•entstellt instinktmässig ein heftiges Verlangen darnach; ist man
■ so glücklich dieses Verlangen befriedigen zu können, so.fühlt man
sich auf die angenehmste Art erquickt. In keiner 'Krankheit leitet
wohl der Instinkt so richtig als im'Scorbut: Obst, Gemüse, frisches
Fleisch, werden von Seefahrern, die nach langen Reisen
irgendwo landen, mit Begierde gleichsam verschlungen, sie; sind
ihnen aber auch die vortreflichste Arzeney. Auch die Landluft,
nach der man sich auf der See soi sehr sehnt, erquickt ungemein.
Man hat zwar behaupten wollen, die Seeluft sey wenigstens
eben so gesund als die Landluft, indem sie noch mehr
Sauerstoff Gas enthalte. Ich will diesem nicht widersprechen,
da wir darüber keine Versuche gemacht haben, wir hatten keinen
Eudiometer mit uns1; so viel will ich. nur anmerken, dass
der Seeluft die Theile fehlen, die der Landluft von Bäumen,
Gräsern und von der Erde selbst initgetheilt werden. Wie angenehm
diese sind, fühlt man im Frühjahr wenn die Erde auf-
thaut, die Bäume ausschlagen und das Gras zu wachsen anfängt,
Durch den beständigen Genuss sind hernach unsere Sinne schon
abgestumpft, wir merken es nicht mehr; der Seefahrer hingegen
riecht die Landluft auf mehrere Meilen. Dieses: ist keine Ueber-
treibung, es ist buchstäblich wahr. An den Küsten von Sachalin
haben wir drey bist vier > Meilern :*) in der See die balsamischen
Ausdünstungen des Nadelholzes, womit die Küste bewachsen
war, sehr merklich riechen können. Die Luft im Winter,
da die Erde gefroren und mitr Schnee bedeckt ist, die Bäume
erstarrt sind, kommt ohngefähr der Seeluft gleich; daher auch
in vielen Gegenden der S&orbut im Winter, besonders wenn noch
*) Na tü r lich ’slüa lii^r kleine'Seeiifeiielr verbanden, 60 auf einen Grad.
schlechte Nahrung dabey. ist, sich einzustellen pflegt, wie .zum
Beispiel in Ochotsk. alle Jahr der Fäll ist; im Frühjahr genesen
die Kranken wieder, wozu die frische Nahrung, und der Bärenknoblauch
(Tscheremscha) wohl sehr vieles beytragen; aber gewiss
hilft auch die Frühlingsluft die Genesung beschleunigen. Wenn
man sorgt, dass die Speisen, schmackhaft sind, so ist auch das
eine Maasregel gegen den Scorbuf. Unsere Mannschaft bekam
zu ihrem • Selzfleisch Essig und Senf, gewiss hat das seinen sehr
guten Nutzen gehabt; ■.•aber ich glaube eben so sehr deswegen,
weil ihnen das alte Salzfleisch, das doch immer einen kleinen
Geruch hatte, in dieser Art besser schmeckte, und sietes ohne
Widerwillen gemessen konnten, als wegen der antiscorbutischen
Kräfte des Essigs und des Senfs.
Dass gewisse Speisen i dadurch, dass sie unverdaulich f sind,
zur Entstehung des Scorbuts beitragen, ist unwidersprechlich. Van-
couver. erzählt, dass so oft seine Mannschaft von dem obenschwim-
menden und abgeschäumten Fett des gekochten Salzfleisehes ass,
sich auch gleich immer der Scorbut zeigte. Kapitain Knu-
sEr?stern befahl dem Koch, das Salzfleisch nicht in der Suppe,
sondern in einem andern Kessel durch Dampf zü kochen: hier1
durch wurde vermieden, :dass das alte schmierige und ranzige
Fett, welches immer sehr schwer zu verdauen ist, dié Suppe verunreinigte;
sie wurde durch diese Vorsicht offenbar gesunder.,
Unsere Wasserfässer waren inwendig verkohlt, dieser Maasregel
hatten wir es zu verdanken, dass das Wasser auf der Na-
deshda besser war, als es gewöhnlich auf Schiffen zu seyn pflegt.
Im Peter Pauls Hafen lebten wir die erste Zeit von lauter
Fischen, ein Paar wilde Schafe ausgenommen, deren Fleisch
ganz vorzüglich wohlschmeckend ist, das Bären-Flei'sch war
*