I. E r z e u g n i s s e . d e r a n o r g a n i s c h e n M a t e r i e .
Tab. IV. Fig. 14, und Tab. VI. Fig. 14.
In dieser Abtheilung nehme ich alle jene a n o r g a n i s c h e n Erzeugnisse auf, welche aus einer
grauweifslichen oder bräunlichen, wohl auch schwärzlichen, unbelebten, unempfindlichen Substanz
zusammengesetzt sind, die unter mannigfaltigen Formen die Oberfläche des Körpers — aufsen und
innen — bedecken und abgrenzen, beim Austrocknen weder Form noch innere Zusammensetzung
verändern, und so eine lange Zeit sich in ihrer natürlichen Beschaffenheit zu erhalten und der Zerstörung
zu trotzen im Stande sind. Ihre Erzeugung wird von den benachbarten organisirten Gebilden
unterhalten, und jeder neue Anschufs dieser Substanz bringet in dem betreffenden organischen Gebilde
weiter keine andere Veränderung in der Lagerung seiner Bestandtheile hervor, so wie auch die Entfernung
derselben vom Körper blofs von den mechanischen Vorgängen der Abnützung begleitet wird.
Jene Erzeugnisse dieser Art, welche rücksichtlich ihrer Lage und Form mehr der Abnützung
Preis gegeben sind, wechseln schneller ihrDaseyn, indefs jene, welche durch Gestalt und Stand mehr
geschützt erscheinen, durch fortgesetzte Anschüsse gleicher Substanzen nicht allein eine ansehnliche
Vergrößerung gewinnen, sondern unter diesen Verhältnissen sich lange zu behaupten im Stande sind..
Wir nennen sie Horngebilde, und zählen hierher das Hornblättchen, die Oberhaut, die Haare,
die Nägel und die Hornsubstanz der Zähne. Die innere Bauart dieser anorganischen Erzeugnisse besteht
aus kleinen, verkümmerten, zusammengeschrumpften Bläschen und zarten Röhrchen, welche zwischen
den Bläschen bald gestreckt, bald geschlängelt eingetragen sind.
Die Bläschen der anorganischen Substanz enthalten beinahe -L j- , die Röhrchen a b e r - ^ eines
Wiener Zolles im Durchmesser. Diese Bildungsverhältnisse dürften manchen Naturforscher befremden,
oder veranlassen (wie diekMascugni gethan), diese Gebilde ebenfalls in den Bereich der organisirten
Theile des Organismus aufzunehmen; denn in selben stellen sich noch immer zarte Kanälchen dar.
Doch diefs wäre ein Irrthum, welcher bedeutende Fehler nach sich ziehen könnte.
Die in den organischen Körpern unter dem Mikroskope zu findenden Röhrchen sind die Produkte
der Oxydation und schichtenweisen üebereinanderlagerung des nicht belebten Blasenstoffes.,
Betrachten wir die räumlichen Verhältnisse der Sphäroiden des plastischen Stoffes, das Nehen-
und Uebereinandergelagertseyn der rundlichen Körper, die, so lange sie die Kugelgestalt beibehalten,
nur an einzelnen Punkten eine Berührung gestatten, und im Umkreise dieser Stellen dagegen freie
Räume übrig lassen müsssen, welche zur Aufnahme flüssiger Bestandtheile geschickt sind, so wird es
uns leicht begreiflich, wie in dem so erzeugten Stoffe, sobald er oxydirt und seine Bestandtheile dichter
an einander gedrängt worden sind, sich einerseits zusammengefallene Bläschen, andererseits Lücken
und freie Räume in Röhrengestalt darstellen können. Auf dieselben Gesetze basiret sich auch die
Erzeugung jener ausgeschwemmten Stellen der Hornblätter, welche wir als spiralförmig gewundene
Kanäle an solchen Punkten der Oberfläche des Körpers angebildet finden, wo größere Sammelplätze
der Flüssigkeiten Statt haben, die Hornmasse in gröfserer Menge sich ansammelt und somit dem
Kanäle eine grofse Ausdehnung gestatten konnte, wie dies die Purkinje’sehen Schweifskanäle der Epidermis
der Hohlhand- und Plattfufsfläche (siehe Tab. VI. Fig. 14) bestätigen.
