1 . ' D i e , L y m p h .e.'
( Ljmpha.J
Tah. IV. Fig, 2.
Dieser von Tiedemann, Gmelin, Brande, Emmert, R e us s , Lassaigne bei Thieren, von
Sommering, Bergmann, Walzer, Nasse und Joh. Müller bei dem Menschen untersuchte Inhalt der
eigenthümlichen Lymphgefafse, stellt sich unter dem Mikroskope aus zweifachen Bestandteilen zusam-
mengesetzt dar.
Der erste bei weitem gröfsere Bestandteil der Lymphe, Lymphsaft (Succus lymphaticus), ist
farblos, klar, durchsichtig und gleich nach dem Extravasiren dünnflüssig; doch schon nach einer kurzen
Zeit entwickelt sich in seinem Innern ein weifses, dem Spinngewebe an Zartheit und Textur gleichendes
Gerinnsel. Dieses gewinnt allmählich die Oberhand und nun erscheint die abgeflossene Lymphe als eine
gleichartige, sulzige Masse, welche nur hie und da in dem Gewebe der ursprünglich erzeugten weifsen
Fäden, im ungeregelten Zusammenhänge den zweiten Bestandtheil — kleine Kügelchen nämlich —
einschliefset. Eine genauere Untersuchung dieser Gallerte läfst an den oben bezeichneten Fädchen
keine nähere Formation entdecken, und stellèt diese aus einer homogenen Massé, der nur an einzelnen
Punkten die Lymphkügelchen beigesellt sind, zusammengesetzt dar.
Der zweite Bestandtheil der Lymphe des menschlichen Körpers, die Lymphkörnchen ( Granula
seu sphaerulae lymphae), ist um vieles geringer als der eben geschilderte, und läfst sich seiner Zartheit
und Durchsichtigkeit wegen nur nach einer ruhigen und langem Besichtigung des Objektes erkennen.
Er stellt sich in Gestalt von kleinen •— — eines Wiener Zolles im Durchmesser besitzenden, weifslichten
und durchsichtigen Kügelchen * welche meist vollkommen gerundet, doch auch mehr in die Länge gezogen
und daher eiförmig erscheinen, dar. Diese den Blutkörnchen analogen Körperchen , schwimmen
anfänglich in dém lymphatischen Safte (Succiis lymphaticus) frei heruni, bald fallen sie jedoch zusammen
und platten sich ab, ohne eine Kernbildung einzuleiten. In diesen Zustand gerathen,- werden
sie nun von dem stockenden Serum festgehalten, doch so y dafs durch sie, wie diefs schon Joh. Müller
sehr richtig beobachtete, nie wie in dem gerinnenden Blute Fasern durch Aneinanderreihung ins
Daseyn gerufen werden, sondern hier die Lymphkörnchen in der Sülze zerstreut und wie eingesprengt
getroffen werden.
Dä ich den Lymphkörnchen ähnliche Körperchen auch in dem Bezirke der venösen Strömung
des Blutes finde, so vermuthe ich, dafs diese die Embryonen der Blutkörner sind, welche in der Blutbahn
und besonders im Lungenbezirke ihre vollendete Bildung erhalten.
Wo und wie sie erzeugt werden, ob sie nämlich erst in den Lichtungen der Lymphäderchen
durch eine besondere Vereinbarung der nähern Bestandteile der Lymphe entstehen, oder ob sie wie
die Blutkörnchen der Amphibien und Fische nach Baumgartner3s Beobachtung aus den Dotterkügelchen,
hier von den zarten Molleculen der plastischen Masse der peripherischen Gebilde erzeugt werden, das
sind Gegenstände, die noch weit aufser den Grenzen meiner Erfahrung und Beobachtung liegen, und
zahllose Untersuchungen der Lymphgefäfse lehrten mich blofs, dafs in den zartesten Lymphäderchen
weder Lymphkörnchen zu sehen sind, noch Baum für deren Aufnahme vorhanden ist.
Die Tab. IV. Fig. 2 stellet die Lymphkörnchen so dar, wie ich diese gleich nach dem Abflufs
aus einer Wunde der untern Gliedmafse in der Gegend des Kniegelenkes im frischen Zustande gesehen
habe und abzeichnen liefs.
