Stelle gelegentlich durch einen kreisförmigen Vorsprung in der Spongiosa verstärkt.
Unter dem Trochanter major wird die Compacta der Aussensèite verhältnismäßig
plötzlich dünner. Es entspringt hier das bogenförmige ,,ZUg"trajektoriüm' der
Krantheorie (Fig. 13 bg). Ein zweites Trajektorium zieht jedoch ebenfalls von diesér
Stelle s e n k r e c h t zum Trochanter (Fig. 13 gt); es besteht wiederum aus nahézü
g e r a d l in ig è n JBälkchen. Ein Teil der letzteren setzt gewöhnlich noch ètwas hôhèr
an; also andere geradlinige Bälkchen kreuzen sich teilweise nahe der gemeinsamen Ursprungsstelle
sehr spitzwin klig mit denjenigen jenes bogenförmigen Trajektöriums.
Es sind hier zw e i v o ll s t ä n d ig voneinander verschiedene Beanspruchungsbahhen der
Spongiosa vorhanden und nicht, wie W olff in seinem Schema zeichnét, ßälkchensysteme
auf gleiche Beanspruchung und zwar auf statischen Zug nèbeneinander gelegt.
Wir finden ferner in den Röntgenaufnahmen ein. selbständiges Trajektorium,
welches vom Ansatz des Trochanters zur äussersten Spitze und zwar der Oberfläche
parallel im Knochen zieht (Fig. 13 g t1). Es hebt sich infolge seiner dichteren
Bälkchen scharf von der kreuzenden fächerförmigen Druckbahn, welche die Hauptmasse
des Trochanter bildet, ab. Auch seine Bälkchen sind gradlinig.
Der ganz verschiedene Verlauf dieser drei neuen Trajektorien, welche W olff
in seinem Schema nicht wiedergegeben hat, zeigt deutlich, daß eine einfache Zugwirkung
als Komponente eines statischen Druckes entsprechend der Krankonstruktion in
d ie s em Knochenteile keineswegs so existiert, wie W olff sie schildert. Es ist doch
in hohem Grade auffallend, daß der Trochanter k e in e solche Zugbalken, welche dem
großen Spannungstrajektorium angehören müssten, zeigt, während sie in dem d a run ter
liegenden Körper des Femur sehr schön vorhanden sind. Der Verlauf der Trajektorien
im T r o c h a n t e r kann also keinenfälls mit statischem Druck oder gar statischem Zug
Zusammenhängen. Diese drei Trajektorien im Trochanter entstehen vielmehr sichtlich
durch M u s k e l Wirkungen.
Man kann die am Trochanter selbst angreifenden Muskel- und Bänderkräfte in
zwei Gruppen teilen. Die einen bilden eine horizontale Schlinge, die Rotatorenschlinge,
welche eine aktive auswärtsrollende Komponente, bestehend aus dem Piriformis, den
Gemelli und den beiden Obturatoren, und eine einwärtsrollende Komponente besitzt;
letztere wird gebildet durch das vordere Randbündel des Glutaeus medius und eventuell
durch das Ligamentum ileo-femorale. Die anderen Muskeln sind in einer frontal-vertikalen
Schlinge über das Hüftgelenk gelegt, nämlich der Glutaeus medius und minimus.
Diesen steht die Adduktorengruppe funktionell gegenüber. Das radförmige Trajektorium
geht nun von der Anheftungsstelle des M. piriformis, der Obturatoren und
der Gemelli aus und entsteht teilweise durch die Funktion dieser Muskeln, welche
den Trochanter gegen das Gelenk drücken. Ausserdem ist aber auch noch die Fascia
lata, welche den Trochanter bedeckt; an diesem Drucke beteiligt. Für den kleineren
Knochenbalkenzug, welcher im oberen Teile des Trochanter parallel der äußeren
Oberfläche läuft (gt1), möchte ich dagegen den Glutaeus medius verantwortlich
machen. Das nahezu gradlinige Trajektorium gt, welches von der gemeinsamen
Ursprungsstelle mit dem grossen bogenförmigen Trajektorium gradlinig zum Trochanter
aufsteigt, dürfte auf die gemeinsame Wirkung der Muskeln zurückzuführen
sein, welche dem Trochanter nach oben ziehen, besonders also des Glutaeus medius
und minimus. Hauptsächlich ist aber wohl der Glutaeus medius an der Ausbildung
dieses Trajektöriums beteiligt. Jedenfalls sind mit dem Nachweise jener Trajektorien
zum ersten Male sichere M u s k e l wirkungefii? am Femur festgestellt, welche eine
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