Eben so gespalten erblicken wir die Ansichten und Meinungen der Naturforscher über die Verbindungsart
der zwei oben erwähnten Bestandteile der Nerven und über die Beschaffenheit der Cylin-
derchen seihst.
Die meisten Physiologen nehmen an, dafs sich die Kügelchen der Reihe nach einander lagern,
und in dieser Stellung durch Fasern oder einen klehrichten Stoff, wie äieisftome und Bauer sahen, vereiniget
sind. Andere, der Meinung Fontana“'s und Treviranus folgend; stellen sich die Elemehtarcy-
linderchen mit den Kügelchen vereiniget, und im Bunde vor. Eine Verschiedenheit in der Grüfte und
Form der Kügelchen der verschiedenen Nervengebilde haben schon Deila Torre und Prohaska erkannt
und Ehrenberg brachte in letzt verflossenen Jahren durch eine nähere Würdigung der Wesenheit der
Nerven sowohl die Bildungsverhältnisse der Bläschen, als der Röhrchen zu einer naturgetreuem Kenntnifs.
Seine Ansicht, dafs die Nervencylinderchen hohl und bald mit einem Safte erfüllt, bald aber ohne alles
Mark klar und durchsichtig sich dem Sehsinne darstellen, erfuhr jedoch bald darauf durch Krause'S
Behauptung: als wären die Nervenfasern keine Röhren, sondern solide Cylinder, aus einer zähen im
Wasser löslichen Substanz gebildet, welche Kügelchen einschliefset, stellenweise zusammengedrängt
und dadurch knotig aufgetrieben erscheinet, den lebhaftesten Einwurf.
Das, was ich über diesen Gegenstand gesammelt, und in ein klares Licht zu stellen mich bemühte,
ist bereits im neunten Bande, zweiten Stücke, Seite 2Ti, der medicinischen Jahrbücher des österreichischen
Staates 1835, den Naturforschern zur fernem Pflege übergeben worden, und soll hier, mit meinen
neuesten Erfahrungen vereint, seinen Platz flnden. Wenn ich sämmtliche Nervengebilde überblicke,
und prüfend die verschiedenen Bildungsverhältnisse der einfachsten Bestandtheile derselben in Betrachtung
ziehe, so muls ich der Wahrheit zur Steuer gestehen,’ dafs ich nur an den stärker entwickelten
Bestandtheilen (Röhrchen der ersten Klasse und Nervenbläscben von mittlerer Gröfee) Merkmale und
Erscheinungen wahrgenommen habe, welche die Vermuthung, als wären zarte Flüssigkeiten in
diesen Körperchen eingeschlossen, zu bekräftigen im Stande sind; denn ich sah die Bläschen und
Röhrchen der sogenannten Sinnesnerven, wenn sie der Wärme ausgesetzt wurden, in ihrem Umfange
anschwellen, und nachdem sie oft den natürlichen Durchmesser zweifach vergröfsert dargestellt hatten,
mit Zurücklassung einer kaum sichtbaren Hülle zerplatzen.
Wenn ich somit die einfachsten Elementartheile des Nervensystemes mit dem üblichen Namen
Bläschen und Röhrchen belege, so geschieht diefs mehr in der Absicht, diese Theile ihrem äuftern Habitus
zu Folge mit einer passenden Benennung zu versehen,, als in der üeberzeugung, dafs auch wirke
lieh in allen Punkten des Nervensystems diese Gebilde Aufnahms- und Leitungsorgane bestimmter Stoffe
sind; ja ich will sogar hier frei.bekennen, dafs ich über den Inhalt der in Rede stehenden Nervenele-
mente bis nun gar nichts Verläfsliches hervorzuheben im Stande war. Die Vermuthung, dafs die freien
Räume der gröfsern Behältnisse eine Gasart aufnehmen, dürfte keine strengere Untersuchung erleiden,
denn jenes Gas, das wir die gröfsern Ncrvenbläschen unter Verhältnissen, welche die Ausdehnung
desselben begünstigen, auftreiben sehen, könnte auch dem Zersetzungsprocesse der Organmasse
zugeschrieben werden. Der Durchmesser der zum Baue der verschiedenen Nervengebilde verwendeten
mikroskopischen Elementartheile ist sehr verschieden.
Die Bläschen, welche wir im Bezirke des Nervensystemes auffinden, können in vier Abtheilungen
gebracht werden.
