III. Charakter der Vegetation.
M e d i t e r r a n f l o r a — V e r g l e i c h e — E i g e n t ü m l i c h k
e i t d e r I n s e l — A e h n l i c h k e i t m i t d e n n ä c h s t e n
L ä n d e r n .
Von den Säulen des Hercules bis an den Euphrat herrscht
im Allgemeinen durch die nördlichen und südlichen Küstenländer,
durch die Inseln des ganzen Mittelmeeres, durch Anatolien
über den Libanon bis an den Sinai, ja noch weiter nach Nord
und Ost hinaus eine überraschende Verwandtschaft in der Vegetation.
Freilich hat die Bodenunterlage im ganzen Gebiet viel
Aehnlichkeit, da der Jurakalk vorherrscht und stellenweise pyrogene
Gebilde hervorbrechen. An vielen Stellen werden weite
Landtheile von Sandstein, Kalkmergel und den der quaternären
Formation angehörigen Massen gebildet. Sie sind oft
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nebeneinander gelagert. Die geognostische Karte bietet dahei
ein scheckiges Bild von den eben erwähnten Gebirgsarten. Auf
dieser abwechselnden Unterlage ruht noch die durch ihre chemische
und physische Beschaffenheit mannigfaltige Erdkrumme.
Ueppige grüne Gefilde, von Vegetation strotzende Thäler
und nackte sterile Einöden mit fast pflanzenlosen Hügelreihen
und Bergseiten sind in diesem ganzen Reich bunt durcheinander
geworfen. Der Hauptgrund hierzu ist das Vorhandensein oder
das Fehlen des Wassers. Da es vom April an bis October in
den meisten Gegenden fast nicht regnet, so herrscht durch das
ganze Gebiet schroffer Wechsel von solchen Landschaften,
welche das ganze Jah r hindurch einen lieblich grünenden und
dicht beschattenden Pflanzenwuchs nähren und solchen, die nie
grünen oder beschattet erscheinen. Also noch mehr als die
Beschaffenheit des bald sehr fruchtbaren bald sehr steinigen
oder sterilen Bodens ist es die Aehnlichkeit klimatischer Vexhältnisse,
welche zu der allgemeinen Gleichmässigkeit des bunten
Formcharakters in so weitem Umfange hauptsächlich beiträgt.
Während des Winters wird überall der Boden durchfeuchtet,
im Februar und März strotzen alle Küsten und
Strandgebiete von Liliengewächsen, im April und Mai ist
über die landeinwärts sich ausdehnenden Ebenen ein bunter
Blumenteppich gezogen. Während bald darauf durch die
übermässige Hitze an den Küsten und in den Niederungen
die Landschaft von der Dürre eine strohgelbe Färbung erhält,
entfaltet sich auf den Bergen im Juni und Juli die Flur zu
einer die Ebenen während der früheren zwei Monate noch überbietenden
Ueppigkeit, bis im August und September der völlige
Mangel an Niederschlägen, dazu noch heisse Winde und die
bei immer heiterem Himmel stets intensivere Insolation bis
in die Alpen hinauf die letzten Zierden stachliger Cynareen
gänzlich abstreift. Jedoch nur zu bald entsprossen dem staubigdürren
Boden sowohl in Spanien wie an der ganzen Küste
Nordafrika’s bis zum Fusse des Atlas, in Italien, in Griechenland,
auf allen Inseln Anatoliens wie in Syrien über Berg und
Thal die Herbstzeitlosen, Safranarten, Seenarcissen, Scillen,
Sternbergien, selbst einige Gattungen von Aroideen in mehreren
Arten und noch viele andere im Herbst ohne Blätter blühende
Zwiebelgewächse mit zum Theil buntgefarbten ansehnlichen
Blumen. Bald stellen sich die ersten Herbstregen ein und erfrischen
die Spätgewächse zu immer wieder neu vordrängenden
Blüthen.
Kaum beginnt in vielen Gegenden, die sich eines milderen
Seeklima’s erfreuen, dieser letzte Floreneyelus den Abschluss,
so geben schon einen reichlichen Ersatz dafür die
schnell aufschiessenden Erstlinge des Frühjahrs. In derselben
Zeit treffen die gleichen Veränderungen in der Flora durch das
ganze Gebiet ein.
Wir vermissen in diesem grossen Reiche die Entwicklung
des Rasens, den die Natur wegen der anhaltenden Hitze und
Dürre des Bodens nicht erzeugen kann. Dagegen tritt ein Vor-
herrschen der Sträucher und Halbsträucher e in , von denen
viele mit grossen lebhaft gefärbten Blumen geschmückt oft