Hat man eine Partie des peripherischen Zellgewebes markiger Organe zur Untersuchung gewählt -
so findet man den äufsern Umfang jedes Zellchens von einer reichen Lage der Engelehen des
plastischen Stoffes umgeben; sparsam sind jedoch diese Molekülen an jenen Zellbläschen zu finden
d,e dem substanzarmen, höchst verfeinerten Zellstoffe, z. B, dem Nevrileme, angehören. Allenthalben
erblicket man aus den Ritzen und Lücken der Bläschen des plastischen Stoffes, und von den äufsern
Wandungen derZellen, Lymphäderchen ihre Ursprünge gewinnen, und Nervenröhrchen mit den einzelnen
Bläschen des belebten bildbaren Stoffes in Verbindung gesetzt. (Siehe Tab. IV. Fig. 8. Tab V.
Fig. 12.) Die zu einem gewissen Grade der Ausbildung und Selbstständigkeit erwachsenen Lymphadern
und Nervenröhrchen treten nun von dem Bezirke der Zellbläschen hervor, gesellen sich in ihrer
weitern Wanderung zu den kapillaren Arterien- und Venenzweigehen, und erreichen an und neben
denselben das Gebiet der höher entwickelten Körpertheile, in welchen sie endlich die Zweige und
Aeste ihres Systemes finden und sich mit denselben verbinden.
Die Größe der Zellen ist nicht an allen Theilen des Körpers gleich. Der Inhalt scheint die
vorzüglichsten Differenzen in dieser Beziehung zu begründen. Die kleinsten Zellen, z. B. des verbindenden
Zellgewebes der serösen Häute, der Muskeln etc. besitzen S , die Zellblasen des Fettgewebes
NeVri’ emS dCT NerTm die Zel1- des Augenfettes und die der Markhaut derKno-
clien .IOOOO eines Wiener Zolles im Durchmesser.
In den einfachsten und zartesten Zellen scheint während des Lebens blos ein Dunst eingetragen
zu seyn, durch dessen Anhäufung eine Auftreibung der Zellen, eine Anregung der benachbarten Ge-
fafse und Nerven, und endlich die Lebensfülle ( Turgor oitalis) unter verschiedenen Abstufungen ins
Daseyn gerufen wird. Viele dieser Blasen erzeugen eine tropfbare Flüssigkeit, welche sich als dasThier-
ohl (Oleum animale) darstellt und erhält. In einzelnen Abtheilungen dieser Gebilde verdickt sich diel
ser Safe und wird Mark (Medulla) genannt. In andern Zellen gewinnt der im Innern abgesonderte
Saft einen noch höheren Grad der Verdichtung und stellet das bekannte Thierfett und den Talg (Adens,
pinguedo et Sebum) dar. r
Die Tab. V. Fig. 12 stellet die Zellbläschen mit den intermediären Gefäfsmaschen, ■ von den
Mollekulen, Lymphgefäßen und Nervenröhrchen umgeben, so wie man diese Gegenstände bei einer
1040maligen Vergröfserung des Durchmessers findet, dar.
Die Tab. IV. Fig. 8. .zeiget diese Zellen bei einer TSOmaligen Vergröfserung ihres Durchmessers
rm feuchten Zustande, wie man sie in ihrer natürlichen Aneinanderreihung im freien oder im leitenden
Zellgewebe zu finden pfleget. Die Fig. 2 derselben Tafel liefert das Abbild der eingetrockneten vielbändigen
Zellchen. Die Tab. IV. Fig. 5 stellet die Fettknäuel mit den ZellUäschen bei einer 1 lofacheh
Vergröfserung und dieselbe Kupfertafel sub Fig. 9 die Markbläschen der Knochen bei MOmaliger Ver-
gröfserung des Durchmessers dar.
Ans den so eben geschilderten Elementargebilden des thierischen Organismus, welche aus dem
belebten plastischen Stoffe unmittelbar hervorwachsen _ aus den zartesten Cylinderchen - Lymph-
aderchen, Nervenröhrchen und aus den Zellbläschen nemlich, welchen die peripherischen Haar- und
intermediären Gefäße he.gesellt erscheinen, erwächst ein lockeres, aus Fäden und Plättchen zusam-
mengeselztes Gebilde, das wir Zellgewebe nennen.
