E i n l e i t u n g .
I, Kapitel.
Die Wohn- und Entwiekelungsstätte der Hypogaeen.
Innerhalb des Bodens unserer Wälder und der waldähnlichen Plätze vollzieht sich in friedlicher Stille
und fern vom Licht die Entwickelung und Gestaltung der Mehrzahl der Hypogaeen. Sie beanspruchen
im allgemeinen einen langen, sich oft bis in den Spätherbst und Winter hinein erstreckenden
Zeitraum für die Ausbildung ihrer I.eiber {Fruchtkörper), doch begünstigen feucht-warme Sommer- und
Herbsttage ihre Lebens- und Entwickelungsthätigkeit in nachdrücklicher Art. Sie stellen meist knollige,
kugelig, birnen-nierenförmig bis ganz unregelmässig gestaltete, in den Grössenverhältnissen sehr wechselnde
Bildungen von fleischiger, doch auch knorpeliger bis holziger Konsistenz vor und gehören mit wenigen
Ausnahmen den Familien der H ym e n o g a s tr e e n , E lap h om y c e ten und T u b e ra c e en an, die zur
Zeit innerhalb des Pilzsystems ihren Platz haben.
Um die soeben nur erst ganz allgemein angegebene Wohn- und Entwickelungsstätte der Mehrzahl
dieser Organismen näher zu markieren, ist es notwendig, den Boden unserer Wälder und der
waldähnlichen Plätze, wie Parkanlagen und dergleichen etwas genauer ins Auge zu fassen, selbst auf
die Gefahr hin, jedermann bekannte Dinge zur Sprache zu bringen.
Das Substrat unserer Waldbäume und W''aldsträucher, so verschieden dasselbe auch in seiner
chemischen und physikalischen Beschaffenheit wechseln mag, lässt doch hinsichtlich der Anordnung
seiner Bestandteile in den überaus häufigsten Fällen eine gewisse Übereinstimmung erkennen, insofern
an ihm eine tiefer gelegene, aus vorherrschend mineralischer Substanz bestehende E rd - od e r S a n d sch
ich t und eine diese überziehende, aus vorwiegend organischer Substanz gebildete Ilum u s s ch ich te
unterschieden werden kann. Beide Schichten sind von wechselnder Mächtigkeit und gehen entweder
allmählich in einander über oder sind von einander mehr oder weniger scharf getrennt, l.etzteres beobachtet
man mehr an den thonigen und lehmigen, also schweren, ersteres an den leichten, sandigen
und' solchen Waldböden, die Schutt- Geröll- oder Muschelkalkbödeii sind. Die mineralische Schichte
bildet das Primäre des Waldbodens, die Ilumusschichte das Sekundäre, meist erst durch die Wald-
vcgetation nach und nach Entstandene. Die Flumusschichte, in welcher vornehmlich die dünnen Wurzeln
und Wurzelfasern der Waldbäume und Sträucher zu einem dichten Filz verwoben ihre Verbreitung
nehmen und die zeitweilig eine nach chemischer Zusammensetzung des Humus sowie nach klimatischen
und Beleuchtungsverhältnissen wechselnde, aus Flechten, Moosen, Farnkräutern, Heidelbeeren, Heidekraut
etc. bestehende Vegetation trägt, wird nach und nach von den Dejectis der Waldvegetation
überlagert so, dass eine Decke entsteht, die bei normaler Kultur und unter den gewöhnlichen Ent-
wickelungsverhältnis.sen unserer Wnldbäume mit deren fortschreitendem Alter an Dichte und Mächtigkeit
zunimmt, das Wachstum der erwähnten Pflanzen beeinträchtigt und stellenweise gänzlich unterdrückt.
Je nach Art der den Wald bildenden Laub- oder Nadelhölzer setzt sich diese Decke aus
Eichen-, Buchen-, Birken-, Haselnusslaub, aus Tannen-, Lärchen-, Kiefern-, Fichtennadeln, aus Eicheln,
Bucheckern und deren leeren Fruchtschalen, aus Borkenstückchen und Holzresten, ferner aus Tannen-,
Kiefern-, Fichten-, Lärchenzapfen und deren Samen etc. etc. zusammen und sie ist beiläufig gesagt der
Aufenthaltsort vieler lebender Käfer, Insektenlarven, Würmer und Schnecken, sowie die grosse Leichen