Zweite K lasse, sweite Ordnung, erste Familie.
D I E W A S S E R H Ä U T E .
Alle gröfsern und kleinern freien Räume und Hohlen, die mit der iiufsern Oberfläche des Körpers
in keiner Continuität stehen, sondern vielmehr von dieser strenge abgeschieden sind, werden von dichten,
oft ungemein zarten, weifsröthlichen, halbdurchsichtigen, an einer ihrer Fläche glatten Blasen
umhullt, die nicht allein die gegen einander sehenden und sich berührenden Gebilde abgrenzen, sondern
auch zugleich das Vermögen besitzen, einen Saft eigener Art zu erzeugen, und'an ihre freie Fläche;
zur Erreichung eines bestimmten physiologischen Zweckes zu fördern. Man nennet sie im Allgemeinen
die Wasserhäute.
Die hieher gehörenden Zellen, Scheiden und Blasen sind in den verschiedenen Theilen des
Körpers in grofser Anzahl eingetragen, und stellen rücksichtlich ihrer iniiern Zusammensetzung mehrere
Stufen, die wir Sippen neunen wollen, dar.
1. Auf der niedersten Stqfe steht die Sippe der Zellbläschen.
2. Auf der zweiten Stufe erblicktman die Sippe der Wasserhäute der Sinnesorgane und der Gehirnhöhlen.
3 Auf die dritte Stufe erhoben, erscheinen die Schleimbeutel der Haut, der Sehnen, der Muskeln
die serösen Umkleidungen der fibrösen Scheiden und Gefafse, und endlich die Gelenkhäute.
4- Die vierte Sippe, und zwar die am höchsten gestellte, setzet die Klasse der eigentlichen Wasserhäule
der Körperhöhlen zusammen, und in diese gehört die Spinnwebenhaut des Gehirnes und des
Rückenmarkes, der Herzbeutel, die beiden Brustfellsäcke, die eigenthümliche Scheidenhaut
des Hodens und das Bauchfell.
Was das Gewebe dieser Häute betrifft, so hat man bis nun nur von den gröfsern Wasserhäuten
mit Gewifsheit einzelne Bildungsverhältnisse hervorgehoben, und die Meinungsverschiedenheiten, als auch
die verschiedenen Beiträge zur nähern Aufklärung der anatomischen Anordnungen dieser Häute, beweisen
eben so sehr die Schwierigkeit in der richtigen Auffassung und Deutung der Bildungseigenheiten der
Membranen dieser Familie, als sie das über diese Gebilde noch nicht gelichtete Dunkel verrathen.
Nesbithj B onn, Hunter, Bichat, Beclard , Dupuytren , Richer arid, Walter, F . Meckel,
Meyer, Heusinger,- Weber und Burdach versuchten die Natur der serösen Blasen in ein, reineres Licht
zu fördern, und denselben den wahren Platz in der Reihe der organischen Gebilde einzuräumen.
Unter den verschiedenen, über den Bau dieser Häute öffentlich ausgesprochenen, Meinungen stehen
sich wohl die eines Mascagni und Rudolphi am differentesten gegenüber, indem der erstere selbst
in der anorganischen Schichte der Wasserhäute noch eine grofse Anzahl von Lymphgefäfsen wahrgenom-
meu haben wollte, der letztere aber das ganze Gewebe dieser Gebilde aus dem Gebiete der organischen
Erzeugnisse ausgeschieden wissen wollte.
Meine mikroskopischen Untersuchungen räumen den zur Sprache kommenden Membranen nicht
allein die Rechte der organisirten, sondern selbst auch die der höher belebten Organe in den verschiedenen,
bereits oben erwähnten, Stufen ein.
A. <f r s t f 0 t p p r Ir e r ll) a s s c r I) ä u t e.
DIE Z E L L B L A S EN.
