Zur Frage über den Zusammenhang der Zahnhöeker mit der
Wurzelzahl.
Ich habe bereits in meinen Untersuchungen „Der paläolithische Mensch und seine
Zeitgenossen“ (1902, pag. 212), gesagt, daß an unseren Krapina-Zähnen ein gewisser
genetischer Zusammenhang zwischen den Kronenhöckern und Wurzeln entnommen
werden kann, woraus sich der Schluß ziehen ließ, daß die Anzahl der Zahnkronenhöcker
aus der Verwachsung einer gleichen Anzahl von Zahnkegeln hervorgegangen ist. Diese
von mir ausgesprochene Ansicht wurde schon früher von verschiedenen Autoren erörtert
und ich möchte diesbezüglich noch einige Momente hinzufügen und zwar auf
Grund der Anordnung der Schmelzfalten, aus -welcher ich die Entstehung der P und
M aus einer entsprechenden Anzahl von Höckern ableiten möchte.
i
sehen von Kra- Fig. 45. Der o. d.I
pina, etwas des Menschen von
vergrößert Krapina mit der
dargestellt, Längsrinne auf der
den Einschnitt vorderen Wurzelan
d. Schneide fläche. Etwas verzeigend.
größert.
Als Ausgangspunkt der menschlichen S c h n e id e z
ä h n e betrachte ich einen einfachen, meißelartigen
schmalen Zahnteil, welcher der Hälfte des Incisiven
entspricht. Die noch nicht in Funktion gestandenen I
’ des Menschen von Krapina zeigen nämlich an der
Schneide außer kleineren Kerbungen, auch fast immer
einen stärkeren mittleren Einschnitt, der insbesondere
bei einem o I 2 (siehe beistehende Abbildung Fig. 44)
an seiner inneren Kronenseite schön sichtbar ist und
da noch mit einer leichten Rinne in Zusammenhang
steht. (Vergleiche noch bei „Dauerzähne, die noch nicht
im Gebrauch waren“, a) und ß) mit den entsprechenden
Figuren.)
Die basalen Höcker zeigen ferner an der Lingualfläche der L und I2 eine Spaltung;
mir erscheint eine solche besonders bemerkenswert, wo dadurch einerseits zwei
und nebenan bloß ein konischer Höcker entstehen. Aber auch jener, von der inneren
Kronenfläche gesonderte Höcker des I2 zeigt oft eine Zweiteilung. (Siehe Fig. 35.)
Die vordere Wurzelfläche zweier oberer Milchincisiven zeigt noch eine sehr
deutliche, der ganzen Wurzellänge nach verlaufende Rinne. (Siehe nebenanstehende
Fig. 45), die ich für den noch sichtbaren Rest der Verschmelzung der einstigen zwei
Zähne betrachte.
Der E c k z a h n entspricht im großen und ganzen den I, nur ist er entsprechend
seiner Funktion zugespitzt. Er besitzt an seiner inneren Kronenfläche eine mittlere
Längsfalte und schwächere seitliche Falten. Die mittlere Falte kann sich verstärken
und sich basalwärts gabeln. Einen derartig beschaffenen Zahn betrachte ich als Einhefe9
als Höcker — der übrigen Zähne, nämlich der B a c k e n - und M a h lz ä h n e .
Demgemäß betrachte ich den o P für eine Verschmelzung zweier C-artiger Zähne,
welche eine gegabelte mittlere und je eine oder zwei, auch drei Seitenfalten besitzen.
Verschmelzen zwei derartige Zähne mit den basalen Partien ihrer gefalteten Flächen,
so entsteht ein Backenzahn. Bei den unteren P ist gewöhnlich der innere, linguale
Höcker schwächer und etwas abseits, während er bei den oberen P wie sein ihm gegenüber
stehender Außenhöcker ausgebildet ist. Die Wurzeln der P verhalten sich entsprechend
der Entstehungsweise dieser Zähne: wir beobachten zwei entweder getrennte
oder durch eine Lamelle verbundene Wurzeln, nämlich die des buccalen und die des
lingualen Höckers. Die Wurzel des Buccalhöckers besitzt oft noch eine sehr deutliche
Längsfurche, also die Verwachsungsfurche der beiden vorderen Zahnelemente (siehe bei. I).
Die Molaren endlich, sowohl die oberen
als unteren betrachte ich als aus 4,5 oder auch
mehreren Höckern entstanden, deren gefalteten
Flächen der Kronen gegeneinander gekehrt sind.
An allen normalen Höckern kann nämlich das uns
bereits wohlbekannte Faltenschema: eine Haupt-
und je eine oder 2— 3 Seitenfalten beobachtet werden
und immer sind diese skulpturierten Zahnseiten
einwärts resp. gegeneinander gekehrt. Alle
Abweichungen von der normalen Gestaltung der
Kronenskulptur hängen mit der Entwickelungsweise
Fig. 46. Zwei etwas vergrößerte obere
P des Homo von Krapina die innere und
die vordere Wurzelfläche mit der Rinne
zeigend.
der einzelnen Höcker zusammen. Sind dieselben
verkümmert oder reduziert, so sind dementsprechend auch die Haupt- und Nebenfalten
dieser Höcker reduziert. Als Beispiele möchte ich auf die Kronen vieler M8 hin-
Zum Schlüsse möchte ich mir erlauben, jene Herren, die im Besitze jugendlicher
Zähne von Anthropomorphen sind, dieselBen auf die Beschaffenheit ‘i l r Zahnwurzeln
aufmerksam | | | machen, denn es werden Sieli, da offenbar ziemliclfÄjci® Anhaltspunkte
in bezug auf die Entwickelung der Zähne, resp. Abhängigkeit der Anzahl der Wurzeln
von der Anzahl der Höcker feststellen lassen.