XII.
Phosphorescenz der Seeblasen.
Es wurden ihrer täglich mehrere gefangen , und in diesen
Tagen, bey einbrechender Nacht, war das Leuchten des Meeres
zugleich von seltener und ungewöhnlicher Art, daher die meh-
resten von der Schiffsgesellschaft behaupteten, die grofsen Seeblasen
müssten es verbreiten. Der Arzt und Astronom unseres
Schiffs ruften mich schon in der Dämmerung aufs Verdeck, um
die grossen Feuerkugeln im Kielwasser und am Steuerruder zu
beobachten. Je dunkeier es wurde, je feuriger sprühten diese
grofsen ovalen Lichter bey jedem Wellenschläge am Steuer hervor:
wir bemühten uns ein solches Licht mit dem Fangsacke
oder dem Netzreife zu erhaschen, aber vergebens,, das leuchtende
Thier schien sich vor dem Fange zu- hüten und entkam noch
aus dem Sacke. Dieses überzeugte die Zuschauer noch mehr,
dafs es Seeblasen wären, weil sich dieses schlüpfrige Thier selbst
am Tage nur mit vieler Schwierigkeit fangen lässt, und weil die
grossen Telephoren öder vermuthlichen Salpeneyerstöcke, die von
Bory Monophora und von Pe'ron Pyrosoma genennt wurden,
und die wir in der Südsee in der Nähe der Washington Inseln
fingen, vfreit trägere unbehültlichere Körper waren, die sich
leicht erhaschen Hessen, aber doch die einzigen, welche ein
eben so grofses, wie wohl von diesem höchst verschiedenes
Licht verbreiteten. Das heutige Licht (d. xy. May r8o6) war
mehr ins rothe spielend, das Licht von den Telephoren aber
war feuriger und spielte mehr ins blaugrüne, wie Schwefelflamme
oder Phosphorlicht; es bestand auch aus eben so viel kleinert
Puncten, als undurchsichtige Körperchen in einer solchen Schleimwalze
eingeschlossen lagen. Wenn also die grofsen heutigen
rothen ovalen Lichter Seebla6en gewesen sind, so kann man
behaupten, dafs nur ihre Blase leuchtet, nicht ihre Fänger. Die
eingefangenen Seeblasen auf der Badewanne leuchteten Abends
nicht, doch waren diese schon mehrere Stunden in der Gefangenschaft
matt geworden, auch die kleinen leuchtenden krebsartigen
Meerinsekten leuchteten Abends nicht mehr, wenn sie am
Tage eihgefangen waren; ich habe bemerkt, dafs jedes leuchtende
Seethierchen zu leuchten aufhörte, so bald es aus seinem
Elemente herausgenommen oder matt geworden war, dafs mit
einem Worte das Ausströmen des Lichtes von der Munterkeit
der Lebenskraft abhing. Da wir in dieser Nacht ziemfich schnell
(5 Knoten vor den Wind) vorwärts seegelten, so war die Reibung
oder der Reitz .der Bewegung, welche die schäumenden und von
dem einschneidenden Schiffskiel und Steuerruder getriebenen Wellen
auf die leuchtenden Seethierchen haben mussten, so stark,
dafs das Schiff beständig eine breite und wohl 5o Fuls lange
feurige Furche hinterliess, aus welcher grosse und kleine Feuerkugeln
hervorsprühten, und in welcher man die Züge der fliegenden
Heringe sehr deutlich bemerken konnte. Fast überall,
wo ich fliegende Heringe fand, waren auch Seeblasen, Boniten,
Doraden nicht fern, alle diese W'aren zwischen den Wendekreisen
die täglichen Gäste.
Den 19. May 1806 befanden wir uns unter dem 5° 26' südlicher
Breite, 20° 20' westlicher Länge. Es zogen uns hier
wieder eine grosse Anzahl brennender Seeblasen von der ersten
Grösse entgegen, welche in der Ferne wie eine kleine Flotte
mit rosenrothen Seegein anzusehen war. Da unsere Fregatte
ihre Linien theilte, so wurden wieder 3 von ihnen gefangen
genommen, und auf unserm Verdeck auf frisches Meerwasser in