Die Schmelzfalten des Homo p r im ig e n iu s und ihre BedeuSjJng'
in genetischer Beziehung.
Herr Dr. de T erra sagt in seiner Odontographie auf Seite i88, daß die Schmelz-
runzelung der Krapina-Zähne noch nicht mit denen eines Schimpansen oder Orang-Utan
verglichen werden können. Ich werde in der Folge bestrebt sein, nicht nur den Nachweis,
daß die Schmelzrunzeln der Zähne des Homo von Krapina na ch b es timm ten
S c h em a ten a n g e o rd n e t s in d , zu erbringen, sondern auch zeigen, daß dieselben
in hohem Maße denjenigen an den Zähnen der Anthropomorphen entsprechen. Ferner
wird sich noch von selbst ergeben, daß man den Schmelzfalten an den Zähnen des Homo
von Krapina eine gewisse genetische Bedeutung doch -nicht absprechen kann, wie dies
Herr de T erra gern tun möchte.
Schon aus der bisher gegebenen Beschreibung der Kronenskulptur wurde es
klar, daß sich an allen Zähnen von den I und C an, stets an den einzelnen Höckern
der P und M eine und dieselbe Anordnung der Schmelzfalten wiederholt. Wir sehen
nämlich' immer eine mittlere gegabelte Hauptfalte mit je einer oder ■ zwei oder auch
mehreren Nebenfalten, die sich noch weiter fälteln können, auftreten. — Untersuchen
wir nun die Schmelzfalten der Zähne der Anthropomorphen, z. B. des Schimpansen,
Orang-Utan, so sehen wir ebenfalls von jedem Höcker aus gewisse Faltensysteme aus-
laufen, unter denen wir stets gegabelte Haupt- und Nebenfalten unterscheiden können.
Allerdings sind die Falten an diesen Affenzähnen etwas zahlreicher, insbesondere wegen
der in größerer Anzahl auftretenden sekundären Abzweigungen, die an unseren Zähnen
aus Krapina zumeist nur knotig angedeutet sind. Doch kann ein analoges Schema der
Schmelzfalten-Anlage zwischen den Anthropomorphen und den Menschen von Krapina
durchaus nicht angezweifelt werden.
Es steht mir leider nur ein sehr bescheidenes, diesbezügliches Material zu Gebote
(ein Orang- und ein Schimpansschädel jugendlicher Exemplare und zwei vergrößerte
Photobilder zweier oberen M vom Orang, die mir seinerzeit der verstorbene
Prof. Dr. S elenka schenkte). Aber auch dieses dürftige. Vergleichsmaterial läßt uns
sofort erkennen, daß die Anordnung der Schmelzfalten der Anthropomorphen, ähnlich
wie beim Homofrimigenius, gewissen Schematen unterworfen ist. Bei den vorliegenden
Affenmolaren können wir nämlich Schmelzfalten unterscheiden, die sich in Haupt- und
Nebenfalten sondern lassen. Außerdem treten noch zahlreiche sekundäre Fältchen
auf, die wir aber auch beim Menschen von Krapina dort beobachtet haben, wo z. B.
die hinteren Höcker Zurückbleiben und sich in eine Serie kleiner Fältchen auflösen
(siehe Taf. XIII, Fig. 9). Das Gesagte mögen uns zum Teil die nachfolgenden Ab:
bildungen erläutern.
Daß man den Schmelzfalten oder- Runzeln der Zähne des Menschen von Krapina
doch nicht jede genetische Bedeutung absprechen darf, geht auch indirekt aus den Ausführungen
Herrn Dr. M. S chlossers hervor: S chlosser bespricht in seiner Arbeit:
„Beiträge zur Kenntnis der Säugfetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen“ (Geologische
und paläontol. Abhandl., Jena 1902) auch die Beschaffenheit.der Zahnkronen des_
A B C
u. 1. M, ' . ' 0.1. d. P4 .u. r. d.Pä
Fig: 43. Mehrfach vergrößerte Zähne. A, = des Menschen von Krapina, B und C eines Orang; .alle.rot
angedeuteten Linien sind Haupt- und Nebenfalten.
Homo von Krapina (Seite 8) und sagt wörtlich, daß „die Runzeln viel zahlreicher, die
Höcker aber viel stumpfer und niedriger sind als beim Menschen aus der historischen
Zeit, so daß. eben doch genetische Beziehungen zwischen Anthropodus ’) und Homo nicht
vollständig ausgeschlossen sein dürfte.“ — Wenn also S chlosser eine gewisse genetische
Beziehung zwischen Anthropodus und dem Homo primigenius zugibt, so werden
wir dies doch in einem gewissen Maße auch für die Zähne des letzteren und der An--
thropomorphen, wie wir dies eben erörtert haben, zugeben müssen.
1) — Neopithecus A bel.