e. D i e b ü n d e l f ö r m i g e n R ö h r e n .
(Tu bu li fasciculatim jüncti.J
Tab. X. Fig. 2.
Die in Cylinderform fortgesetzten, bündelartig vereinten Schleimhautverlängerungen durchdringen
die Nierensubstanz, und bilden in selber jene pyramidischen Körper, welche unter dem Namen
der Malpighischen Pyramiden bekannt sind.
So fleifsig und aufmerksam die Nieren schon von Marcelli Malpighis Zeiten her von so vielen
wackern und im Fache oben anstehenden Männern, und insbesondere von Lossius3 Nu ck3 G. Mylius3
Fried. Ruysch 3 Eysenhardt3 Rathke3 Borden 3 Ferrein 3 Schumlansky 3 Huschke 3 Weber und Joh.
Müller untersucht und beschrieben wurden; so konnten mich dennoch diese allerdings höchst schätzbaren
Ausbeuten und Arbeiten um so weniger befriedigen, als ich einerseits die Meinung achtbarer
Männer über die wichtigsten Gegenstände gespalten erblickte, andererseits aber durch eigene praktische
Erfahrungen bei Einspritzungen der Nierenschlag- und Blutadern immer mehr zur Vermuthung gedrängt
wurde, in diesen Organen eine unmittelbare Verbindung zwischen den peripherischen Endtheilen der
Harnschleimhaut und den Theilen der intermediären Blutbahn anzuerkennen. In der vorläufigen Mittheilung
über die Bildungsverhältnisse des excentrischen intermediären Gefäfsnetzes der Nierenknäuel
(siehe Medicinische Jahrbücher des österreichischen Staates, Band XV, Seite 259) äufserte ich die
Vermuthung, dafs aus dem oben erwähnten Netze höchst wahrscheinlich die Ausführungsgänge der
Nieren hervorwachsen dürften, und dafs somit eine richtige Scheidung der Drüsen in diejenigen,
welche mit abgeschlossenen Ausführungsgängen, und in die, deren excernirende Gänge mit den
Blutgefäfsen kommuniciren, eine noch immer zu lösende Aufgabe‘verbleibe.
Diese Aeufserung vermochte Joh. Müller, den hochverdienten Naturforscher unserer Zeit,
den ich so sehr hochschätze, in seinem Archive (siehe Jahrgang 1835, Seite 8 ) zur nachfolgenden
Erklärung: »Die Lösung dieser Aufgabe ist doch wohl die, dafs diese Scheidung nicht existirt,
»und dafs wir kein einziges anatomisch richtiges Faktum kennen, welches einen solchen Zusammen-
»hang vor Augen le g t Der Harn wird nicht in Körnern, sondern in aufserordentlich langen, gewun-
» denen Kanälen gebildet, welche unter einander anastomosiren, wie die Samenkanäle des Hodens.«
Würde mich meine vorliegende ausgedehnte Arbeit nicht auch endlich zur umständlichen und
allseitigen Untersuchung der Nieren geführt haben, so wäre diese Bemerkung meines geehrten Kollegen,
der mit ihr jeden weitern Zweifel unterdrückt und gleichsam beendigt zu haben glaubte, für mich Sporn
genug, um weiter zu schreiten, und nach dem, am Schlüsse seiner Widerlegung ganz gut gestellten
Rathe — »um die Drüsen richtig beurtheilen zu können, mufs man ihre Ausführungsgänge injiciren « —
durch eine vollständige Erfüllung sämmtlicher Adersysteme der Nieren das wahre und natürliche Bil-
dungsverhältnifs dieser Organe zu erforschen, und die gewonnenen Resultate der Bestätigung dieser
oder jener herrschenden Meinungen öffentlich bekannt zu machen.
Da mich jedoch der Zweck meiner Forschungen ohnediefs in der vorgefafsten Ordnung auch auf
dieses Gebiet bald versetzte, so kann ich hier jenes mittheilen, was mich eine-strenge Untersuchung
und vom Truge freie mikroskopische Besichtigung an den Nieren erkennen liefs.
