den Ort, wo sie die Luft ein - und auslassen, unter den Fühlfäden
sucht. Mit einem Worte , die Seebläsen sind so räthsel-
hafteThiere, dafs man nur durch lange und wiederholte Beobachtungen
, den Nützen und die Bestimmung ihrer Organe wird
erfahren können; durch Analogie ist hier nichts zu erklären, die
Einrichtung, Structur, und Gestalt der Theile dieser sonderbaren
Seeblase weicht zu sehr von allen bekannten Mollusken, und sogar
von den zunächst stehenden Geschlechtern und den gewis-
sermafsen verwandten Velellen ab,, als dafs sich durch Vergleichung
etwas Gewisses über ihre- Bestimmung sagen liefse. Man
mufs zurZeit alle Beobachtungen, die mit dem lebendigen Thiere
angestellt werden, alle gemachten Bemerkungen und Facta sammeln
und sorgfältig aufzeichnen, und die Vermuthungen der
neuern Beobachter des lebendigen Thieres damit vergleichen.
Bosc’s Vermuthung über die Ernahrungs - oder Verdauungs-
Organe der Seeblasen pafst zum Beispiel schon sehr gut zu meinen
Bemerkungen über , die Fänger, ihre Erweiterungs-Fähigkeit,
ihre Saugwarzen und die halbverdauten Ueberreste von Thieren,
die ich noch darinnen gefunden habe, und wird dadurch als richtig
bestätigt, eben so seine Vermuthung über den Kamm oder
das Seegel der Seeblasen als Respirationsorgan. -Meine Versuche
und Beobachtungen über diese Organe, welche ich aii einer zahlreichen
Menge grofser Individuen von der grofsen Seeblase in
grofsen mit frischem Seewasser angefüllten Trögen und Badewannen
auf dem Schiffe angestellt habe, sind weiter hinten als wörtliche
Auszüge aus meinem Reise - Tagebuche mitgetheilt worden;
und da ich jetzt auch das Wichtigste zur Uebersicht der generischen
Merkmale der Seeblasen und zur Gründung des Geschlechts
- Characters beygebracht zu .haben glaube: so bleibt mir
nichts übrig, als noch eine ältere, aber sehr wenig benutzte und
doch sehr wichtige Nachricht von Piso über die grofse Brasilische
beyzubringen und zu-berichtigen, des Hrn. B o ry de Saint
V in c en t Abbildung und Beschreibung zu vergleichen, und dann
zur Beschreibung und Abbildung meiner übrigen Physaliden-Arten
überzugehen. Die Bemerkungen und Abbildungen des Hrn.
Pe'ron , welcher nebst B o ry de Sain t V in c en t und nebst
zweyen Künstlern Hrn. P e t it und L e su e u r , die viel Mollusken
(vielleicht auch Physaliden) abgebildet haben sollen , von
der Bodinsehen Expedition zurückgekommen sind, haben wir
noch nicht erhalten und erwarten sie mit Sehnsucht.
VI.
Auszug aus dem Tagebuche der Reise i 8o3, die grofse
Brasilische Seeblase betreffend.
Donnerstags den 17. November i 8o3 zwischen dem 6 und
7° nördlicher Breite und unter dem 21° westl. Länge auf der
Reise von den Canarischen Inseln nach Brasilien, bey einer Luft-
Wärme von 23° nach dem Reaumur. Thermometer, begegneten
uns zum erstenmal die grofsen Seeblasen. Gegen Abend, als es
etwas windstille wurde! bemerkten wir auf dem Wasserspiegel
neben dem Schiffe ein sehr schönes blasenförmiges Thier, welches
wie eine längliche rosenrothe Glaskugel auf dem Wasser
schwamm; es blähte sich stolz wie ein Pfau und schien gleichsam,
indem es seine Gestalt beständig veränderte und mehr in
die Länge zog, sein auf dem Rücken der Blase befindliches Seegel
umzuspannen und ins Wasser zu tauchen.
Jeder unserer Leute auf dem Schiffe wurde aufmerksam auf dieses
sonderbare Thier, und jeder wünschte es in der Nähe zu sehen.