2. D e r M i l c h s a f t .
(Chylus.)
Was Leure t, Lassaigne, Prevost und Dumas, Rudolphi, Weber, Joh. Müller, besonders
Tiedemann und Gmelin über den Chylus der Thiere sagten, ist so bekannt, und zu einem solchen
Grade des Einklanges erhoben, dafs sich diesen musterhaften Untersuchungen nichts Neues hinzufügen
läfst. Da ich den Milchsaft, aus dem menschlichen Körper entnommen, nie zur Untersuchung erhielt, und
1. L y m p h -a.
Tab. IV. Fig. 2.
Iste humor, cujus penitiorem indaginem in animalibus instituerunt: Tiedemann, Gmelin,
Brande, Emmert, Reuss, Lassaigne ; Sommering autem, Bergmann, Wutzer, Nasse et Joh. Müller,
in homine ipso, — iste humor inquam, proprio vasorum genere susceptus, sub investigatione micro-
scopica, duplici principio compositus apparet.
Longe major ejusdem pars fluida est, decolor, pellucida, et suecus lymphaticus nobis dicitur.
Sub aöris atmosphaerici cöntactu, coaguli genus in se evolvit, telae aranearum subtilitate et teneritu-
dine simile, lllud coagulum mole continuo auctum, parum tantum de materia homogenea gelatinosa
relinquit, quae hinc inde, alteram chyli partem, sphaerulas nempe parvas sibi immixtas habet.
Accuratior hujus gelatinae investigatio in fibrillis supra memoratis structuram peculiarem non-
dum patefecit.
Altera lymphae pars, granula seu sphaerulae lymphae, quantitate multo minor est, et nonnisi
summa attentione potest cognosci, quia'tanta singulorum granorum subtilitas et pelluciditas est, ut
sensum fere subterfugiant.
Singulae sphaerulae—^- poll. Vindobonensis partes diametro aeqdant, et vel omni ex parte
sphaericae sunt, vel ovalem figuram repraesentant.
Haec sphaerulis sanguinis quidquam analoga corpuscula, primo succo lymphatico libere innatant,
mox tarnen contrahuntur, quasi tabefiunt, et nullum, uti in vesiculis sanguinis observatum fuit, nucleum
recludunt. Hoc in statu, a sero coagulato retinentur, quin tarnen secundum Mülleri observationes,
lineatim juxta ponantur, et fibras illas efforment, quae sub coagulatione sanguinis oriri visae sunt.
Nègare non possum, me in sanguine venoso, similes sphaerulas crebro conspexisse, ita ut
suspicione tenear, hasce sphaerulas in sanguine venoso hinc inde obvias, quasi embryones atomorum
esse, qui essentiam sanguinis arteriosi constituunt, et quorum ulterior evolutio in systemate haema-
tophoro, et praecipue in pulmonibus efficitur. — Quomodo istae sphaerulae generentur, et quale sit
earum producens organon, certo non liquet. An,in systemate lymphatico, ex lymphae ipsius prin-
cipiis mutuo congredientibus fiant, an vero ex materia organica protobia, quae diversarum corporis
liumani partium basin sistit, simili ratione evolvantur, uti in amphibiis et piscibus ex globulis vitelli,
id inquam, apodictica certitudine nec aflirmare nec negare audeo, et solummodo fateor, me assiduis
et repetitis vasorum lymphaticorum observationibus illud solummodo evictum habere, quod in vasculis
hyalinis minimae diametri, nunquam istae sphaerulae appareant, neque ob tenuitatem vasorum sum-
mam locum in iis possint invenire.
Tab. IV. Fig. 2 similes sphaerulas expressas monstrat, quales in lympha, ex vulnere ad po-
plil-em stillante, recenter vidi.
2* C h ÿ 1 u s.
Sententiae quas Leuret et Lassaigne,. Prévost et Dumas, Rudblphi, Weher, Joh. Müller, praecipue
vero Tiedemann et Gmelin circa chyli in animalibus naturam, in medium protulerunt, omnis
dubii suspicionem adeo superant, ut illis laboribus, abunde notis, et omni laude longe majoribus,
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