R e ise nach China und Aufenthal t daselbst.
Mit frohen Herzen nahmen wir zum letzten Male von Kamtschatka
Abschied: die Sehnsucht Europa wieder zu sehen, hatte
in der Länge immer zugenommen, schwerlich war jemand vom
Heimweh ganz frey. Nach einer Schiffarth von sechs Wochen
kamen wir den 20 November glücklich vor Macao an, nachdem
wir manchen Sturm ausgestanden hatten. Unsere frische Provision
aus Japan war längst verzehrt, die Mannschaft befand
sich zwar wohl, doch war das Verlangen nach frischen Nahrungsmitteln
sehr gross, und dieses Verlangen konnte in einem so
gesegneten Lande wie China, vollkommen befriedigt werden.
Der Kapitain nahm einen Comprador an, der täglich Brod,
Fleisch und Gemüse lieferte; die europäischen Gemüse kommen
im südlichen China im Winter recht gut fort, nur im Sommer
ist es für diese Gewächse zu heiss. Ehe aber der Comprador
uns noch etwas gebracht hatte, kam ein Boot mit Eyern; unsere
Matrosen kauften in die Wette, sie schienen recht froh zu seyn,
nun einmal wieder von ihrem Gelde Gebrauch machen zu können,
welches in Japan gar nicht, und in Kamtschatka sehr selten
der Fall war.
So gesund auch das Klima des südlichen China für die Ein-
gebohrnen seyn mag, welches genugsam durch die ungeheure
Bevölkerung eiwiesen ist, so sind doch Fremde manchen Krankheiten
unterworfen, die nicht immer unbedeutend sind, sondern
öfters einen tödlichen Ausgang haben. ' Die Grabsteine, die
ich auf der Dänen oder Franzosen Insel bey Wampon gesehen
habe, waren ein auffallender Beweis, dass die Moitalität unter
den bey den Europäischen Factoreyen angesteilten Personen,
während der Zeit ihrer Geschäfte in Canton, sehr beträchtlich
ist; aus der Inschrift auf den Steinen sah man, dass es meh-
rentheils Personen in ihren besten Jahren waren, zwischen
dreissig und vierzig. Die Sommermonate, in denen der Südost
Monsoun wehet, sind der Gesundheit nachtheiliger; unser Aufenthalt
fiel in den Winter zur Zeit des Nordost Monsouns,
daher wir auch die ganze Zeit keinen gefährlichen Kranken gehabt
haben, das heisst einen solchen, dessen Leben in Gefahr
geschienen hätte, ausser einem einzigen, das war unser Böttcher*
er befiel am Tage unserer Abreise aus China, seine Krankheitsgeschichte
will ich also auch bis dahin aufsparen. Auch in China
waren Rheumatismen und Diarrhöen die häufigsten krankhaften
Zufälle, besonders waren letztere in Canton am heftigsten,
und auch diejenigen, die in der Teipa, in Macao und bey Wampon
nicht daran gelitten hatten, blieben in Canton nicht verschont.
Die Ausleerungen erfolgten am letzten Orte stürmisch, mehrere
Mal auf einander, es. war mehrentheils ein Fieber damit
verknüpft, die Patienten waren merklich angegriffen und matt.
Seit den ältesten Zeiten hat man immer das Wasser als Ursache
der Diarrhöen, denen die fremden Ankömmlinge an mehrern
Orten unterworfen sind, betrachtet; so giebt schon der persische
Arzt Ali, der im roten Jahrhunderte lebte, ein seltsames Mittel
an, um das Wasser eines fremden Landes unschädlich zu machen:
man solle nämlich etwas vaterländische Erde mit sich
führen, und diese in das fremde Wasser schütten, so könne man
dasselbe ohne Gefahr trinken J|(). *)
*) Versuch einer pragmatischen Geschichte der Arzeneykunde von Kurt
Sprengel. Zweyter T h e il, pag. 3gö.
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