unsern Köpfen regnete, was bei der geringen Wasserdichtigkeit
des Daches mir wohl begreiflich war. Indess staunte ich
nicht wenig, als ich statt Wassertropfen Baumwollsamen fand,
die hier nach uralter griechischer Sitte die Nüsse vertreten
mussten.
Aber was mir noch auffälliger schien, war die stille
Lustbarkeit, womit das Hochzeitsmal, wozu wir zwar geladen
wurden aber nicht theil nahmen, gefeiert wurde. Auch später
fehlten Musik und Tanz gänzlich, nur zur Pauke machten
sowohl Mädchen als Männer für sich einige lustige oder vielmehr
belustigende Sprünge. Aber trotz allen diesen stillen
F reuden dauerte die Hochzeit dennoch volle drei Tage.
Man sieht daraus wohl, wie der Druck einer barbarischen
Herrschaft von einer und die angeborne Trägheit und Arbeitsscheue
von der ändern Seite je d e r Handlung seinen bezeichnenden
Stempel aufzudrücken im Stande ist.
Doch kehren wir zur Natur zurück. |—-
In Prodromo ist man dem höchsten Gipfel des Gebirgs-
stockes, dem Troodos (ro Tgoodog) oder cyprischen Olympos,
wie er auch genannt wird, so nahe, dass man ihn in 2—3 Stunden
zu erreichen im Stande ist. Da ersteres au f einer Höhe
von 3958 par. Fuss liegt, letzterem eine Seehöhe von 5897 Fuss
zukommt, so beträgt die Steigung nahezu 2000 Fuss, dieselbe
ist aber au f die horizontale Entfernung beider Punkte so vertheilt
, dass man auf einem ziemlich bequemen Pfade selbst
reitend den Gipfel erreichen kann. Nimmt man 4000 Fuss
als Grenze a n , bis zu welcher die Seestrandskiefer (Pinus
maritima L am .) reicht, über welcher die karamanische Föhre
(Pinus Laricio a Poiretiana E n dl.) unvermischt mit je n e r sich
ausbreitet, so bewegt man sich auf diesem Wege ausschliesslich
in einem Walde der letztgenannten Föhre. Aber welch’ ein
Unterschied zwischen einem YY’alde von unserer Pinus Laricio,
wie er beispielsweise in Oesterreich sich gestaltet und jenem,
man kann wohl noch sagen, urwüchsigen Walde des Troodos!
Haben alle Wälder der südlicheren G egenden durch die viel
weitere Entfernung der Bäume von einander ein weniger geschlossenes
Aussehen als bei uns, so ist dies ganz vorzüglich sowohl von
diesem als von dem sich noch weiter nach allen Richtungen
verbreitenden Walde des Centralgebirgstockes der Fall. In
diesem lichten Walde, wo die Art der Bewirthschaftung allerdings
zu seiner Durchsichtigkeit nicht wenig beiträgt, ist der
Schatten nur mässig, und daraus erklärt sich auch, wesshalb der
Boden, worauf er steht, nicht ganz vegetationslos ist. Eine
der schönsten Zierden des Troodoswaldes ist die Paionia
corallina Retz, mit ihren grossen blasskarmesinrothen Blumen,
die ihre Knospen in der Mitte des Monates Mai eröffnen. Es ist
eine wahre Wonne über diese wie von Morgenroth über-
gossenen Blumenbeete hinzusehen, die sich in weiten
Strecken Berg auf Berg ab unter den altergrauen Bäumen
hinziehen und mit ironischem Lächeln auf die Verwüstungen
blicken, die Natur und Menschen Hand in Hand hier grauenvoll
vollführen.
Schon mehrmal haben mir in der Region der Seestrandskiefer
die seltsamen Verstümmlungen dieser Bäume Veranlassung
zu mancherlei Betrachtungen und Fragen über Holzrechte
und Bewirthschaftung des Waldes gegeben. Was ich
hierüber erfahren, hat mir die Ueberzeugung verschafft, dass
sowohl die Regierung als die Bevölkerung auch nicht die
entfernteste Ahnung h a t, welchen werthvollen und unersetzlichen
Schatz sie leichtfertig vergeuden ohne auch den
mindesten Nutzen davon zu haben.
Ueberall auf der ganzen In se l, wo die Seestrandskiefer
noch um den Besitz des Bodens mit dem Strauchwerk kämpfet,
sieht man nur junge, höchstens 20—30 Jah re alte Individuen,
nirgends in Beständen sondern nur vereinzelt, zum sicheren
Zeichen, dass sie zwar der Ausrottung nahe jedoch bald
wieder über den nichtigen Tross von Sträuchern die Oberhand
gewinnen würde, wenn man ihrer Verbreitung kein
Hinderniss in den Weg legen würde. Vor allen ändern fallen
die stärkeren hie und da noch übrig gebliebenen Bäume auf,
welche meist vollständig ihrer Aeste beraubt sind und mit
ihren selten geraden in Stummeln endenden Stämmen ein
wahres Bild des Jammers darstellen, von dem man sich mit
Abscheu wegwendet.