Ti'eviranus > J. Clocquct j Meckel, Rudolphi j Heusinger j Weber und Bur dach hierüber gesammelten
Erfahrungen und differenten Meinungen liegen uns vor.
Keine der Öffentlich ausgesprochenen Meinungen über Struktur und Natur dieses Gebildes erfuhr
aber zum Erstaunen eine so günstige Aufnahme unter den Anatomen und Physiologen, als die Ansicht
C .F . W o lf Sj in Folge der das Zellgewebe mit einem halbflüssigen, ungeformten, dem Eiweifse ähnlichen
Körper verglichen wird, der sein zellichtes Aussehen dadurch gewinnt, dafs er wie das Seifenwasser
seine Bestandtheile in Form von Fäden und Plättchen umstalten und darstellen läfst.
Diese Ansicht konnte nur durch eine höchst oberflächliche Betrachtung des zartesten Theiles des
Zellgewebes begründet und unterhalten werden; denn schon die Untersuchung in Beihilfe einer einfachen
Linse läfst an der Wesenheit dieses Gebildes Charaktere entnehmen, welche auf eine komponirte
Bildung schliefsen lassen, und die Betrachtung und Untersuchung des in Rede stehenden Körpers unter
dem komponirten Mikroskope behebet vollends diesen Zweifel über die eigene Struktur desselben.
Schön Fontana, Treviranus und Krause erkannten in der Substanz des Zellgewebes ungemein
feine Fasern, welche letztere mit den Primitivfasern der Sehnen gleich hielten, und erslerer für Cylin-
derchen erklärte. Doch wurde dieser neue Gewinn aus oft unbegreiflichen Ursachen für eine optische
Täuschung erklärt. Home und Bauer sah selbst in dem zarten Zellgewebe der Nerven Zellen, und
Fohmannj Arnold und Panizza fanden an ihren schönsten Injektionspräparaten die Zahl der peripherischen
Lymphgefäfse so grofs, dafs sie sich zu dem Schlüsse gedrängt sahen, dafs das Zellgewebe
ein Erzeugnifs von Lymphadernetzen sey. Nicht minder war durch Janssen uhd Beclards Forschungen
die völlige Abgeschlossenheit der Fettzellen von den Räumen des Zellgewebes bekannt, und
dem ungeachtet fehlet es noch immer an einer klaren Darstellung des Zellgewebes.
Die Beobachtungen, welche ich über die Bildungsverhältnisse dieses hochwichtigen Gebildes
machte, lehrten mich Folgendes:
Zum Baue des Zellgewebes treten die höher gestellten — auf der zweiten Linie der organischen
Bildung befindlichen Erzeugnisse zusammen, und stehen einerseits mit den einfachsten Gebilden der
Peripherie, anderseits aber mit den schon kräftiger entwickelten Reiserchen der Arterien, Venen,
Lymphadern und Nerven im innigsten Bunde.
Wie bekannt lassen sich die Elementartheile des Zellgewebes in Fasern und Blättchen unterscheiden.
Jede, und selbst auch die Elementarfaser des Zellgewebes ist ein Bündel
a) von äufserst zarten Lymphgefäfsen,
b) von peripherischen Nervenröhrchen und
,c) von kapillaren Arterien - und Venenzweigehen..
1. Die zartesten Lymphgefäfse, welche in den Lücken und Zwischenräumen der Mollekulen ihren Ursprung
gewonnen haben, sammeln sich, wie wir bereits oben erwähnt und Tab. V. Fig. 12 bildlich
dargestellt haben — in der Nähe der intermediären Gefäfse, treten mit den Nervenröhrchen des
treffenden Bezirkes gepaart, und sich fortan vorherrschend um die Theile der Blutbahn haltend, doch
auch auf eigenen Wegen wandernd, von dem Gebiete der peripherischen Gebilde ab, und so in
das Innere der Körpertheile. Unmittelbar darauf erzeugen diese Aederchen durch einen koncen-
trischen und immer mehr geregelten parallelen Zug Bündel_, und eben diese bündelarlig vereinten,
sich vereinfachenden, und einem entfernten Centrälorgane ihres Systemes entgegenwandernden
Lymphadern helfen mit den übrigen Gebilden ihrer Stufe eine Faser des Zellgewebes darstellen.