VIERTEH ABSCHNITT.
V o m Z e l l g e w e b e .
( Tela cellulosa.)
Das Zellgewebe, ein Gebilde, von den meisten Anatomen und Physiologen als das Grund*e-
webe sämmtlicher organisirter Körpertheile angesehen, wurde seit den Zeiten eines Haller bis auf unsere
Tage von beinahe jedem, im Fache höher gestellten, Naturforscher vorherrschend gewürdiget und
untersucht. Die von Mascagni, Bichat, Borden, Bleuland, C. F. W o lf, Home und Bauer,
In sphaerulis minimae diametri durante vita, vapor quidam inclusus esse videtur, qui pro
majori aut minori expansionis gradu, varios turgoris vitalis modos inducit. — In aliis substanlia
unguinosa, sic dictum oleum animale, continetur, in aliis vera medulla, in aliis adeps, pinguedo,
sive sebum deponitur.
In Tab. V. Fig. 12 tales vesiculae cellulares, una cum vasis intermediis moleculis, vasis lym-.
pbaticis, tubulisque nerveis, millies et quadragesies auctae conspiciunlur. Tab. IY. Fig. 8 tales cel-
lulas recentes , non exsiccatas, septingenties et quinquagesies diametro auctas repraesentat. Fig. 7
ejusdem tabulae cellulas exsiccatas et conlractas, — Tab. IY. Fig. 5 granula adiposa una cum vesi-
culis cellularibus centies et decies aucta, Fig. 9 ejusdem Tab. spbaerulas medulläres ossium septingenties
et quinquagesies auctas repraesentat.
E x concursu omnium partium elementarium, quarum fabricam in praegressis dilucidavimus,
peculiare organon conflatur, quod telae cellularis nomine anatomicis innotuit.
SECTIO QUARTA.
D e t e l a c e l l u l o s a .
Tela cellularis, quae omnium organorum corporis animalis basim et fundamentum efficit, a
divi Halleri temporibus, ad hodiernos usque dies a'famigeratissimis physiologis, summa diligentia
investigata fu i t .— Mascagni, Bichat, Bordeu, Bleüland, C. F. Wolf, Home, Bauer, J. Clocquet,
Meckel, Rudolphi, Heusinger, Weber, Bur dach aliique, qui huic labori manus suas mentemque
navarunt, in diversas imo non raro oppositas sententias abierunt, inter quas ilia, quam C. F. W o lf
promulgavit, plurimos defensores nacta fuit. Secundum hujus viri effatum, tela cellularis nil aliud
est, nisi materia semifluida, amorpba, omnis organisationis expers, in qua cellulae et vesiculae
nonnisi artificiali modo (uti in solutione aquosa saponis) generantur. — Summa hujus v ir i, optime
ceterum de rebus physiologicis meriti, pace dictum esto, naturam telae cellularis a tali expositione
longissime alienam esse, et jam ope lentis simplicis aliquam texlurae et structurae differentiam
in hoc systemate organico cognosci, quae sub microscopii compositi usu, quam luculentissima
evadit.
Fontana, Treviranus et Krause fibriilas in textu celluloso conspexerunt, quas prior cylin-
dricas, reliqui duo tendinosas esse voluerunt. Hane observationem plurimi pro illusione optica
declararunt.
Home et Bauer in textu cellulari nervoriim subtilissimo, cellulas conspexerunt, et Fohmann,
Arnold, nosterque Panizza tantarn vasculorum lymphaticorum copiam in hoc systemate injectionibus
suis detexerunt, ut telam cellularem pro simplici vasorum lymphaticorum producto agnoverint.
Beclard et Jansen vesiculas adiposas, a cellularibus distinxerunt:’-— ■ nihilosecius tarnen vera
ejus natura semper aenigma incomprehensum mansit.