II. E r z e u g n is s e d e s b e l e b t e n e x n n g i s c h e n p la s t i s c h e n S t o f f e s .
Die zweite Hälfte des exangischen bildbaren Stoffes, welche unmittelbar die Sphäre der orga-
msu'ten Gebdde des Körpers bedecket, wird von analogen dynamischen Gesetzen, wie die Keim-Materie
in direr ersten Entwicklung und Ausbildung nach der Empfängnis beherrscht. Wie dort durch eine
Reihe von Umwandlungen und neuen Bildungen aus dem-Keime der Gesammtorganismus erwuchs, so
werden hier durch die gesetzten Metamorphosen neue Erzeugnisse ins Daseyn gerufen, welche für einen
erneuerten Bau der vorliegenden Organtheile benützt und verwendet werden. Auch in diesem Bezirke
erblickt man Bläschen, und zwischen diesen Lücken und Rinnen, welche zarte Flüssigkeiten zu beherbergen
im Stande sind; doch eilen beide diese Urerzeugnisse einem ganz entgegengesetzten Ziele zu.
In beiden verkündet sich das Leben durch Fülle und regelmäfsige Umrisse, und im Fortschreiten der
Bildung werden sie bald der Wesenheit der höher gestellten organisirten Bestandteile des betreffenden
Körperbezirkes angereiht und einverleibt.
Die nächsten organischen Formationen, welche durch die höhere Stellung und Benützung der
Urgebilde des belebten plastischen Stoffes ins Daseyn treten, sind organische Röhrchen (die zartesten
Gefäfse) und seröse Bläschen oder Zellen.
DHITTEB ABSCHNITT.
I .
Von den zartesten organisirten Kanälchen oder Gefäfschen des menschlichen
Körpers.
Breitet man irgend ein kleines Hautstück, z. B. der Bindehaut des Auges, sammt einem Theile
des anhängenden Zellgewebes auf eine Glastafel, und untersuchet man dieses Gebilde unter dem
Mikroskope bei einer TSöfachen Vergröfserung des Durchmessers in Beihülfe des Hohlspiegels so
erblickt man nun neben den Theilen der Blutbahn und über dieselben die schon bekannte plastische
Masse ergossen; im Bezirke des Verbindungszellgewebes dieses Hautstückes aber auch nebst den Bläschen
des bildbaren Stoffes grofse ^ eines Wiener Zolles im Durchmesser besitzende Blasen (die
Zellblasen). Aus beiden organischen Erzeugnissen, aus dem plastischen Stoffe sowohl als von der
Oberfläche der eben genannten Zellblasen nämlich, sieht man eine grofse Anzahl äufserst zarter
Kanälchen hervorwachsen, welche nicht allein hinsichtlich ihrer Wanderung, sondern auch bezüglich
ihrer Bauart deutliche, ja auffallende Verschiedenheiten dem aufmerksamen Beobachter darstellen
und hiemit diesem eben so sichere Anhaltspunkte für ihre Unterscheidung, als auch für Deutung’
ihrer Natur an die Hand geben. Schenket man auch den natürlichen Bildungsverhältnissen und den
verschiedenen Formeigenheiten dieser Röhrchen nicht allsogleich beim Beginnen einer Forschung
das volle Vertrauen, und will man sich durch das Verfolgen ihrer Züge eine klare Ueberzeugung von
der verschiedenen Verbindung mit den deutlich entwickelten und bekannten Organtheilen verschaffen
so untersuche man oft und an verschiedenen Gebilden die Wanderung dieser Röhrchen, und man wird’
bald finden, dafs die organischen Kanälchen der einen Art mit den deutlich sichtbareri Nervenfäden
des untersuchten Gebietes, und die zweite Sorte mit Gefäfschen in Continuität stehet, welche man
als die peripherischen Lymphgefäfse des vorliegenden Theiles erkennet. Die Verbindung und der
eigentliche Habitus dieser Gefäfschen überzeuget uns daher von der Verschiedenheit ihrer Natur,
und wir erkennen in diesen zartesten Kanälchen des menschlichen Körpers einerseits die periphe’
rischen Endzweige der Nervenröhrchen, und andererseits die zartesten Wurzelgefäfse des lympha-
tischen Systems.
Wir wollen den letztem den Vortritt gestatten und sie für die nähere Schilderung zuerst
wählen.
II. P r o d u c t a m a t e r i a e p l a s t i c a e , e x t r a v a s a e f f u s a e .
Materia plastica, extra vasa effusa (quam ideo exangicam mihi vocare placuit) quae ad meta-
morphosim vitalem diversorum organorum impenditur, iisdem fere conditionibus et legibus subjecta
est, quae materiam ovi protobiam — » germen alii dicunt — per varios evolutionis organicae gradus,
ad summum tandem animalisationis fastigium evehunt. — Yeluti enim ex disci proligeri granulosa
congerie, incomprehenso hactenus naturae arcano, summe perfecta animalium organisatio, legibus
aeternis pedetentim evolvitur, ita organorum singulorum habitus, structura, et dignitas organica,
nullo alio modo in eodem semper tenore conservatur, nisi quod materia plastica exangica^ summae
perfectionis compos, per influxum vitalem in substantiam organicam continuo transmutetur, quae
organi, de quo agitur, individualitati corresponded
Materia plastica exangica, binis etiam dementis supra memoratis, tubulis nempe et sphae-
rulis componitur, quae fluido quodam, sive ut rectius dicam, aura vel halitu distenduntur, et tur-
gore suo vitali ab iisdem principiis materiae plasticae anorganicae differunt.
Istae sphaerulae atque tubuli primilivi, per metamorphosim organicam progredientem, in
veros canales organicos, et cellulas serosas transformantur.
S E C T I O T E B T I A .
I.
De corpor i s humani canal icul i s org anicis primitives.
Si pars membranae cujusdam, ex. gr. conjunctivae, cum adhaerente textu cellulari, supra
laminam vitream expanditur, et ope microscopii, septingenties et quinquagesies augentis, contem-
platur, conspicitur praeter vasa sanguifera, et illis incumbentem materiam plasticam, praecipue in
adhaerente textu cellulari, congeries cellularum undique clausaruin, quae poll. Yindob. partes
diametro non excedunt. Ex his cellulis, pariterque ex materia plastica undique diffusa, magna tu-
bulorum minimorum quantitas originem habet. Horum tubulorum characteres adeo constantes in
Sensus cadunt, ut ab omni alia simili formatione organica possint tuto discerni, et judicium de
functione et dignitate physiologica horum tubulorum, non adeo difficile redderent.
Quicumquè observationes microscopicas diuturnas non horret, et exactissimam horum tubulorum
notitiam propriis laboribus sibi parare cupit, huic patientiam et judicium omni praecon-
cepla opinione liberum commendo, ut, si ad hoc opus manus suas contulerit, mecum cognoscat,
tuhulos ex materia organico - plastica ubicumque oriundos, cum cylindris nerveis primitivis, eos
vëro, qui ex cellulis prius adlatis ortum liabent, cum vasis lymphaticis periphericis organi investi-
gati, in nexu aperto atque immediato existere. — Unicum ergo criterium, quod ad horum tubulorum
ideam rite coücipiendam, unice conducit, horum conjunctio vel cum nervis, vel cum vasis
lymphaticis, est.