2. Die peripherischen Endigungen der Nervenröhrchen stehen — wie wir Tab. V. Fig. 12 zeigten_
mit den Bläschen des belebten plastischen Stoffes in organischer Verbindung und unmittelbarem
Verkehr. Ihre zur Selbstständigkeit erwachsenen Züge bahnen sich aus dem Bezirke der einfachsten
organischen Gebilde einen direkten Weg zu den höher entwickelten Zweigen ihres Systemes, und
gesellen sich daher bald zu der Wanderung der kapillaren Blutgefäfse, bald zu dem Zuge derLymph-
ader der zweiten Linie des Körpers, und so findet man das Bündel der aus dem peripherischen Gebiete
hervorkommenden Nervenröhrchen bald den nebenliegenden Adern der Länge nach angebildct,
Ex meis observationibus microscopicis sequentia tanquam certa et evicta deducere possum :
Telam cellulosam minime organon adeo simplex esse, uti plurimi physiologi hactenus credi-
derunt, sed potius vasculis sanguiferis, lymphaticis,' tubulisque nerveis fere ditiorem esse ulla alia
organismi parte.
Omnis fibra elementaris hujus texturae componitur èrgo :
a) Ex vasis lymphaticis tenuissimis,
b) Tubulis nerveis periphericis,
c ) Arteriis venisque capillaribus.
1. Vascula lymphatica, uti prius jam exposuimuS (Tab. V. Fig. 12) ex interstitiis molecularum
oriunda, sese in vicinia vasorum intermediorum tubulis nerveis associant, et vascula sanguifera
continuo concomitantia, a peripheria versus centrum organi praesentis decurrunt. Mox in fasciculos
colliguntur, anastomosibus pluribus invicem inosculantur, et tali pactu maximam telae cellularis
partem constituunt.
2. Extremitates periphericae tubulorum nerveorum, uti pariter ex praegressis innotuit (Tab. V.
Fig. 12), e vesiculis sive sphàerulis materiae plasticae primitivis dérivant, iterum vasculis capillaribus
sive lymphaticis sive sanguiferis tanquam comités accedunt, et dum a peripheria organi
versus truncos majores convergunt, fibrae cellularis elementum sisturit.
3. Vascula sanguifera, itidem fibrae cellulosae simplicis partem constituentem efficere, per se clarum
est, quippe quae cum vasis lymphaticis et tubulis nerveis ubique in commercio existunt, eorum-
que decürsum amussis ad instar dirigunt.
4. Haec non tantum de arteriolis minimis, verum etiam de surculis venarum intermediarum dicta
sunto.
Ratio harum partium, fibram cellularem constituentium, talis esse videtur, ut vascula lymphatica
numéro et evolutione reliquis antecellant.
Longe minori frequentia tubuli nervei adsunt, — vasorum autem sanguiferorum praesentia
non adeo necessaria est, ut potius- in pluribus fibris cellularibus omnino deesse videantur.
Révéra ea, quae natura in minimis machinatur, tam grandia et excelsa sunt, ut humanos
sensus, mentisque limitatas vires longe superent, et temerarium foret naturae voluntatem verbis im-
paribus exponere, aut mira ejusdem opera, ulla imagine imitari.
Quare in ulteriori hujus rei expositione virium mearum lapsum sentio, et nonnisi longe
insufliciente conamine (Tab. V. Fig. 12) aliquam hujus slructurae iconem exhibere potui.
Tubuli nervei ergo N constans et absolute necessarium fibrae cellulosae elementum sistunt,
neque potest ullus textus cellulosus cog ita r i,.in quo essentialis nervorum societas desit, — unde
sequitiir, facultatem sentiendi textus cellularis summam praerogativam esse»,