Meine Bekanntschaft mit dem Abbé Minguet in Canton,
dem ich mehrere Gefälligkeiten verdanke, verdient hier auch
einen Platz. Er war ein Franzose von Geburt, war aber in
Portugal naturalisirt, sein Geschäft in Canton war die Besorgung
der Correspondenz der sich in Peking aufhaltenden astronomischen
Missionairen, so muss ich sie nennen, weil sie in
China für Astronomen, in Europa für Missionairen gelten. Da
sein eigentliches Geschäft ihm Zeit genug übrig liess, -so beschäftigte
er sich auch noch mit Naturlehre und Naturgeschichte,
Valmont de .Bomarre war sein Orakel, er hatte gute Barometer
mit denen er sehr zufrieden war, ich glaube er machte sie selbst.
Eine galvanische Maschine von besonderer Stärke, mit der er
viele Chinesen von Rheumatismus kurirt zu haben mich versicherte,
war ihm ein angenehmer Zeitvertreib, und gab ihm Gelegenheit,
seine Gefälligkeit und Dienstfertigkeit zu zeigen. Ueber
die verschiedenen Mercurial Präparate liess er sich mit mir in
ein umständliches Gespräch ein, besonders wollte er über den
innern Gebrauch derselben genau unterrichtet seyn; da ich
ihm hierin dienen konnte, so gab ich ihm die gehörige Anweisung.
Er soll sich auch, wie man mir gesagt hat, mit der
Cur venerischer Krankheiten abgegeben haben; ich glaube es
gern, er war ein lebhafter Mann, der Beschäfigung suchte,
und gern nützlich seyn wollte; an Patienten hat es ihm gewiss
nicht gefehlt. '
Auch mehrere unserer Matrosen spürten die Folgen! ihrer
chinesischen Bekanntschaften; auf welche Art aber diesig Bekanntschaften
gemacht worden, will ich mit ein Paar ^Worten
erzählen, weil sie den Geist der chinesischen Polizey und das
jammervolle Elend der niedern Volksklasse characterisirt. Auf
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den Sampans (Böten) sind eigentlich die lüderlichen Häuser in
Canton, für Chinesen soll es da recht sicher seyn, doch darf
sich kein Europäer hinwagen, besonders im Dunkeln," er wird
ermordet, nackt ausgezogen und ganz sanft ins Wasser geworfen.
Einer unserer Matrosen, der sich in Macao auf ein kleines
Boot hatte locken lassen, hätte fast dieses Schicksal gehabt, wäre
er nicht durch den Muth seines unerschrockenen Kameraden
gerettet worden. Gegen diese kleine Inconvenienz hat die chinesische
Industrie ein Mittel gewusst: sie bringen selbst die Mädchen
nach den Schiffen hin. In Wampou, wo die europäischen
Schiffe vor Anker liegen, sieht man des Abends spät kleine
ganz schmale Böte hin und her fahren, auf jeder Seite sind 4
Ruderer; diese Bauart und die vielen Ruder haben sie, um pfeilschnell
dem Polizei Mandarin, der in einem grossen Boote die Runde
macht, entflliehen zu können; denn gerathen sie in seine Hände,
so nimmt er ihnen allen ihren Erwerb wieder ab. Will
man nun auf einem Schiffe haben, dass das Boot, (auf dem man
aber nur die Ruderer sieht, denn die Mädchen sind alle auf
defa Boden wie Heeringe über einander gepackt,) sich nähern
soll, so pfeift man, und das Boot nähert sich; ehe es aber ganz
ans Schiff kommt, wird capitulirt, sie bitten man soll sie nicht
mit Wasser begiessen; diese Capitulation wird aber nicht immer
gehalten, ein Spas der mir gar nicht gefallen hat: ich habe es
für grausam gehalten, diesen bedaurungswürdigen Geschöpfen
aus Muthwillen noch ihre Kleider zu verderben. Es sind immer
ganz blutjunge Mädchen von 14 bis rä Jahren, die wegen
ihrer Jugend gar nicht übel aussehen: sind sie aber schon über
20, dann sind sie auch recht hässlich. Ihre Füsse sind, da sie
zu der niedrigsten Volks Klasse gehören, gar nicht verkrüppelt,
D R I T T E R T H E IL .