Die erste Abtheilung enthält die zartesten und kleinsten Bläschen) welche den peripherischen
Nervenröhrchen vorherrschend eigen sind, dennoch aber auch auf den Endtheilen vieler im Centralorgane
eingetragenen Nervengebilde aufsitzend gefunden werden. Sie besitzen eines Wiener Zolles iin
Durchmesser, und ich nenne sie die kleinen Nervenbläschen. (Tab. IV. Fig. \ j.)
Die zweite Abtheilung nimmt Bläschen gröfserer.Art auf, welche wir nicht allein auf den peripherischen
Enden der Nervenröhrchen der höchsten Sinnesorgane, sondern auch auf den Zügen der
Gehirnröhrchen, in den einzelnen Gehirnganglien und auf den Röhrchen des Stabkranzes in der Rindensubstanz
des Gehirnes aufgetragen sehen. Ihr Durchmesser enthält-^- eines Wiener Zolles, und
Maxime haeret aqua in evincenda vera ratione in qua tubuli atque sphaerulae ad se invicem
versantur, et in ferenda sententia de vera barum partium structura.
Aliqui credunt, sphaerulas in lineam dispositas glutine quodam vel cemento, vel fibris ten-
dineis uniri (Home et Bauer), alii, uti Fontana et Treviranus, cylindros nervorum primitivos cum
sphaerulis conjunctos assumunt. Magnitudinem et formam harum sphaerularum in variis nervis dif-
ferentem jam Della Torre et Prohaska observarunt, Ehrenberg autem recentissimis temporibus,
supra omne dubium evexit, ita ut nunc certo• certius constaret, sphaerulas.pariter atque tubulos nervorum
primitivos, secundum statas leges, in variis nervis variare.
Nervorum cylindros primitivos, cavos1 esse* statuit ille v ir , et modo succulenti quid recludere,
modo sine omni contento medullari prorsus vacuos esse declaravit, dum e contra adversarius ejus
Krause, nervorum stamina primitiva nunquam cava esse contendit, sed potius cylindros solidos sistere
massa tenaci, aqua solubili confiâtes, qui sphaerulas recludunt, hinc inde densius congregatas.
Meam hoc de problemate sententiam, in annalibus medicis Austriacis (Tom. IX. part. 2. 1835.
,pag. 274.) publici juris feci, quare hic tantum synopsin prioris tractates, novis observationibus auc-
tam proponere juvabit.
Multiplicem nervorum familiam considerando, eorumque proprietates critico judicio ponde-
rando, non fateri non possum, me tantummodo in cylindris nerveis primi ordinis, et in sphaerulis
eorum majoribus humorem aliquem intussusceptum assumere posse, eo inductus phaenomeno, quod
saepius in pervestigatione microscopica nervorum sensoriorum, cylindros eorum primitivos, sub ca-
loris externi, qualis in cubili est, influxu sensim sensimque intumescere, et sub maxima expansionis
vi dehiscere subito observaverim, remanentibus exuviis, sensum fere fugientibus.
Quod si itaque in opéré meo de tubulis sphaerulisque cavis sive de vesiculis nervorum saepe
saepius loquar, ignoscant censores velim, quia de vera et evicta eorum cavitate in omnibus nervorum
provinciis, nequaquam adhuc certes sim, neque minus de natura fluidi nervei apodictici quid
proferre valeam.
Gasiformem substantiam durante vita in illis contineri, etiam solummodo hypothesis est, ul-
terioribus argumentis suffulcienda, eo magis, quia intumescentia tubulorum, per caloris externi
influxum provocata, etiam per processum putredinis eoque inductam decompositionem explicari
potest.
Diameter partium elementarium, quibus nervorum fabrica componitur, adeo differentis magni-
tudinis est, ut quatuor vesicularum (sphaerularum ordines) optimo jure statui possint.
Ordo primus minimas et tenuissimas vesiculas amplectitur, quales juxta tubulos nervorum
periphericorum inveniuntur, et hinc inde etiam in partibus systematis nervosi centralibus dispersaé
visuntur. Diameter earum poll. Vindob. partes aequat. (Tab. IV. Fig. 11.)
Secundum ordinem constituunt sphaerulae quidquam majores, quae non tantum in expan-
sionibus periphericis nervorum sensualium, verum etiam juxta decursum tubulorum medullarium
cerebri ipsius, partim in gangliis hujus organi, partim in eorum radiis peripheriam petentibus, partim
in cortice ipso reperiuntur. Diameter eorum = poll. Vindob. (Tab. IV. Fig. 13.)