Knochenschnitte ausgedehnt. Diese Methode wurde aber erst durch die Einführung
des Platinspiegels in den Röntgen-Röhren brauchbar, weil sie in einer weit größeren
Schärfe Strukturbilder ohne die LoMMELSche Methode der Abblendung vagabundierender
und reflektierter Strahlen gestattet. Die Lommel sehe Methode ist heute nur
für fe in ste Struktur nötig. Die ersten von mir gemachten Aufnahmen wurden
nach Präparaten Beneckes in der Festschrift der Naturforscherversammlung 1897 veröffentlicht
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Ich habe im Laufe der Jahre sehr viele Knochen menschlicher und tierischer
Herkunft vergleichend nach, dieser, aber auch nach der älteren Methode aufgenommen
und dabei gefunden, daß die in dem Gewebe auftretenden Trajektorien w e i t a u s
am besten durch Röntgenstrahlen zur Darstellung gebracht werden. Selbst dickere
Knochenschnitte als diejenigen, welche zur Darstellung der Spongiosabilder W olffs,
v. Bardelebens u. a. angefertigt werden mußten, um zur Photographie im auffallenden
Lichte zu genügen, sind zur Aufnahme mit Röntgenstrahlen sehr geeignet. Diese
Methode zeigt ferner weit besser die w i r k l i c h e Größe und Stärke der Knochen-
bälkchen. Ebenso kann sie für dickere Schnitte, bei welchen von der zarten Spongiosa
nichts verloren gehen soll, wie auch für Schnitte aus ganz frischen Präparaten auf das
vorteilhafteste verwandt werden. Es wird bekanntlich bei einer Röntgenaufnahme nur
die anorganische und nicht die trotz aller Maceration immer noch anhaftende organische
Substanz wiedergegeben. Die Stellung der Bälkchen zueinander wird genauer definiert.
Selbst die kompakte Substanz wird häufig noch in einzelne Bälkchen zerlegt, während
Fournierschnitte, im auffallenden Lichte photographiert, dabei versagen. Auch W olff
hat im Jahre 1900 die Aufnahme von Fournierschnitten mittelst Röntgenstrahlen in der
Berliner klinischen Wochenschrift empfohlen und „überraschend schöne und eigenartige
Bilder der normalen und abnormen Knochenarchitektur", erhalten. (Da W olff hierbei
die BENEKESche Arbeit, in welcher die ersten Röntgenbilder der Spongiosa enthalten
sind, nicht erwähnt und der BENEKESche Aufsatz kaum in weitere Kreise gedrungen
ist, so möchte ich hier für Beneke und mich die Priorität der ersten Ausführung von
Röntgenaufnahmen der Knochenarchitektur auch für Fournierschnitte gegenüber W olff
feststellen.) Die Röntgenaufnahmen zeigen also, allgemein ausgedrückt, weit besser die
q u a n t i ta t iv e n Verhältnisse der Bauelemente als die Aufnahmen bei auffallendem
Lichte. Gerade die q u a n t i ta t iv e n Unterschiede in der strukturellen Anlage und
damit in der Widerstandsfähigkeit gegen eine Belastung erfordern bei einer entsprechenden
Abwägung der wirkenden Kräfte die genaueste Berücksichtigung ganz besonders,
1) Siehe dort dessen Aufsatz: Zur Lehre von der Spondylitis deformans.
wenn es sich um eine vergleichende Beurteilung der funktionellen Gestalt handelt, welche
verwandte Tiergattungen besitzen.
Einen eminenten Vorteil hat die Radiographie aber noch vor allen bisher angewendeten
Methoden. Man kann mittelst derselben g a n z e Knochen auf ihren Inhalt
an Knochenbälkchen untersuchen, und erhält auf diese Weise wertvolle Übersichtsbilder
über die G e sam t Struktur und ihre allgemeine Lage. Solche Bilder geben die
Möglichkeit, wieder Spezialuntersuchungen durch Anlage der sichtbar besten Schnittrichtung
zu machen, wenn es sich um die Darstellung der feineren Strukturen handelt.
Anderseits ist aber durch die Röntgenaufnahme der Struktur ganzer Knochen zum
ersten Male die Möglichkeit gegeben, die seltenen Objekte, welche uns die Vorzeit in
Gestalt prähistorischer Knochenreste hinterlassen hat, in bezug auf ihre Struktur und
damit auf ihre funktionelle Beanspruchung zu prüfen und mit den Knochen des heutigen
Menschen zu vergleichen. Dadurch ist es für die Anthropologie und im weiteren Sinne
für die Zoologie und Paläontologie erst möglich, eine etwaige Abänderung der Formen
genetisch zu untersuchen, ohne daß man kostbare Funde des prähistorischen Menschen
zu zerschneiden braucht. Endlich lassen sich auf Grund von Radiogrammen ganzer
Knochen die Fortsetzung der Trajektorien von dem einen zum anderen Knochen viel
leichter als durch die Schnittmethode konstatieren. Infolge' dieser hervorragenden
Eigenschaften ist die Radiographie a l l e in im stände, eine Lehre von der funktionellen
Gestalt des Skelettes für die Anthropologie zu schaffen.
Das A u fn a hm e v e r fa h r e n von Strukturen mittelst Röntgenstrahlen ist besonders
bei ganzen Knochen eine Sache großer Übung und nur durch die Praxis zu
erlernen. Zu berücksichtigen sind dabei folgende Punkte: Knochenschnitte haben am
besten eine Stärke von 1—3 mm und möglichst ebene und parallele Schnittflächen.
Die Röntgenröhren sollen für Strukturaufnahmen technisch richtig konstruiert und
„w e ic h " sein. Der Abstand vom Objekt muß wenigstens 30 cm, bei ganzen und
größeren Knochen aber mindestens 50 cm betragen. Es darf n ic h t mit starken Strömen
gearbeitet werden, die Expositionszeit muß deshalb eine lange und reichliche sein. Die
Röntgenaufnahme von Strukturen verhält sich in ihrem Ausfall wie die Kopie eines
Negativs auf Papier im diffusen und im Sonnenlicht. Im letzteren Falle gehen durch
die Intensität der Strählen, resp. durch ihr Durchdringungsvermögen viele feinste Einzelheiten
verloren. Die Röntgenröhren mit gewöhnlichem Platinspiegel lassen für längere
Zeit keine intensiven Ströme zu. Einfache Röhren sind deshalb für Strukturaufnahmen
im allgemeinen besser wie solche mit Kühlung. Die Expositionsdauer anzugeben ist
unmöglich. Sie richtet sich hauptsächlich nach der Intensität der erzeugten Strahlen.
Ich habe manche Oberschenkelknochen 8 bis 10 Minuten mit dem Turbinenunterbrecher