Charakteristik des Genus.
Wenn die geringen Kenntnisse, die wir bisher von den verschiedenen
Arten der Seeblasen erlangt haben, diesen Ausdruck
erlauben, oder hinlänglich sind, etwas Allgemeines über den Begriff,
den wir bis jetzt von diesen Thieren haben können, zu
sagen; so ist es ohngefähr folgendes: die Brownischen Ärethu-
sen oder Seeblasen und die Forskalschen Physsophoren. sind
animalia ((pvtrtcüf^evx . vel t; A r-ylÜ% ^ ) inflata, bullosa, tumidä,
aëre distenta, hydrostatica, d. i. blasenartige durch eingesperrte Luft
auf der Oberfläche des Meeres gehaltene Thiere. Es gibt nur,
so viel ich bis jetzt erfahren habe, 2 Genera, welche unter diese
Ober-Abtheilung gehören, nämlich die Physaliden und Physsö-
phoren, wenn man nicht etwa auch das kleine Schaalthief, den
Seevielfrafs (Bulimos), dessen Skelet die kleine Purpurschnecke
Helix Janthina ist, etwas gewaltsam dahin ziehen will. Die Physaliden
haben nur eine Blase, die Physsophoren aber mehrere,
wodurch derselbe Zweck erreicht wird. Es sind hydrostatische
Blasen, wie die Cartesianischen Teufelchen. Die Velellen, Por-
piten. und Salpen schwimmen zwar auch durch/Hülfe eines
beträchtlichen Vorraths von eingeschlossener Luft, an der Oberfläche
des Meeres, aber es sind keine blasenartige Thiere. Die
Velelle hat ein zelliges Knorpelschild, und ein ähnliches senkrechtes
knorpeliges Seegel auf demselben, welche sehr lufthaltig
sind; bey der Porpita sind die zelligen Luftbehälter von steini*)
(broTi/iara a (pv<Tccü) inflo, inde (pv&cthis physalis, bulla in aquis nascens
ét mitójji(pókoyü'fisv/X.
**) A 'XCfj.tpchri!' bulla et os a 'itéfj.ïptj* flatus.
ger Substanz, und die Salpen sind Knorpelscheiden, in welchen
sich die Luftblasen aus ihren häutigen Eingeweiden entwickeln.
Uebrigens sind aber auch alle diese Thiere ihrer thierischen
Oekonomie zufolge sehr'verschieden. Die Physaliden sind wahre
animalia polyostomata * *), wie die Polypen oder .niedern Familien
der Pflanzenthiere, von denen sie übrigens durch Gestalt,
Einrichtung | Mannigfaltigkeit der Mittel und Zwecke, Mannigfaltigkeit
der Bewegungen und vollkommene Freyheit und
Herrschaft auf der Oberfläche des Meeres auffallend genug abweichen;
das willkührliche Aufsuchen der Beute, die sich den
vielmäuligen Pflanzen thieren von selbst darbietet ; das besondere
Sondiren . und Nachstellen mittelst der Fänger ; das Ergreifen
, Verbrennen , Betäuben oder Erstarren der lebendigen
Thiere,' die ihnen zur Beute werden; das Aufspannen eines Seegels,
die Richtung der Blase nach dem Winde, ihre mannigfaltigen
Bewegungen, das willkührliche Abwerfen der Glieder: alles
diess geht weit über die Fähigkeiten einer Seefeder, eines Vere-
till’s oder Meerchampignon’s, und zeigt nur zu deutlich, dafs eine
Seeblase — nichts weniger als ein Zoophyt ist. Wer ein solches
Thier lebendig gesehen hat, kann nichts pflanzenähnliches darin
bemerkt haben, und- wird auch gewifs kein Pflanzenthier darin
suchen. Pflanzenthiere (Zoophyta) sind Thiere in einer pflanzenähnlichen
Gestalt. Das Einsaugen der Nahrung durch zahlreiche
*) Ex Ttokvs multus, et vo/ita os. Polyostoma, ein vielmäuliges Thier, eine
Hyder; ein Polyp, beyde Worte sind jedoch ebenfalls etymologisch
unrichtig: iltya heifst eigentlich eine Wasserschlange; von vScap aqua-
und diesehatnur e in en Kopf, itoKvitns ein Vielfufs, - (Sepia octopo-
dia V. g- ) ex itokus multus , et 718? pes, hat ebenfalls nur einen Kopf;
um ein vielköpfiges Thier aüszudriioken, müfste es heissen TtoXvxcigavoi,
ex itoKvg multus et xagavov caput, oder polypharynx.