10* Eine nicht minder interessante Verbindung zwischen den Theilen der Blutbahn und den peripherischen
Endzweigen der Gallengänge findet man an der Oberfläche der Leber. Hier erblickt
man eigene, mehr gestreckte und mit sparsamen Zweigehen ausgestattete, Arterienäste aus dem
Leberparenchyme durch besondere Oeffnungen hervortreten, und dicht unter der Bauchfellhaut
der Leber mit peripherischen Gallengefäfsen und Venen zusammengerathen, aus welcher Verbindung
zum Theil ein aus gröfsern, zum Theil aus kleinen, fünf- oder sechswinkeligen Maschen
zusammengesetztes Netz ins Daseyn gerufen wird.
Die gröfsern Maschen dieses Netzes besitzen ^ 2, die kleinern das Maschengefafs
eines Wiener Zolles im Durchmesser an der Leber eines neugebornen .Kindes. Von den kleinen
Maschen sitzen in jedem Winkel einer gröfsern Masche vier bis fünf an der Zahl beisammen,
und so gewinnt das ganze oberflächliche Netz der Arterien, Galleügänge und Venen zusammen
genommen das Aussehen eines antiken Fenstergitters,' innerhalb dessen kleinere und gröfsere
fünfeckige Scheiben eingefafst liegen.
11. Durch den Zusammenflufs der kapillaren Zweigehen der Arterien, der Lebervenen, der Pfortader,
der Gallengänge und höchst wahrscheinlich auch der tief liegenden Lymphgefäfse, wird in dem
eintönigen Theile der Lebersubstanz ein einfaches, aus kleinen Maschen zusammengesetztes, intermediäres
Netz gebildet, dessen konstruirende Gefäfse der freie Zwischenraum einer Masche
a^e r "jöööö’ e^ne® Wiener Zolles im Durchmesser besitzet. An keinem Punkte dieses, die ganze
aufserhalb der Blutbahn liegend« Lebersubslanz durchdringenden Gefäfsnelzes, findet man weder
von den Gallengängen, noch von irgend einem zweiten Gefäfse eine blasige oder knotige Auftreibung
erzeugt, allenthalben und nach allen Richtungen hin erblicket man die eigentümliche
Lebersubstanz aus ein und demselben Gefäfsgewebe gebildet und dargestellt. In der Leber steht
demnach die Drüsenschleimhaut mit den Bestandteilen des peripherischen. Wendekreises der
Blutbahn in unmittelbarer und innigster Verbindung. Das intermediäre Gefäfsnetz der Leber ist
das höchst komponirte einigende Gefäfsnetz des menschlichen Körpers.
Vergleiche ich die Gröfse und die Verbreitung der eigentümlichen Gallengefäfse mit den von
Haller und Schultz gemachten Erfahrungen über die Sekretionsfähigkeit der Leber, so mufs ich
gestehen, dafs man nur durch die oben geschilderte und ununterbrochene Verbindung und Einmündung
der Gallenwege in die intermediäre B lutahn der Leber sich die grofse Menge der von
dieser Drüse erzeugten Flüssigkeit zu erklären im Stande ist.
1-2» Aufserhalb der intermediären B lu tahn der Lebersubstanz und innerhalb der freien Räume der
Gefäfsmaschen findet man die molekulöse Masse — das Mark der Leber — angehäuft. Aus diesem
Boden ersteigen die tiefliegenden Lymphgefafsclien der Leber. Indefs scheinen auch hier viele
Saugäderchen mit der Lichtung der Blutbahn in unmittelbarer Verbindung zu stehen; denn ich
sah an mehreren Punkten jene Masse, welche die intermediären Gefäfse erfüllte, auch in-längliche,
gestreckt verlaufende Aederchen übertreten, welche ich dem Lymphadersysteme zuzurechnen
Ursache habe. Eben aus demselben Boden erwachsen auch Nervenröhrchen der ersten Klasse,
dritter Ordnung; beide Arten von Röhrchen schmiegen sich an die Wände der Blut- und Gallen*
gefäfse an, und bleiben ihrem Zuge getreu.
13. Die Oberfläche der Leber oder der Gallendrüse umhüllt, wie bekannt, eine seröse Haut, unter- und
innerhalb welcher nicht allein die oberflächlichsten Arterien, Gallengänge und Venen das bereits
N°- io näher beschriebene Gefäfsnetz bilden, sondern auch der vorzüglichere Theil der Wasser-
gefafse der Leber geflechtartig sich verbindet, und aus seiner Mitte Saugaderstämme hervorfördert,
die theils durch das Zwerchfell zu dem vordem ßrustsaugadernetze, theils aber längs der Leber-
gefäfse zu dem obern Bezirke des Lendensaugadernetzes wandern.
