haben soll. Auch bey unserer Mannschaft waren Schnupfen,
Husten , Hals - Ohren - und Brustschmerzen häufig, doch immer
ziemlich unbedeutend, wenigstens ohne Gefahr; nur zwey Fälle
verdienen ausgehoben zu werden, weil sie mir bedenklich zu
seyn schienen. Obgleich im ersten Fall keine heftige Symptome
Gefahr zu drohen schienen, so beunruhigte mich doch der Zustand
des Patienten sehr. Ein äusserst muskulöser und starker
Kerl, kein eigentlicher Russe, sondern ein Tatar, wurde miss-
müthig, klagte über Mattigkeit und Mangel an Appetit, hatte ein
schleichendes Fieber. Reizende und erquickende Mittel halfen
nichts, er behauptete vielmehr, dass er täglich schlimmer werde,
schien wenig Hoffnung zur Besserung zu haben, und wurde endlich
so verdrüsslich, dass es mir ein äusserst unangenehmes
Geschäft war, mich nach seinem Befinden zuerkundigen, ich
fürchtete mich ordentlich davor. Im Anfänge klagte er über
keinen Schmerz, hernach fand sich ein Schmerz in der Herzgrube
ein, und eine Schwere in der rechten Seite. Ich vermuthete
eine schleichende Leberentzündung, eine Krankheit die im heissen
Erdgürtel so häufig vorkommt. Nun bekam er innerlich Calo-
mel, und Mercurial Salbe zum Einreiben in die rechte Seite.
Bey diesem Gebrauch verlor sich die Schwere und das unangenehme
Gefühl in der rechten Seite, wirkliche Schmerzen hatte
er da nie; es stellten sich hingegen Schmerzen in allen Gliedern
ein, .die aber nur ein paar Tage anhielten. Da er durch
mehrere Oeffnungen stark angegriffen war, wurden die Mercurial
Mittel ausgesetzt. Ein weinigter Aufguss der Cascarille und
Naphta war jetzt von sehr guter Wirkung, im Anfänge der
Krankheit bekamen diese Mittel nicht; das Gesicht wurde heiterer,
die Antworten freundlicher, und da er mich sogar arilä-
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chelte, so war ich überzeugt, dass er bald würde hergestellt seyn,
und ich irrte mich nicht.
Der zweyte Fall war, oder schien eine Lungenentzüudung
zu seyn. Der Patient, ein äusserst lustiger Kerl, der durch seine
wirklich oft witzigen Einfälle die Mannschaft zu belustigen pflegte,
klagte über Brust und Rückenschmerzen. Da mir der Schmerz
rheumatisch schien, so bekam er Dowersches Pulver und warmen
Thee nachzutrinken; den andern Tag hatten die Schmerzen
und Stiche zugenommen, der Puls war weich, ihm zur Ader zu
lassen trug ich doch Bedenken, er bekam ein Decoct von Se-
nega und ein Pulver von Calomel und Zucker,, auf ein Paar
Oeffnungen spürte er Erleichterung, wie aber mehrere in der
Nacht noch erfolgten, so wurde es wieder schlimmer. Den andern
Tag war das Athemholen äusserst beschwerlich, es presste
und drückte ihn auf der Brust, dass er ersticken wollte, liegend
konnte er gar nicht athmen, auf einem Stuhle sitzend war es
ihm doch etwas leichter. Ich sah wohl ein, dass eine Aderlässe
vielleicht das einzige Mittel wäre, ihm das Leben zu retten, dass
sie aber auch, wenn sie unrecht vorgenommen wurde, ihm eben
so wohl das Leben kosten könnte, ich musste mich bald ent-
schliessen. Was mich gegen die Aderlässe bestimmte, war folgende
Betrachtung: Der Patient war gewohnt, wenn er auf dem
Lande war, sich öfters einen lustjgen Tag zu machen, das heisst,
sich einen derben Rausch anzutrinken; die Ordnung die auf
einem Schiffe herrscht, hatte ihm diese so ziemlich zur Noth-
wendigkeit gewordene Recreation nun schon gegen drey Monate,
(es war eben kurz vor unserer Ankunft in St. Helena,) nicht
verstauet; es schienen mir die Lungen eher in einem gelähmten
Zustande, als in einer zu grossen Thätigkeit zu seyn, folg