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dass rheumatische Schmerzen in der Hitze viel heftiger waren als
in kälteren Gegenden. Wie wir uns Nukahiwa näherten, nahm die
Hitze zu und mit ihr die Diarrhöen; sie hielten auch während
unsers Aufenthalts auf der Insel an, die Cocosmilch war aber, wie
ich genau beobachtet habe, ganz unschuldig. Ein fünfzig jähriger,
schwächlicher und öfters kränkelnder Mann, der aber nicht zur
Equipage des Schiffs gehörte, hatte abwechselnd bald fliessende
Hämorrhoiden, bald einen Durchfall, der ihn sehr angriff; er
trank während seines Durchfalls Cocosmilch; der Durchfall hörte
auf und er befand sich eine Zeit wohl. Den andern Taff O
nach unserer Ankunft fuhren wir ans Land, es war da entsetzlich
heiss, ich glaube gewiss 3o° (über den Gefrierpunkt nach Reau-
mur.) Schade dass wir keinen Thermometer mit hatten. Den
Nachmittag waren wir wieder auf dem Schiff; wie wir eben Thee
tranken, wurden wir nicht wenig' erschreckt, da der Hofrath
Fosseh mit einem Geschrey niedersank und einen heftigen epileptischen
Anfall bekam ; er hatte sich auf dem Lande sehr
erhitzt. Wie er sich vom Paröxismus wieder erholte, klagte er
über Kopfschmerzen, Uebligkeit und bittern Geschmack im
Munde; auf ein Brechmittel brach er viel Galle aus .und der
Kopf wurde ihm leichter. Nachdem hatte er noch mehrere Anfälle,
deren einige sehr heftig waren, er zerbiss sich die Zunge, der
blutige Schaum stand ihm vor dem Munde, der Urin floss
unwillkührlich. Er musste sich aller hitzigen Getränke enthalten,
bekam kühlende Mittel, kühlendes Getränk, Tamarinden mit
Selzerwasser, zuletzt China. Hiedurch wurde er ganz hergestellt,
so dass er, ob' er gleich noch vollkommen ein Jahr mit uns
zusammen blieb, doch nie den geringsten Anfall wieder
bekam.
U M D I E W E L T . *97
Es war ein Glück, dass der Kapitain verboten hatte, alles
Geflügel zu schlachten, denn wir bekamen in Nukahiwa nicht
die Erfrischungen, auf die wir gehofft hatten, nur vier kleine
Ferkel und gar keine Hühner; diese Vorsicht kam unsern Kranken
sehr zu statten. Was wir an Brodfrucht, Cocosnüssen, Bananen
und Tarro (Arum esculentum L) bekamen, war nur hinreichend
zur Erfrischung während unsers Aufenthalts daselbst, aber
zur Provision auf die Reise hatten wir eigentlich ausSer dem
Wasser nichts.
Niemand wurde in Nukahiwa arjgesteckt, obgleich diese
Insel mit eben dem Rechte als O Taheite I le de Cithere, heissen
könte: so nannte bekanntlich Bouga inv i l le letztere ehe er ihren
wahren Namen erfuhr.
Reise von Nukahiwa nach Kamtschatka.
In die Suppe, die jetzt auf dem Schiffe gekocht wurde, und
die sowohl für die Officiers als für die Mannschaft war, kamen
nun Bouillon Tafeln; da jedoch der Vorrath davon nicht sehr ansehnlich
war, und man also nicht so viel hineinthun konnte
um eine kräftige Suppe zu haben: so ersetzte die Salapwur-
zel, mit der wir reichlich versehen waren, diesen Mangel; die
Suppe wurde durch den Zusatz der Salapwurzel sehr nahrhaft. Salzfleischwar
das andere Gericht1'): frischös Fleisch bekam von nun
*) W en n H. v . K r u s e n s t e r n sagt, dass das Salzfleisch, besonders das
in Petersburg eingesalzene, sich während der ganzen Reise vollkommen
gut erhalten habe, so heisst das, es w a r so gut als nur nach den
Umständen möglich war; denn Salzfleisch, das schon ü b e r ein Jahr alt
ist, und mehrere Monate hinter einander in einer Temperatur von
wenigstens 20 Grad W a rm e nach Reaumür gestanden hat, das kann
man immer schon ziemlich weit riechen. Ich muss von m ir selbst
gestehen, dass ich oft einen unüberwindlichen Eckel da v o r gehabt habe*