heben: 20 Gran Ipecacuanha wirkte nicht, 2 Gran Brechweinstein
auch nicht, 8 Gran Zinekblumen eben so wenig, endlich
i 5 Gran weisser Vitriol ebenfalls nicht; die letzten zwey Mittel
gab ich, weil ich nicht auf den Stuhl wirken wollte.
Ich sah nun ein, dass ich nur den Patienten vergeblich quälen
würde, denn Uebligkeiten spürte er sehr stark; sah dass, das,
was man Turgescenz zum Brechen nennt, bey ihm gar nicht Statt
fand, sondern vielmehr der umgekehrte Zustand, nämlich die Kräfte
dereins;augenden Gefässe in den ersten Wegen waren prädorninirend.
An einem schönen Abend kamen wir in Kronstadt an; auf
den vor Anker liegenden Kriegsschiffen, bey denen wir vorbey mussten,
üusserte man seine Freude und seinen Beifall, dass die
NadeshdaJ glücklich zurückkehrte, Die genaueren Bekannten
riefen ihre Freunde auf der Nadeshda bey Namen: bist du
da? hiess es; ja, hier bin ich, war die Antwort. Nur einer antwortete
nicht, er allein fehlte, ,er .lag in St. Helena begraben.
Die Rückerinrierung an diese unglückliche Begebenheit hinderte
unsere Freude, ganz rein zu seyn.
Unsere Mannschaft war nicht bloss gesund, sie befand sich
sogar in einem Zustande blühender Gesundheit; *) wenn sie auch
noch von der tropischen Sonne etwas geschwärzt war, so sah
man doch, dass hauptsächlich frisches Blut ihre Wangen röthete;
die meisten hatten auf der Reise zugenommen, ganz Kronstadt
*) Um ja der W a h rh e it recht treu zu bleiben, muss ich gestehen, dass
der Untèrschiffer, ein äusserst ordentlicher Mann, doch'zuletzt kränklic
h wurde, und in diesem Zustande in Kronstadt ankam, rheumatische
r Schmerzen im Kopfe waren sein Hauptübel; ich hoffe, das es sich h e r nach
mit ihm gebessert hat.
U M D I E W iE L T. s3r
und recht viele Einwohner - von S. Petersburg sind Zeugen, wie
vortheilhaft sie sich ausnahmen, wenn sie auf der Nadeshda in
Parade standen.
Man sieht aus dieser kurzen Erzählung, wo ich nur das, was
mir das; Merkwürdigste'geschienen hat, aufgenommen habe, dass
die Mannschaft, ‘öhne Kronstadt zu verlassen, den nämlichen oder
noch schlimmem Zufällen in den drey Jahren sehr leicht hätte
können ausgesetzt -gewesen seyn. Arzeney Mittel waren es
gewiss nicht, die die Gesundheit so erhielten, dass gefährliche
Krankheiten fast gar nicht vorkamen *); sondern die Sorgfalt,
mit der alles Schädliche vermieden, und keine Gelegenheit versäumt
wurde, uns die nöthigen Erfrischungen zu verschaffen,
wenn nur welche zu haben waren. Man hat aus dem Beyspiele
des Scorbutischen gesehen, wie nichts gespart wurde um ihn zu
retten: wäre der Kapitain selbst in seinem Falle gewesen, man
hätte nicht mehr thun können. Er allein bekam fast unsern
ganzen Vorrath yon Citronensaft, der Kapitain gab seinen eignen
vortrefflichen Madera her, ob er gleich nur eine geringe Anzahl
von Bouteillen hatte; wir hatten ja auch sonst noch guten
Wein, aber .er musste von dem allerbesten bekommen. Was
noch das Kostbarste war, er bekam fast täglich frisches rleisch,
und das zu einer Zeit, als wir daran den grössten Mangel hat-
*) Selbst v iele Kranke bekamen keine Medizin, sondern wurden nur d u r c h
gute Pflege gesund. Es befallen öfters Matrosen, die durch A rbeit und
nasse "Witterung erschöpft sind: sie klagen über Müdigkeit, alle G lie der
thun ihnen wehe, sie haben keinen Appetit. Ich Habe keine andere
Indication da gefunden als Ruhe, sie mussten sich legen, bekamen
T h e e mit W e in , oder einem sauren Safte, wie sie es wünschten;
den andern Tag war es schon besser mit ihnen, den dritten Tag hatten,
sie schon Appetit, und eine kräftige Suppe und frisches Fleisch
stellte sie vollkommen her.