Was den Umfang des Terrains anbelangt, dessen Vegetabiliën die Cblo ris auf-
zälilt; so habe ich midi, um eine natürliche Abrundung zu gewinnen, zwar nicht streng
an die politischen Grenzen gebunden, diese aber auch nicht bedeutend überschritten.
Dem gemäss sind namentlich die wichtigem Gewächse des Herzogthums Braunschweig,
besonders in soweit dasselbe vom Hannoverschen eingeschlossen ist, und die des ge-
sammten Harzgebirges mit aufgeuommen worden. Die ausserhalb der Grenzen des Königreichs
belegenen Pflanzenstandörter sind jedoch, um sie als solche zu bezeichnen, zwischen
Clammern gesetzt.
Dem nähern Zweche der Chloris entsprechend, der den Landeseinwohnern die
n ä chste Beziehung der nutzbaren Gewächse und ihre Gewinnung in Quantität zu
erleichtern beabsichtigt, ist die Verbreitung der TPflanzen, unter Aufführung zahlreicher
S t a n d ö r t e r es sind deren gegen 19,000 aufgenommen — stets von Süden
gegen Norden fortschreitend, durch die einzelnen Provinzen des Landes verfolgt und
nachgewiesen worden. Von der wissenschaftlichen Seite betrachtet, gewährt diese Anordnung
der Standörter einerseits den Vortheil, das geographische Verhältnis« der Verbreitung
jeder einzelnen Pflanze leicht übersehen zu können 5 und andererseits führt der
specielle Verfolg der Pflanzenarten von den Gebirgshöhen des südlichen Landestheils,
durch die Kalk- und Sandsteinflötze der Vorgebirge und Hügelzüge, durch fruchtbare
Ebenen, durch Heiden und tiefe Moore, bis in die tbonig-humosen Marschen und an den
Meeresstrand der Nordgrenze mit seinen Inseln, wo hier der Salzschlamm, dort der reine
Kies der Strömungen den Boden bedeekt — zu manchen interessanten, auch für die
Beurtheilung und Nutzung des Grundes werthvollen, Aufschlüssen über die natürlichen
Verwandtschaftsverhältnisse, welche zwischen den Bestandmassen des Bodens und der ihn
bekleidenden Vegetation Statt finden. Der geographische Thcil der Flora wird die Beobachtungen,
welche auf diese Weise gewonnen wurden, und die Resultate, welche
ihre Zusammenstellung ergab, ausführlich mittheilen.
In der Angabe des Vorkommens der aufgezählten Pflanzen ist öfter die nördliche
Landeshälfte von* der südlichen unterschieden worden. Zur Erläuterung dieser Bezeichnung
bemerke ich, dass jene die Landestheile in sich fasst, welche nördlich der,
unter Braunschweig und Hannover durch nach Osnabrück laufenden, Linie liegen, die
durch den Übergang der Berg- und Hügelzüge der kleinern, südlichen Landeshälfte
in die Ebenen der grossem, nördlichen bezeichnet wird. Mit ihr tritt eine wesentliche
Veränderung der Oberflächenbildung wie der Bestandmassen des Bodens ein, die auch
mehrern Beziehungen nach in den klimatischen Verhältnissen ausgesprochen ist. Daher
bildet diese Scheide denn auch eine durch bestimmte Gbarakterzüge bezeich-
nete Theilungslinie für die Verbreitung der Gewächse und das Verhalten mancher
derselben.
Die systematische Anordnung, in welcher die Gewächse des Landes nach den natürlichen
Familien hier aufgefuhrt sind, wird, mit Hinsicht auf die vorangeschickte erläuternde
Übersicht der Eintkeilung und die charakterisirenden Bezeichnungen der Verwandtschaftskreise,
keiner weitern Erörterung bedürfen.