Die Drüsenschleimhaut der Nieren ist eine ununterbrochene Fortsetzung jener Schleimhaut,
welche die Harnröhre, die Harnblase, die Harnleiter und die Nierenkelche der drei bekannten Arten
umkleidet. Beide zusammen stellen die Schleimhaut des uropoetischen Systems dar, und man kann
diese füglich in die kräftiger entwickelte Hälfte der, aufser der Nierensubstanz gelagerten Harnorgane,
und in eine zweite Abtheilung spalten, welche die zarten, in der Nierensubstanz verborgenen Kanälchen
in sich begreift.
Im Allgemeinen nimmt die Harnschleimhaut die Form von langen Rohren an, welche an bestimmten
Punkten von blasenförmigen Behältern und Sammelplätzen unterbrochen erscheinen. Das, dem
gemeinschaftlichen Ausführungsgange entsprechende, einfache, höher entwickelte Extrem dieser
Schleimhaut steht mit den innern Umkleidungen des Geschlechtssystemes bei beiden Geschlechtern im
e. T u b u l i f a s c i c u l a t i m j u n c t i .
Tab. X. Fig. 2.
Illae membranarum mucosarum prolongationes, quae in substantia renum sub forma tubulorum
cylindricorum reperiuntur, et nomine pyramidum Malpighii consuetim distingui soient, ad hanc
modificationem membranarum mucosarum referuntur.
Verum est, a Marcelli Malpighi temporibus usque ad beata physiologiae modernae tempora,
multos eosque eximii nominis auctores in dilucidanda renum fabrica versatos fuisse, inter quos
Lossiusj Nuck3 G. Mylius3 Frid. Ruysch3 Bordeu3 Ferrein3 Schumlansky3 Huschke3 Eysenhart3
Rathke3 Müller aliique primi subsellii anatomici referri merentur. Etiamsi tantorum virorum nomina
omnino sufficere videantur, ad qualescumque diflicultates in hoc laboris genere superandas, nihilominus
eorum decretis eo minus assentire valeb, partim quia sententiae eorum inter se non concordant, par-
tim quia secundum tenorem meae experientiae, ex injectionibus felicissimis arteriarum et venarum
renalium haustae ad id credendum indüctus fuerim, existere aliquam unionem tubulorum uriniferorum
cum vasis sanguiferis ipsis.
Jam anno praeterlapso (vide: Acta medica imperii austriaci. Tom. XV. pag. 239) publiée
confessus sum, ex rete intermedio sanguifero renum, verosimiliter ductulos urophoros originem deri-
vare, et glandularum secernentium classem in duos ordines forsan dispesci posse, quorum unus
glandulas cum ductibus excretoriis coecis, alter glandulas cum ductibus excretoriis in vasa sanguifera
immediate transeuntibus continet. Haec a me ingenue prolata sententia, adduxit Joannem Müller,
summum nostri aevi physiologum, ad statuendam sequentem, nimis duram sententiam : » Solutio
»hujus problematis haec est, ejusmodi glandularum separationem non existere, inde quod nulla
»experientia anatomica firma hucusque innotuerit, quae talem ductuum efferentium cum vasis san-
»guiferis unionem probarent. Urina non in acinis renalibus, sed in ductulis Bellinianis secernitur,
»qui similibus anastomosibus inter se uniuntur, quales in vasis spermaticis occurrere .soient.«
Etiamsi non in animo habuerim, labores meos in hoc opere etiam supra sructuram renum
extendere, tamen jam illud cl. Professons Berolinensis effatum calcar mihi adderet, hocce organon
ad novam trutinam revocare, »et obsequium ferre consilio ab illo mihi communicato, id est vasa
excretoria ipsa injicere.«
In sequentibus itaque ea communicabo, quae ex meis laboribus, hoc de argumento peractis,
deducere licuit.
Membrana mucosa renum sistit immediatam prolongationem membranae muciparae, quae
urethram, uretheres, pel vim renalem et calices majores minoresque investit, ita ut systema membranarum
mucosarum quae organa uropoetica obducunt, in duas partes possit dispesci, id est, in
membranas mucosas extra et intra renem applicatas.
Membranae mucosae, quae in organorum uropoëticorum parenchymate inveniuntur, tubulorum
sub forma apparent, qui variis in locis receptaculis amplioribus intercipiuntur. — Una harum membranarum
extremitas cum involucris internis organorum sexualium, in utroque sexu, in intimo nexu
versatur, dum altera extremitas, ea nempe quae i’enibus immergitur, in ultimis suis ramificationibus
cum vasis sanguiferis ipsis immediate cohaereat.
AO