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ter solchen Genüssen die Stunden nur zu schnell
dahin eilen.
Anders ist es in Brasilien. Ermattende
Hitze steht an der Stelle der angenehmen Frühlingsluft
unserer Zone. Die das ganze Jahr hindurch
hier lebenden Vögel zeigen kaum eine
Veränderung, sie verlassen grofsentheils die
Pflanzungen und die Nähe der menschlichen
Wohnungen. Da wo man sie vorher in Gesellschaften
fand, sieht man sie jetzt einzeln
oder paarweise, nur ihr Gesang zeigt etwas
mehr Leben und Abwechselung. Die Wälder erneuern
zum Theil ihr Laub, jedoch ohne vorher
von demselben entblöfst gewesen zu seynj
die Pflanzen machen neue Triebe, wodurch die
jungen Blätter der Bäume an den Spitzen der
Zweige gewöhnlich schön roth, gelbgrün oder
hellgrün erscheinen. Prachtvoll ist alsdann der
Anblick jener Urwälder! hier kann die Kunst
des Malers die Natur nicht erreichen! Die Kronen
der höchsten Bäume sind zum Theil von
jungen Blättern prachtvoll gefärbt: rosenroth,
von der reinsten herrlichsten Mischung prangen
die hohen abgerundeten Kronen der Sapucaya-
Bäume, die in greiser Anzahl hier wachsend,
die Waldungen ungemein zieren; eben diese
Farbe, nur in einer etwas dunklern Mischung,
geben den Kronen der Waldbäume die gedrängten
Blüthen der Bougainvillea hrasiliensis, eines
an den höchsten Stämmen hinaufsteigenden
Gewächses; die Familie der Trompetenblumeu
{Bignoniaceae) und manche ähnhche verwandte
Gewächse, mit weifsen , hoch-und blaCsgelben,
orange, rosenrothen , violetten oder hochrothen
Blumen von allen erdenkbaren Schattirungen
und Farben-Abstufungen überschüttet, geben,
vereint mit den himmelblauen der Petraea und
anderer Prachtgewächse, Ansichten, welche
man selbst gesehen haben mufs, um sich davon
ein hinlänglich erhabenes Gemälde entwerfen
zu können. Man würde leicht ein solches Bild
weit mehr ausmalen, und dasselbe dem Leser
noch anziehender darstellen können, allein es
ist nicht gut, zu blühend und dichterisch dergleichen
Scenen zu beschreiben; denn nur zu häufig
wird man durch die Stärke der eigenen Empfindung
fortgerissen, obgleich es unmöglich
ist, jene erhabene Natur mit Worten zu schildern.
So finden wir z. B. in einer höchst interessanten
und vorzüglichen neuern Reisebeschreihung
über Brasilien an mehreren Stellen die
Schilderung der dortigen Natur ein wenig übertrieben
, obgleich höchst anziehend für den Leser,
woher auch der Beifall französischer Receni
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