Über die, meines Wissens hier zum ersten Male durchgeführte, Aufzählung der
Pflanzenformen als Arten, Unter-, Schein-, Abarten u. s. w. habe ich mich ebenfalls
in der Vorrede zur Landesflora geäussert, und dort auch die Definitionen der
-für diese Verwandtschaftsstufen eingeführten Ausdrücke gegeben l . Auf diesem
Wege dürfte, meiner Meinung nach, der in neuerer Zeit — ich möchte sagen Mode
gewordenen, naturwidrigen Zersplitterung der Pflanzen formen, welche aller eindringlichen
Kenntniss derselben, deren Grundlage stets die Ermittelung der Verwandtschaft und
die Einigung des Verwandten seyn muss, den Zugang versehliesst, mit dem mehrsten
Erfolge eotgegengewirkt werden. Dass seine Betretung, besonders anfänglich, ohne Irrungen
im Unterbringen dieser und jener Form auf den Stufen der Verwandtschaftsscale
ablaufen sollte, wer möchte dies erwarten! Auch ich halte mich in dieser Beziehung
von begangenen Fehlem keinesweges frei. Die fortrückende Zeit wird uns indessen —
^vollen wir nur der Eitelkeit entsagen! dem erwünschten Ziele mit sicherm Schritt
entgegenführen, wenn wir beharrlich diesem Wege folgen.
Eine ausführliche, Synonymie der aufgezählten Pflanzen zu geben, lag nicht im
Zwecke der £ lilo r is . Dagegen habe ich einige Sorgfalt darauf verwendet, ihr kritischen
Werth zu verleihen, wie meinen Lesern vom Fache nicht entgehen wird5 wenn
ich auch nicht hoffen darf hinsichtlich der Reduction mancher, in der neuern Zeit aufgestellten
Pflanzenarten, den Beifall eines Jeden einzuernten. Es ist Pflicht des Naturforschers,
die Ergebnisse seiner Forschungen wahrheitliebend und offen der Wissenschaft
vorzulegen. Liegt ihnen treue Beobachtung zum Grunde, so tragen sie sicher, sei es auf
diese oder jene Weise, zur Förderung der Wissenschaft bei, womit endlich die Gemüther
?ur Versöhnung sich geneigt zeigen werden. Nicht immer reichen indessen Zeit und
Zahl der Beobachtungen aus, um zu sichern Resultaten zu gelangen} und nicht immer
begünstigen, auch bei dem redlichsten Streben, Natur und Intelligenz die Forschung
dergestalt, dass wir aus den Beobachtungen das Rechte folgern. Daher bin ich auch
weit entfernt, meine Kritik von Missgriffen frei zu halten. —
Ausser der zweiten Ausgabe von L in n e sp e c ie s plantar um habe ich wenige
und nur solche Schriftsteller citirt, deren Vergleichung ich entschiedenen Werth für die
Kenntniss der betreffenden Pflanze beilege, oder solche, die, meiner Meinung nach, einer
Berichtigung bedurften. Dass die letztem dennoch nicht selten auch zugleich den
erstem beizuzählen sind, bedarf kaum einer Erwähnung.
Was die Abbildungen betrifft, so ist durchgängig S mith and Sowerby en g lish
botany angeführt worden5 theils des klassischen Werthes wiegen, den dies Werk hat,
theils um eine Vergleichung unserer Flor mit der des uns verbundenen Nachbarstaats zu
'gewähren. Diejenigen Gewächse unseres Landes, bei denen die E n g lish botany nicht
citirt ist, wachsen in Grossbritannien nicht. Ferner sind die Zergliederungen aus
S ciikuhr’s botanischem Handbuche, über deren Werth hier nichts gesagt zu werden
braucht, durchgängig angeführt. Die Flora danica habe ich, als Flor eines an
den unserigen grenzenden Staats, ebenfalls fleissig verglichen, vorzüglich aber die neuern
Bände berücksichtigt, unter denen sich die* yom Hrn. Professor Hornemann herausgegebenen
sehr vortheilhaft auszeichnen. Den Pharmaceuten zu gefallen, habe ich
des yerst. Hayne für diesen Zweig der Pflanzenkunde fast unentbehrliches Werk: GeI
Des Hrn. Prot. B ehnhabdi treffliche Abhandlung diesen Gegenstand betreffend: {Über den B e g r iff der
P fla n z en a r t und s e in e A nw en d u n g .'E r fü ft 1834, erschien im Buchhandel, alä der Druck der Chloris,
der im September 1834 begann, bereits arigefängen hatte.
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