B Einleitung.
Von allen Knochen, welche auf ihre innere Architektur hin untersucht und in
Abhandlungen erörtert sind, hat besonders das menschliche F em u r in seinem o b eren
Teile die Aufmerksamkeit der Forscher erregt. Abgesehen von einigen vorhergehenden,
aber ziemlich ungenauen Beschreibungen seiner Struktur verdanken wir bekanntlich
H. Meyer in einer grundlegenden Arbeit über: „Die Architektur der Spongiosa“ (Arch.
für Anatomie und Physiologie, 1867), eine höchst wichtige Mitteilung über die Anordnung
der Spongiosa im coxalen Femurende. H. Meyer hat hier zum ersten Male
ausgesprochen, daß die Spongiosa der meisten Knochen, besonders aber auch des Femur,
in Z u g - und D r u c k k u r v e n angeordnet sei, worauf er von Culmann gelegentlich
eines Vortrages aufmerksam gemacht war. H. Meyer beschreibt demgemäß im oberen
Teile des Oberschenkels „ein großes, Zugkurven entsprechendes Plättchensystem, welches
von dem unter der Fovea capitis gelegenen Teile der Gelenkfläche und aus der unteren
äußeren Hälfte des Kopfes durch den Hals in die Dura der äußeren Seite übergeht.
Mit.diesem durchkreuzt sich ein anderes Plättchensystem, Druckkurven entsprechend,
welches auf der Höhe des kleinen Trochanter aus der Dura der inneren Seite des
Femur hervorgeht und sich gegen den großen Trochanter hinzieht. Mit diesem letzteren
steht in seinem Ursprünge in Kontinuität ein aufwärts steigender Plättchenzug, welcher
in den inneren Teil der oberen Abteilung der Gelenkfläche ausstrahlt und den von
dem Becken gegebenen Druck unmittelbar auf die Dura der inneren Femurseite überträgt“.
v. Meyer verglich mit diesen Zug- und Druckkurven eine Zeichnung des gebogenen
Krahnes, welchen der Mathematiker C ulmann mit Rücksicht auf die Gestalt
des oberen Endes des Femur und den Querschnitt des Halses entwerfen ließ. Er fand
eine „schlagende Ähnlichkeit“ zwischen beiden Konstruktionen. Culmann s e lb s t hat
wiederholt ausgesprochen, daß eine wunderbare Übereinstimmung zwischen der Natur
und den Ergebnissen seiner graphostatischen Untersuchungen vorhanden sei.