er ergriffen hatte und festhielt, abzulösen, dafs er mehr Kraft
besafs, als ich diesem kleinen Thiere anfangs zugetraut hatte.
Einige Zeit darauf kamen die Hm. von K ru s en s te rn und H.
auf mein Zimmer, wunderten sich über meine gemischte Gesellschaft,
die zuletzt noch durch einen geistvollen jungen biedern
Franzosen, den H. S a le s le , vermehrt wurde, und alle unterstützten
mich, so viel es möglich war, In der Fortsetzung meiner
Zeichnung. Sie beschäftigten sich mit dem Affen, um ihn
nur einigefmafsen in der angefangnen Stellung zu erhalten, und
seine Aufmerksamkeit zu fixiren. Der Affe fand an der gestickten
Uniform des erstem, und an dem gepuderten Haar des letztem
gar mancherley zu untersuchen, was seine Aufmerksamkeit
wieder auf einige Minuten fesselte, und so gelang es mir endlich,
die wenigen Stellungen von ihm zusammen zu bringen, die ich hier
mittheile (Atlas Tab.CIV.). Sollten sie und die beygefügten Bemerkungen
meine naturkundigen Leser nicht ganz befriedigen, so bitte
ich, die Hindernisse der Vollendung, mit denen ich dort und hier zu
kämpfen hatte, zu berücksichtigen, bevor sie mich verurtheilen.
Der ostindische Orang-Utang oder Jocko von Borneo ist allerdings
ein sehr menschenähnliches Thier , sein Kopf aber bildet
eine Fratze oder eine menschliche Mifsgestalt. Der gegenwärtige
war sehr klein , ohngefähr von der Gröfse eines 3 oder
4jährigen Kindes , es war ein Weibchen und schien noch sehr
jung zu seyn; seine Glieder waren mager, aber der Bäuch war
dick, der ganze Leib, einige Theile des Gesichts und der 4 Hände
ausgenommen, war mit braunrothen Haaren bewachsen. Er
hatte einen etwas gebogenen Rücken, wie ein buckeliger Mensch
und einen kurzen Hals, seine Schlüsselbeine aber waren lang,
und daher safs ihm der Kopf tief zwischen den Schultern.
Unser Affe hatte weit mehr Ernst und Ruhe in seinem Betragen
als andere Affen, ja er hatte sogar ein trauriges, mifsver-
gnügtes, altes und gebrechliches Ansehen, jedoch war eine auffallende
Neugier , welche sich darunter mischte , bey dem alleu
nicht zu verkennen. Er untersuchte alles sehr genau, und trug
die Gallischen Observationsorgane auffallend gross an seiner Stirne.
Die Zeichnungen, die mir in China in den vorhandenen naturhistorischen
Werken von seiner Figur zu Gebote ständen, wurden
nach der Natur verglichen und unnatürlich befunden, alle
Anwesende waren darin einverstanden; so, dafs ich zweifelte, ob
ich auch wirklich das beschriebene Thier vor mir hätte, zumal,
da ich auf allen Daumen Nägel fand, die Camper wegläugnet.
Indessen stimmte das übrige doch so ziemlich überein, und ich
entschlofs mich also, um die noch vorhandenen Zweifel in der
Folge zu lösen, neue Abbildungen und Beschreibungen von dem
Thiere, das ich vor mir hatte, zu entwerfen: L in n é *), Hoppius
**), B u ffo n ***), Brisson ****) und mehrere andere,
welche vom Ostindischen Orang-Outang *****) geschrieben haben,
hatten das Thier nie selbst gesehen, und ihm alle Eigenschaften
des Afrikanischen Affen beygelegt. Edwards ist der einzige,
*) L in n . Sy&t* Natur, und Amoenitates Academicae Tom. VI, 1764.
**) H o p p iu s diss. de Anthropomorpliis.
B u f fo n (histoire naturelle générale et particulaire avec la description
du Cabinet du Roi. Tom. X IV . pag. 4^)- d u r ch T u l p i u s verführt, hielt
den grossen afrikanischen Affen von Angola und Guinea für den Orang-
Outang. Den wahren ostindischen Orang Outang hatte er selbst nie
gesehen.
**#*) B r is s o .n quadrup. 13 4 ■
Das W o r t , Orang-Outang hat seinen Ursprung nirgends anders, als
auf Borneo erhalten, so nannten die Insulaner zuerst unsern Affen: das
maleyische W o r t Orang Outang bedeutet Waldmensch.