Als ein wesentlicher Bestandtheil des Zellgewebes wurden diese zarten und kleinen Bläschen
bereits oben (siehe Seite 96) geschildert, und Tab. V. Fig. \% bildlich dargestellt. Hier, wo wir die
Bildungsverhältnisse der Wasserhäute in einer geordneten Reihe an einander zu stellen beabsichtigen,
erübriget uns nur zu erwähnen, dafs diese die niederste Stufe des serösen Systemes einnehmenden Gebilde
die einfachste Struktur darbieten, und einerseits blos aus einer dünnen Lage vom belebten plastischen
Stoffe, aus welchem zarte Lymphgefäfschen hervorwachsen, und mit dessen Bläschen die peripherischen
Nervenröhrchen Zusammenhängen, dann aus einem zarten Hornblättchen, andererseits aber aus
einem intermediären Aderringe, der das ganze Bläschen umfasset und einschliefset, zusammengesetzt sind.
Familia prima classis secundae, ordinis secundl
M EM B R A N A E S E R O S A E .
Cava corporis animalis interna, majora et minora, quae cum superficie externa nullo orificio
communicant, membranis tenuibus pellucidis, albidis, vesicas formantibus obducuntur, quae varias
prolongationes ad viscera in hisce cavis contenta mittunt, et secretionem largam sustinent, quae super-
ficiem internam jugiter irrorat atque lubricat, quare membranarum serosarum nomen adeptae sunt.
Formae differentes seu varietates membranarum serosarum modo sub forma vesicarum, modo
vaginarum apparentes, quae in variis corporis humani provinciis occurrunt, sunt sequentes.
1. Infimum gradum occupant vesiculae cellulares.
2. Secundum membranae serosae organorum sensus et cerebri.
3. Terlium bursae mucosae subcutaneae, bursae synoviales tendinum, musculorum, vaginae tendinum,
interna membrana vasorum et articulorum.
4. Quartum locum tenent membranae serosae, proprie sic dictae, quales in cavis corporis majoribus
occurrunt, arachnoidea cerebri * et medullae spinalis, pericardium, utraque pleura,
tunica vaginalis testium propria, et peritoneum.
Quod fabricam harum membranarum attinet, hucusque tantummodo in majoribus et magis
6volutis texturis serosis auctores investigationes suas posuerunt, et quidem varia cum fortuna; ut
diversitas sei-tentiarum inde enatarum, non solum sufficiens argumentum pro hujus laboris diflicul-
tate sistat, verum etiam totam rem adhuc in ambiguo liaesitare, clare demonstret.
Nesbith, Bonn, Hunter, Bichat, Beclard, Dupuytren, Richer and, Walter, F Meckel,
Meyer, Heusinger, Weber et Burdach, in hosce labores sedulo incubuerunt, et Mascagni et Rudolphi
sententiae adeo polares et sibimet oppositae fuerunt, ut hie loci afferri et ventilari omni jure mereantur.
Mascagni enim in strato sic dicto anorganico adhuc vasa lymphatica, magno numero praesentia
defendit, Rudolphi vero omnes serosas tunicas, organisationis charactere prorsus destitutas esse declaral.
Nostri labores repetiti, et observationes microscopicae genuinae, non solum characterem orga-
nicum harum membranarum vindicant, sed miram quoque et complicatissimam earum structuram
internam palam faciunt.
A. t t a r i r t a s seit fo rm a p r im a m em b ran a rum s e ro o a rum .
V E S I C U L A E C E L LUL A R E S .
Hae vesiculae, tanquam principalem textus cellularis partem constituentes, prius jam expositae
(pag. 96) et Tab. V. Fig. 12 delineatae sunt.
Hie solum systematis gratia meminisse juvabit, vesiculas cellulares textura simplicissima excel-
lere, et una parte ex strato subtilissimo materiae plasticae granulosae (ex quo vasa lymphatica ubera
egrediuntur) constare, et lamina cornea pariter tenuissima investiri, quae duo vesiculae cellularis
principia sacciformia, corona vasculari seu cingulo potius, vasis intermediis fbrmato ambiuntur.