lieh Reizmittel und keine Blutausleerungen zu erfordern. Dass
mein Raisonnement nun ganz unfehlbar sey, davon war ich
selbst nicht völlig überzeugt; nicht ohne Unruhe also verordnete
ich Kampferpulver und Portwein, ich hatte mir auch vorgenommen,
wenn dieses fehlschlüge, zum Moschus meine Zuflucht zu
nehmen, aber schon den Nachmittag befand der Patient sich
besser.
Den andern Tag bekam er Portwein und Punsch, und diese
Mittel schlugen so vortrefflich an, dass wie wir in St. Helena
ankamen, unser lustiger Kurgounov vollkommen wieder hergestellt
war. Auf der Reise von , St. Helena nach Kopenhagen
hatte er wieder einen ähnlichen aber viel schwachem Zufall,
dabey war er ganz hypochondrisch und weinte, Portwein und
Punsch zeigten sich hier wieder wirksam. Mehrere Aerzte und
Reisende haben den Gebrauch des Quecksilbers in der heissen
Zone als besonders gefährlich geschildert; ich habe ihn in allen
Breiten gegeben, nicht nur in syphilitschen Krankheiten, sondern
wo ich ihn auch sonst für dienlich gehalten habe, aber immer
ohne Nachtheil, wenn man nur sonst alle Vorsicht beobachtet;
so viel habe ich bemerkt, dass wenn man lange auf der See
gewesen ist, > das Mittel viel geschwinder auf die Speicheldrüseu
wirkt. Zu dieser Bemerkung finde ich mich hier besonders deswegen
veranlasst, weil ich auf der Fahrt von China nach St.
Helena so oft den Mercurius angewandt habe.
Die Insel St. Helena scheint die gütige Vorsehung in das
inselleere südliche Atlantische Meer gleichsam so einzeln hingeworfen
zu haben, um die armen Seefahrer, die aus dem Indian-
schen Ocean kommen, und nicht das Glück hatten am Vorge-
bürge der guten Hoffnung zu landen, einigermaassen zu trösten.
Auch wir bedurften dieses Trostes; wir sahen das Cap wie Moses
das gelobte Land, mussten aber vorbeysegeln, weil die
Jahreszeit zu spät war.
-Lange Seereisen machen den Körper äusserst reizbar, das
ewige Einerley wird einem endlich sehr zuwider, die Gemüther
werden ganz verstimmt; wenn man über eine noch so unbedeutende
Kleinigkeit disputirt, so geschieht es gleich mit Heftigkeit,
oft mit Erbitterung; man behält wegen nichts einen Groll,
mault hernach und spricht in acht Tagen mit einander nicht
ein Wort. Aber wenn man wieder ans Land kommt, so ist
aller Groll vergessen, man lächelt sich an, spricht freundlich
mit einander, theilt sich wechselsweise seine Bemerkungen mit,
geniesst alles doppelt, weil die lieben Reisegefährten Theil daran
nehmen. In keinem Landungsplätze waren wir so froh als in
St. Helena; denn obgleich die Insel nur ein Felsen ist, der Anblick
abschreckend und nichts versprechend, so wurden wir doch,
wie wir in James Town ankamen, auf die angenehmste Weise
überrascht. Wir fanden eine niedliche äusserst reinliche kleine
Stadt, die Einwohner freundlich und zuvorkommend, sie schienen
so ruhig so glücklich zu seyn, man sah wohlgebidetes junges
Frauenzimmer in weissen Kleidern; liebenswürdige reinlich
gekleidete kleine Kinder machten den angenehmsten Eindruck;
das schöne Wetter, die himmlisch milde Abendluft, erhöhte noch
den Genuss, alles erschien irr einem schönen Lichte. Als es
dunkel war hörte man in mehrern Häusern die jungen Damen
singen, ein Flügel begleitete den Gesang: wie sehr contrastirte
dieses alles mit China, Japan und Kamtschatka! Wir schienen
in eine Zauberwelt versetzt. Je fröhlicher wir gestimmt
so schmerzhafter war waren , um es uns, da wir durch