\!\. Auch aus diesem Drüsenorgane mit baumzweigähnlich vertheilten Gängen wird ein fremder Gefäfs-
stamm, die aufsteigende Hohlader nämlich, aufgenommen und von der Lebersubstanz umhüllt.
15. An der Leberpforte findet man endlich Zweige des animalischen, und Fäden des vegetativen Ner-
vensystemes hervorlreten. Die erstem scheinen der zweiten Klasse erster Ordnung anzugehören.
10. Tales anastomoses non in parenchymate tantüm, sed in Superficie quoque hepatis observantur.
Conspiciuntur enim>a post injectionem felicem peractam, in peripheria hepatis, diversis ex
ostiolis minimis arteriae tenuissimae satis ubere emergentes, decursum rectilineum sequentes, raros
ramulos laterales dimittentes, et in rete subtilissimum tandem diffluentes, quod immediate subtus
peritonaeum expanditur, et cum vasis biliferis, veluti etiam cum venulis hepaticis plurimis in
*• ; löcis, unitur.
Interstitia libera hu jus retis, pentagonam vel hexagonam formam oflerentia vel etiam
77^7, vasa vero ip s a ^ ^ poll. Vindob. partes (in hepate infantis neonati) aequant.
Areae yasculosäe majores quatuör vel quinque minores amplectuntur, et quoniam distributio
. earum summe regularis et sibi constans est, omnes areae simul sumptae speciem oflerunt simil-
, limam illis vitris, quibus antiqui in fenestris suis (ex pluribus minoribus formae polygonicae
compositis) usi fuerunt.
1 1 . Ex confluxu et anastomosi omnium vasorüm hue usque expositorum, et verosimiliter etiam ex
vasculis lymphaticis rete aliquod commune eflbrmatur, cujus vasa construentia A=L, interstitia
vero poll. Vindob. partes diametro aequant.
Illud rete omnem hepatis substantiam spongiosam penetrat, ipsamque reapse constituit, neque
ullibi in eo dilatatio vel vesicula quaedam animadver.titur, quae illis vesiculis terminalibus in
glandulis salivalibus occurrentibus analogae essent.
Possumus itaque .ingenue fateri, hepatis parenchyma merum vasorum convolutum et quasi
unicum acinum esse,, in quo membrana mucosa biliferos canales investiens, in nexu immediato
cum systemate vasorum sanguiferorum versatur,, non simul praetereundo, nullum existere aliud
rete vasculosum in corpore humano, tantae perfeetionis et dignitatis organicae.
Comparando magnitudinem et ramificationem canalium biliferorum cum Ilalleri et 'Schultzii
experimentis circa facultatem secretoriam hepatis, fateri debeo, nonnisi per immediatam va-
so.rum biliferorum cum vasis sanguiferis anastomosin magnam bilis quantitatem posse explicari,
quae qüotidie ex hepate ad intestina destillat.
•12. Extra vasa sanguifera, i. e. in interstitiis retis intermedii, invemtur materia molecularis, quam
medullam hepatis dicere placeret. — Vasa lymphatica, etiamsi pro maxima parte ex hacce
materie originem suam habeant, tarnen etiam immediate ex vasis sanguiferis prodire videntur,
, quia saepe saepius in praeparatis microscopice injectis, mnteriam coloratam ex rete intermedio
in singulare quoddam vasorum genus transgredi conspexi, quod pro vasis lymphaticis decla-
rare,. non desunt rationes.— E x eodem fonte molecularum tubuli quoque nervei ubertim oriuntur,
• qui ad ordinem tertium classis primae referuntur, et in decursu suo vasa sanguifera, tubulos-
que biliferos presse sequuntur.
13. Tota hepatis moles membrana serosa involvitur, a peritonaeo derivata. Haec membrana non
tantum illud rete vasculosum tegit, quod supra sub numero 10 descripsimus, verum etiam larga
vasorum lymphaticorum retia abscondit, ex quibus trunci majores sensim sensimque collecti
. partim per diaphragma ad plexum lymphaticum thoracicum anteriorem, partim vero juxta vasa
hepatica ad superiorem provinciam plexus lumbalis perveniunt.
14. Etiam hepar'Vas aliquod peregrinum, quod ad suam forma tionem nihil omninö contribuit, am-
plectitur, venam cavarn utpote-ascendentem, quae ad posticum ejus marginem reperitur.
15. In porta hepatis tandem nervi animales pariter ac vegetativi in conspectum veniunt. Priores ad
ordinem primum classis secundae pertinere videntur.