Eine Vanetat des anorganischen Stoffes des menschlichen Körpers stellet jene, im Wasser unauflösliche,
dunkelbraune oder schwarze Substanz dar, welche man and er Oberfläche der Aderhaut und
In s , m der Wesenheit des Malpighischen Netzes der Neger, der Lymphdrüsen der Luftröhre, der
schwarzen Haare, der Oberhaut und Nägel der Neger, und endlich in der Lungensubstanz älterer Subjekte
findet. Man nennet sie den Schwarzschleim (Pigmentum nigrum), und erblicket denselben
unter einer YSOmaligen Vergrößerung aus kleinen eines Wiener Zolles im Durchmesser besitzenden,
mit einem dunkeln Färbestoffe überzogenen, Bläschen zusammengesetzt, welche meist gruppenweise neben
einander stehen und in dieser Aneinanderreihung locker über einander gehäuft sind. Die Tab. IV. Fig. 6
steUet die zerstreuten und die gruppenähnlich vereinigten Bläschen des Schwarzschleimes bildlich dar.
Die nähere Schilderung der verschiedenen Hornerzeugnisse behalte ich mir für die specielle
DaiStellung jener Gebilde vor, welche mit anorganischen Erzeugnissen versehen sind.
I. P r o d u c t a m a t e r i a e a n o r g a n i c a e .
Tab. IV. Fig. 14, et Tab. VI. Fig. 14.
Hue referuntur omues corporis partes, quae ex materia grisea, brunea vel nigricante constant
, sensu motuque proprio car ent, superficiem corporis internam et externam obducunt, sub
exsiccatione neque formam neque texturam mutant, putredini diutissime resistunt, et corpori orga-
nico qualitatibus suis physicalibus tantummodo prosunt. — Incrementum suum et nutritionem non
in se habent, uti reliquae partes vasis instructae, neque metamorphosim organicam ullam patiuntur.
Ortus et incrementum potius ab organis, quibus adhaerent, dependet, et quoniam cum mundo ex-
terno in apertissimo commercio semper existunt, multum detritu amittunt, eamque jacturam ex
organorum vicinorum productione resarciunt.
Harum partium evolutio eo magis conspicua est, quo intensior conflictus cum rebus naturae
externae redditur; et quo moderatior h ic , eo imperfectius munimen natura applicare voluit.
Summa harum partium omnium, telam corneam constituit, ad quam numeramus: epithelium,
epidermidem, capillos, ungues, et substantiam corneam dentium.
Elementa organica quibus componuntur, sunt sphaerulae minimae, corrugatae, collapsae,
exsiccatae, atque tubuli, inter sphaerulas modo recto, modo serpentino itinere decurrentes.
Sphaerularum diameter tubulorum diameter vero pollicis Vindobonensis partes aequat.
Etiamsi, ut ex supra allatis apparet, notabilis texturae et structurae differentia in partibus ad
telam corneam spectantibus, observatori appareat, nolo tarnen (uti Mascagni fecit) ideo eas o rg a -
n i s a t a s dicere.
Tubuli enim et canaliculi, qui partis organisatae characterem praecipuum efficiunt, in tela
cornea non autonomi sunt, aut propriis membranis efformati, sed existentiam suam, a sphaerulis
primitivis, quibus omnis particüla corporis nostri, sive organisata sit, sive non, componitur, deri-
vant. darum enim est, si plures sphaerulae, magna copia in acervum quasi congeruntur, singulas
earum sese invicem, non omnibus peripheriae suae punctis attingere, et inde necessario interstitia
plura superesse debere, quae si omnia simul sumuntur, canalem mire ramificatum, sive e tubulis
minimis compositunl, efformant.
Isti canaliculi non raro, longitudine et diametro insigniter augentur, si liumoribus assidue
permeantibus quasi eluuntur, quod in canaliculis sudoriferis Tab. VI. Fig. 14 in palma et planta a
Purkinje nuperrime visis, videre est.
Singularis varietas materiae organicae est ilia substantia Jnruneo vel nigra, insolubilis in
aqua, quae internam iridis et chorioideae superficiem obducit, nec non in rete Malpighiano Aethi-
opurn, in glandulis bronchialibus, in capillis nigris, et in parenchymate pulmonum hominum in
aetate provectiori adest. —- Vocatur haec substantia pigmentum nigrum, et sub auctione micro-
scopica r: 750, ex minimis vesiculis, quorum d iameters ~ o- , constat, quae in cumulos sive acervulos
congestae sunt. Vide Tab. IV. Fig. 6.
Specialis telae corneae expositio, serius sequitur*