Kinnbildung kommen. Bei den Anthropomorphen verblieb letzterer Zustand stationär,
beim Menschen aber kam es allmählich zur Kinnbildung, gerade wegen des Eingehens
der Kieferprognathie und der Reduktion der Zahn-Zahl und Größe.
Auch die innere Seite der Unterkieferbasis an der Symphysis ist an unseren
Krapina-Kiefern bemerkenswert; es sind noch die beiden hinteren Ecken der Kieferhälften
durch einen Einschnitt getrennt (Kiefer G.) In diesem 4,4 mm breiten, ziemlich
scharfen Einschnitt, liegen die Anheftungsstellen der Muse, geniohyoidei. Offenbar haben
die Össicula mentalia an diesem Unterkiefer noch nicht gehörig die hintere Spalte zwischen
beiden Kieferhälften ausgefüllt, jedenfalls weniger, als an der vorderen Seite, wo, wie
wir dies bereits gesehen haben, nur mehr eine leichte Einsenkung die Verschmelzung
beider Äste andeutet. — An unserem E-Kiefer, an welchem die vordere Fuge noch so
kenntlich is t, ist die innere wohl auch noch bemerkbar, doch nicht mehr so deutlich,
wie am G-Kiefer. Sehr scharf ist die Grube für den M. geniohyoideus am F-Kiefer
wahrnehmbar.
Mit der Verwachsung der beiden Unterkieferäste steht eine weitere bei den
Krapina-Kiefern zu beobachtende Tatsache im direkten Zusammenhänge, die nämlich,
daß sämtliche Unterkiefer vom Buge der Basis unter dem Eckzähne zur Symphyse
hin schmäler werden, und daß sie am schwächstengerade an der F u g e z wischen beiden
Ästen erscheinen, also dort, wo die Kinnknöchelchen noch nicht.jene Kieferpartie mit
der Knochensubstanz überkleideten.
Die Spina mentalis interna am Unterkiefer des Homo p r im i -
g e n iu s .
Vergleiche: „Der paläolithische Mensch aus dem Diluvium von Krapina. . . " IV. Teil. 1905. pg. 222.
Im genannten Hefte meiner Untersuchungen über den fossilen Menschen aus
Krapina habe ich gezeigt, wie die Spina mentalis bereits an den ältesten diluvialen
Kiefern im Entstehen begriffen, jedoch noch von einer mehr weniger ausgesprochenen
Grube umgeben ist, welch letztere mit der stärkeren Entwickelung der Spina verschwindet.
Während also bei den Anthropomorphen und offenbar auch den unmittelbaren
Vorfahren des altdiluvialen Menschen die Muse, genioglossi bloß in einer Grube
fixiert waren, sehen wir bereits bei den altdiluvialen Menschen in. jener Einsenkung
allmählich ein der Spina mentalis entsprechendes Gebilde in Form von paarigen, knapp
unter dem Gefäßloch liegenden rauhen, mehr weniger deutlichen Erhebungen sich heranbilden,
die zuletzt beim rezenten Menschen in die eigentliche Spina übergehen, wobei
auch gleichzeitig jene Einsenkung — wie gesagt — verschwindet. Die altdiluvialen
Kiefer also zeigen uns recht deutlich Übergangsstadien von jener pithekoiden Grube,
zu der menschlichen Spina mentalis interna, die sich oft noch an jüngeren (neolithischen
als auch rezenten) Kiefern wiederholen.
In derselben Schrift habe ich ferner eines männlichen Unterkiefers eines 1V2-
jährigen Kindes Erwähnung getan, an welchem die Spina mentalis noch nicht entwickelt
ist und an ihrer Stelle bloß rauhe Vertiefungen sichtbar sind. Besonders instruktiv war,
bezüglich der Entwickelung der Spina, ein neolithischer aus Babska in Slavonien stammender
Unterkiefer, an welchem jene Vertiefungen für die Insertion des Genioglossus
durch einen dazwischen stehenden Wulst getrennt erscheinen und uns damit Verhältnisse
zeigte, wie man sie fast genau so an einigen Unterkiefern von Krapina und Spy I
sieht. Kurz ich zeigte, wie die Spina der altdiluvialen Menschen erst im Begriffe stand,
sieh heranzubilden und wie man alle diese Stadien ihrer Heranbildung auch an rezenten
und neolithischen Kiefern ,in sehr ähnlicher Weise beobachten kann.
Prof. Dr. C. T o l d t hat in seiner bereits erwähnten Schrift „Die Össicula mentalia
und ihre Bedeutung . . .“ im selben Jahre als. auch meine diesbezüglichen Untersuchungen
erschienen, ebenfalls der Entwickelung der Spina mentalis gedacht. T o ld t
sagt, (Seite 34) „die Ursprungstelle des M. genioglossus wird bei der großen Mehrzahl der
reifen Neugeborenen und sehr häufig auch noch bei Kindern aüs den ersten Lebensjahren
an jeder Kieferhälfte nicht durch eine Spina, sondern durch ein annähernd kreisrundes,
ein wenig vertieftes, rauhes Knochenfeld bezeichnet. Genau derselbe Zustand
findet sich an den bekannten diluvialen Unterkiefern eines Erwachsenen von L a N a u -
l e t t e , ist aber an ausgewachsenen Schädeln unseres Seziersaalmateriales nur ziemlich
selten zu sehen ; hingegen ist es für den Unterkiefer jüngerer anthropoider Affen sehr
charakteristisch." Noch sagt etwas weiter unten T o l d t : „es besteht dann schon beim
Neugeborenen an der Ursprungsstelle des M. genioglossus ein ganz beträchtlicher stumpfer
Höcker als Vorläufer des oberen Abschnittes der bleibenden Spina mentalis.“ — Allé
diese Übergangstadien habe ich auch bildlich, teils an fossilen, teils an neolithischen
Materialen vo'rgebracht s o , daß eine allmähliche Heranbildung der Spina mentalis aus
einer ■— wie ich mit B aume sagte — sublingualen Exkavation der Anthropoiden, klar
d a r g e le g t ..w u rd e .I c h möchte bloß noch das Beweismaterial dazu um einige neu