B.
Der die Blutbahn überschrittene plast i sche Stoff.
Tab. IV. Fig. i .
Beobachtet man beim lebenden oder todten Thiere die organische Wesenheit in der nöthigenVer-
dunnung ihrer Bestandtheile mittelst des Startern optischen Apparates, so erblickt man aufser denGefäfs-
raumen über den intermediären Gefäßen des betreffenden Körperbezirkes eine, bald dünn, bald dick
aufgetragene Lage eines grauweifslichen Stoffes, welcher einerseits aus zarten eines Wiener Zolles
im Durchmesser enthaltenden durchsichtigen Bläschen, andererseits aber aus'einer in den Zwischenräumen
der Bläschen eingeschalteten, farbenlosen, klaren Flüssigkeit zusammengesetzt wird. Ich nenne
denselben, da er für den Bau der verschiedenen Organtheile verwendet wird, den bildbaren Stoff, den
Blasenstoff, oder den Thierurstoff (Materia plastica., Moleculae).
D ie Q u e l l e d e s e x a n g i s c h e n b i ld b a r e n S t o f f e s i s t d a s G a s fo rm d ie
A d e rw ä n d e d u r c h d r in g e n d e S e rum d e s B lu t e s .
Obgleich ich stets, bald nach dem Auftreten einer echten nud plastischen Entzündung, bei der
Untersuchung des entzündet gewesenen Körperbezirkes, aus den intermediären und kapillaren Gefäßen
eine unzählige Menge neuer Aederchen hervorgewachsen sah, welche die Sphäre der Moleculen in
Form von zarten Gefäfsmaschen umgürtelten, und so im Allgemeinen ein kleinmaschiges Netz dar-
steUen 5 so konnte ich im Normalzustände der Gebilde, aller Bemühung ungeachtet, selbst bei der
stärksten Vergrößerung, an den Aderwänden nie Oeffnungen entdecken, die ich als Ursprünge dieser
Kanalchen oder anderer Wege hätte ansehen können, welche den Uebertritt des Serums aus dem
Aderbezirk in die Organenwesenheit begünstigten, und so die Annahme der sogenannten Vasa serosa
der das weifse Blut führenden Gefäfse, rechtfertigten.
Auf diese Erfahrung gestützt, mufs ich annehmen, dafs die höchst einfache und lockere Textur
besonders die der kapillaren und intermediären Gefäfse und die dadurch begründete greisere Permea-
ilitat der Gefafswandungen, die einzigen begünstigenden Momente für das Extravasiren des Blutdunstes
sind. Blicken wir auf die Bauart des intermediären Gefäfsnetzes zurück, und erwägen wir, dafs dieses
an seinem äußern Umkreise Hofs aus dem Breistoffe, dem die zartesten Lymphgefäßchen und Nerven-
rohrchen einverleibt sind, und nach innen von einem zarten Hornblättchen, das die abgestorbene
und halb verbrannte (oxydirte) Thiermasse bildet, zusammengesetzt ist, so finden wir in dieser anatomischen
Anordnung sattsame Anhaltspunkte, um uns auch ohne die Existenz wahrer org an is ie r
Kanalchen den Uebertritt des Serums durch Exosmose sehr leicht zu erklären.
Untersucht man den exangischen plastischen Stoff genauer, so beobachtet man - was besonders
an en Grenzgebilden des Körpers schön zu sehen ist - dafs nicht der ganze Vorrath der ausgehauchten
un ie o igen ormverhaltmsse angenommenen Materie wirklich zu dem Baue des vorliegenden Organ-
1 ..i 6S *erwendet Wlrd> sondern dafs ein grofser Antheil derselben sieb vom Horizonte des betreffenden
Korperbezirkes entfernet, allmählich in die Absterbung geräth, uhd in diesen Zustand gerathen, nach
vorläufigen Metamorphosen endlich wirklich aus dem Bereiche des Kornes abgestofsen wird. Die für
neue organische Bildung verwendete Hälfte des Exsudates der intermediären Gefäfse nenne ich daher
en belebten plastischen Stoff, die zweite Hälfte aber, da sie als ein lebloser Körper den mechanischen
Gesetzen untergeordnet, und von diesen beherrscht wird, die anorganische Materie.
„ , Da ,t'der dlf,Ser St0ffe seiner Umwandlung eigene Produkte ins Daseyn rufet, so dürfte eine
c eidung dieser Erzeugnisse, rücksichtlich ihrer Natur, auch für unsere weitern Forschungen und
Darstellungen liier am rechten Orte seyn.
B.
Ma t e r i a p l a s t i c a e v a s i s e g r e s s a.
Si substantiam organicam partis cujusdam, sive vivae sive mortuae, sub maxima microscopica
auctione diligentius consideramus, stratum aliquod satis tenue materiae ex albo-griseae, extra va-
sorum alveos in interstitiis liberis eorum conspicimus, quae partim vesiculis, decies millenam partem
pollicis Yindobonensis in diametro tenentibus, partim cemento homogeneo, vesiculas uniente,
componitur. — Quoniam haec materia, omnium organorum substantiam ingreditur, et eorum basim
organicam constituit, p la s t i c a m per excellentiam vocare plaCuit,
F o n s h u ju s m a t e r ia e e s t s e rum s a n g u in i s , q u o d su b fo rm a h a l i t u s v a p o -
r o s i , p e r p a r i e t e s v a s o r um p e n e t r a t .
Quicumque partem organicam, inflammatione genuina, pyogenetica, parenchymatosa correp-
tam, materia colorata injectam, microscopice investigaverit, certe innumera vascula nova, e capil-
laribus oriunda mecum facile videbit, quae molecularem materiae plasticae substantiam undiquaque
penetrant, eamque retihus satis densis copiose intercipiunt.
In statu sano autem, nunquam mihi lieuit adeo esse felicem, ut orificia in vasculis minimis
praeexistentia conspexerim, quibus seri sanguinis extravasatio in materiam organicam circumpositam
possibilis fieret. — Yasa ergo arterioso - serosa, exhalantia, secundum nostrae experientiae vim,
prorsus non existunt, et unica via, quae sero sanguinis extravasanti superest, in permeabilitate
parietum consistere videtur, quae necessario eo major evadit, quo magis diameter arteriarum mini-
marum decrescit.
Quod si Lector benevolus ad ea animadvertat, quae prius jam, de structura systematis vasorum
intermediorum diximus, nempe omne vasculum intermedium, non ex propria tunica formari,
sed quasi cuniculum sistere, in materia organica circumflua excavatum, et epithelio duriore, quasi
oxydato intus muniri, quodsi inquam ad haeC Lector attendat, certe causam extravasationis per
exosmosim invenire, non labor arduus erit.
Sub accuratiori materiei plasticae extra vasa effusae examine facile apparet, nöii omne id quod
per vasa exhalatur, in organorum formationem impendi.